Bürger sind aber grundsätzlich für Synagogenbau im Lehel

Lehel · Wiese soll bleiben

Zum ersten Mal hat Pfarrer Helmut Gottschling sein Gotteshaus für eine Einwohnerversammlung geöffnet: Rund 100 Bürger aus dem Lehel trafen sich in der Lukaskirche, um über die geplante Synagoge abzustimmen.	Foto: js

Zum ersten Mal hat Pfarrer Helmut Gottschling sein Gotteshaus für eine Einwohnerversammlung geöffnet: Rund 100 Bürger aus dem Lehel trafen sich in der Lukaskirche, um über die geplante Synagoge abzustimmen. Foto: js

Lehel · Auf einer Einwohnerversammlung in St. Lukas haben die Anwohner des Lehels vergangene Woche über den Bau der geplanten Synagoge Am Gries abgestimmt. Das Ergebnis fiel zwiespältig aus: Zwar befürworteten die Teilnehmer das Gotteshaus der liberalen jüdischen Gemeinde Beth Shalom. Dennoch sprachen sie sich dafür aus, das Grundstück, auf dem das Gebäude errichtet werden soll, als Freifläche zu erhalten.

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Für eine Einwohnerversammlung war es ein ungewöhnlicher Ort – etwa 100 Bewohner aus dem Stadtteil trafen sich in der vergangenen Woche in der Lukaskirche, um über die neue Synagoge zu entscheiden. »Eine derartige Veranstaltung hat hier noch nie stattgefunden«, sagte Pfarrer Helmut Gottschling. Der Grund für den besonderen Treffpunkt: Die alte Hauptsynagoge und die Lukaskirche stammen vom selben Architekten, Albert Schmidt. Doch nicht allein deshalb hat Gottschling sein Gotteshaus für die politische Versammlung geöffnet. »Wir unterstützen das Bauvorhaben«, erklärte Gottschling. Auch die Anwohner würden sich über die neuen Nachbarn freuen. »Ich bin für den Bau«, sagte Manfred Jena. Zum Stadtleben gehöre kulturelle Offenheit, »alle gesellschaftlichen Gruppen sollen hier leben können.« Zudem sei zu erwarten, dass der Baugrund unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten verwertet werde, falls das Projekt von Beth Shalom nicht zustande komme. Jenas Befürchtung: »Das würde dazu führen, dass noch weniger Leute es sich leisten können, im Lehel zu wohnen.« Die von der jüdischen Gemeinde geplante, kulturelle Einrichtung sei die bessere Alternative. Daher bat er die Teilnehmer, dem Vorhaben zuzustimmen. Die Mehrheit der Versammlungsbesucher schloss sich diesem Antrag an.

Ingrid Kitzings Appell, das Bauprojekt abzulehnen, fand hingegen keinen Zuspruch. Die Teilnehmer der Veranstaltung waren sich einig: Grundsätzlich haben sie gegen eine Synagoge in ihrem Viertel nichts einzuwenden. Jedoch sind sie nicht bereit, den Preis für dieses Projekt zu zahlen. Das neue Gotteshaus, das der New Yorker Stararchitekt Daniel Libeskind Am Gries errichten will, bedeutet nämlich den Verlust der dortigen Grünfläche. Beatrice Thyssen von Riedel beantragte, den Bebauungsplan für das Grundstück so zu ändern, dass die Wiese erhalten bleibt – damit wäre jedoch die Errichtung der Synagoge unmöglich. Auch ihrem Anliegen stimmten die Bewohner mehrheitlich zu. Der Vorsitzende des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel, Wolfgang Püschel (SPD), der die Versammlung einberufen hatte, reagierte auf das unklare Ergebnis gelassen. »Die endgültige Entscheidung der Bürger steht noch aus«, sagte er.

Wenn das Projekt konkrete Formen annehme, werde er die Anwohner erneut befragen. Bislang sind die Pläne jedoch noch vage. Zwar hat Libes­kind bereits erste Entwürfe gezeichnet. Einen offiziellen Antrag hat Beth Shalom bei der Stadt allerdings noch nicht eingereicht. Auch die Finanzierung ist noch unklar. Etwa ein Drittel des rund 11 bis 13 Millionen Euro teuren Baus soll durch Spenden aufgebracht werden. »Wir fangen aber erst zu sammeln an, wenn der Vorbescheid erteilt wurde und sicher ist, dass wir eine Baugenehmigung bekommen«, sagte Michael Petery von Beth Shalom. Mit dem Abstimmungsergebnis sei er zufrieden, »das war ein klares Ja zur Synagoge.« Julia Stark

Artikel vom 20.04.2010
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