Besonders zu Ostern ist der Verzehr von Kaninchenfleisch besonders hoch. Ein Blick hinter die Kulissen verrät jedoch, wie grausam sowohl industrielle Mast als auch die Haltung bei Hobbymästern sein kann.
Aktuelle Zahlen darüber, wie viele Zucht- und Mastkaninchen in Deutschland jedes Jahr leben und sterben, gibt es nicht, der Verzehr wird nur in Tonnen ihres Fleisches geschätzt und statistisch nicht erfasst. 2017 wurden laut der Welternährungsorganisation 26,5 Millionen Kaninchen hierzulande geschlachtet. Der geschätzte Verzehr liegt bei 41.000 Tonnen jährlich. Davon stammen ca. 65 Prozent aus Hobbyhaltung/Rassezucht, 15 Prozent aus Großbetrieben und die restlichen ca. 20 Prozent werden importiert, vor allem aus China und Ungarn.
Das Leid der niedlichen Langohren in der industriellen Mast ist gigantisch. Wer selbst Kaninchen zu Hause hat, weiß, wie bewegungsfreudig die Tiere sind; entsprechend hoch ist ihr Platzbedarf. Das Kleintierhaus des Tierheims München empfiehlt mindestens sechs Quadratmeter für zwei Kaninchen plus täglichem Freilauf. Einzelhaltung ist für die sehr sozialen Tiere tabu. Sie brauchen Raufutter und Gemüse für ihre optimale Ernährung, Verstecke, erhöhte Ebenen sowie Beschäftigungsangebote für eine artgerechte Haltung.
In der professionellen Kaninchenmast, die in Deutschland laut ProVieh 2011 rund 100 Betriebe umfasste, seither aber wohl stark rückläufig ist, fehlt es an alldem: Die Tiere werden auf engstem Raum zusammengepfercht, sie dürfen ohne Einstreu auf Spalten- oder Lochböden gehalten werden, was zu Verletzungen an den Pfoten führt, sie können sich weder richtig ausstrecken noch springen, sie leiden unter schweren Verhaltensstörungen und aufgrund mangelnder Rückzugsmöglichkeiten kommt es zu tiefen Bisswunden, tödlichen Verletzungen und sogar Kannibalismus.
Neben Großbetrieben gibt es hierzulande sehr viele Hobbymäster, die auf dem Hof oder im Garten ein paar Kaninchen für den Eigenbedarf züchten. Die Haltungsbedingungen sind dort meist ebenfalls wenig artgerecht und werden nicht kontrolliert. Die Tierrechtsorganisation Peta geht von etwa 15 Millionen geschlachteten Kaninchen aus Kleinhaltungen und Hobbyzuchten aus.
Wie in der Schweinehaltung wird auch bei Kaninchen zwischen Zucht und Mast unterschieden. Während weibliche Tiere in der Zucht möglichst viele Jungen zur Welt bringen müssen und viele Monate lang leiden, sollen Kaninchen in der Mast so schnell wie möglich Fleisch ansetzen. Nach knapp 90 Tagen Qual im engen Käfig geht es zum Schlachter. Als Haustiere können die niedlichen Hoppler dagegen bis zu 14 Jahre alt werden.
In Deutschland gibt es seit 2014 rudimentäre Haltungsvorschriften, die in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung festgelegt wurden. Acht Tiere dürfen auf einem Quadratmeter gehalten werden. Bei einer Gruppengröße von 72 Tieren werden dem einzelnen Tier allerdings nur noch 799 Quadratzentimeter, also etwas mehr als ein DIN-A4-Blatt Bodenfläche zugestanden. Klingt wenig? In der EU gibt es bis heute überhaupt keine spezifischen Vorschriften zur Haltung von Kaninchen.
Eine aktuelle Recherche von „Compassion in World Farming” und der europäischen Bürgerinitiative „End the Cage Age” dokumentierte im November 2024 das immense Leid von rund 70 Millionen Kaninchen, die in Europa ein Leben eingepfercht in Käfigen fristen müssen. Die Aufnahmen aus Betrieben in Italien und Polen zeigen, wie grausam die Haltungsbedingungen sind. Todesraten von bis zu vierzig Prozent sind laut Peta keine Seltenheit, ohne Antibiotikagaben wegen Atemwegs- und Verdauungserkrankungen wären es noch viel mehr. Aufgrund der großen Menge an Ausscheidungen in den Hallen ist die Luft ammoniakverseucht und von sehr schlechter Qualität. Viele Tiere leiden daher an Atemwegserkrankungen und Augenentzündungen. Da sie kein Raufutter, sondern sehr energiereiche Pellets fressen müssen, sind Verdauungsprobleme vorprogrammiert.
Auch das Ende im Schlachthof ist für die Tiere qualvoll: Auf dem Weg dorthin gibt es meist kein Futter, eine Katastrophe für Kaninchen, die auf eine kontinuierliche Nahrungsaufnahme angewiesen sind. Betäubt wird vor der Schlachtung mit einem harten Schlag auf den Kopf, mit Strom oder einem Bolzenschuss.
Obwohl die Europäische Kommission versprochen hat, die Käfighaltung in der EU endlich zu beenden, bleibt eine verbindliche Gesetzesänderung bisher aus. Der Einfluss der Agrarlobby ist einfach zu gewaltig. Und solange Konsumenten und Konsumentinnen billiges Kaninchenfleisch aus egal welcher Haltung kaufen, wird sich daran auch nichts ändern.