Miete in ehemaligen Sozialwohnungen wird steigen

Neuperlach · Die Angst geht um

Im Wohnring Neuperlach sind viele Mieter vom Wegfall der Sozialbindung betroffen und befürchten nun Mieterhöhungen.	Foto: aha

Im Wohnring Neuperlach sind viele Mieter vom Wegfall der Sozialbindung betroffen und befürchten nun Mieterhöhungen. Foto: aha

Neuperlach · In den nächsten fünf Jahren werden im 16. Stadtbezirk 3.400 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen. Das geht aus dem Erfahrungs­bericht 2008 für das wohnungspolitische Handlungsprogramm »Wohnen in München IV« der Landeshauptstadt München (LHM) hervor. »Die Angst geht um bei den Mietern«, sagt Carolina Palminha, die Wohnungsbeauftragte im Bezirksausschuss (BA) 16 Ramersdorf-Perlach.

»Die LHM hat im Jahre 2008 die Zielzahlen zur Schaffung von Wohnraum gerade für die unteren Einkommensschichten deutlich verfehlt«, berichtete der stellvertretende Vorsitzende des Unterausschusses Stadtteilentwicklung und Bauvorhaben, Wolfgang Thalmeir, dem BA. Auch für 2009 erwarte die Stadt das Gleiche. Trotz 125 Millionen Euro an Geldmitteln konnten die geplanten 1.800 Wohnungen pro Jahr nicht geschaffen werden. »Es zeichnet sich eine dramatische Entwicklung im Hinblick auf bezahlbaren Wohnraum für die unteren Einkommensschichten ab«, unterstrich Thalmeir.

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Bei Wohnungen, die aus der Sozialbindung fallen, ändert sich am Mietvertrag zunächst nichts, die Mieter können in der Wohnung bleiben. Allerdings darf der neue Vermieter die Mieten bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete in Schritten von maximal 20 Prozent in drei Jahren anpassen, das heißt erhöhen. Nach Aussage von Tobias Vollmar vom Mieterverein München e.V. bleiben die meisten Vermieter unterhalb der gesetzlich maximal möglichen Miete.

»Das Problem ist, dass wir in München entgegen dem allgemeinen Trend weiterhin einen großen Bedarf an Sozialwohnungen haben«, erklärt Bernd Schreyer vom Wohnungsamt. Insgesamt hat die Stadt etwa 55.000 Sozialwohnungen. »In Perlach-Ramersdorf haben wir etwa 7.500 Sozialwohnungen. Wenn wir die mit Belegrechten hinzunehmen kommen wir auf 12.000. Wir brauchen mehr, müssten Wohnungen bauen, aber dafür brauchen wir Baugrund«, sagt er. Eine Maßnahme sei der Kauf von so genannten »Belegrechten« von den Wohnungseigentümern. Damit kann die Stadt diese Wohnungen weiterhin als Sozialwohnungen vergeben und entsprechend fördern. Diesem Vorschlag wolle die WSB jedoch nicht folgen, sagt Schreyer.

»Wir haben in Neuperlach rund 6.500 Wohnungen, davon sind noch ganz grob 3.600 in der Bindung«, sagt WSB-Pressesprecher Günter Glasner. Die WSB (Wohnungs- und Siedlungsbau Bayern GmbH & Co. OHG) sieht die von Schreyer als Win-Win-Situation benannten Vorteile eines Verkaufs von »Belegrechten« an die Stadt nicht, erklärt er. »Neben kaufmännischen Aspekten wollen wir eine gesunde Mischung von Nationalitäten in unseren Wohnanlagen, haben bei Belegrechtsvergabe aber keinen richtigen Einfluss darauf. In Nordbayern haben wir zum Beispiel eine Wohnanlage mit 90 Prozent Spätaussiedlern. Dort ist die Umgangssprache Russisch. Wir bekommen da jetzt keine anderen Mieter rein«, sagt er.

Der Stadt selbst fehlen Grund, Wohnungen und letztendlich auch Geld. Wo es da ist, bremst die Bürokratie. »Wegen der Pflicht, geförderte große Bauprojekte europaweit auszuschreiben, dauert ein Bauverfahren wesentlich länger«, erklärt Schreyer. Er könnte sich vorstellen, dass mittelfristig einfach Stockwerke auf vorhandene Bauten gesetzt werden.

Das Planungsreferat will zur Problemlösung im Jahr 2010 ein Maßnahmepaket angehen, teilte es dem BA 16 mit. »Das kann in Anbetracht der drängenden Probleme nicht befriedigen«, stellte Thalmeir klar. Der BA will daher Ende Februar eine Informationsveranstaltung »Sicherstellung bezahlbaren Wohnraums im 16. Stadtbezirk« durchführen. Bernd Schreyer hat seine Teilnahme und die zweier Vertreter des Planungsreferats bereits zusagt. Es soll diskutiert werden, wie im Stadtbezirk bezahlbarer Wohnraum sicher gestellt werden kann, speziell für untere Einkommensgruppen. Der BA wünscht sich bei der Diskussion auch Information über die Situation der WSB-Wohnungen und die Möglichkeiten des Ankaufs bzw. des Erwerbs von Belegungsrechten. Er lud auch Stadträtin Beatrix Zurek als Vorsitzende des Mietervereins ein. Fazit und Leitlinie: »Wir brauchen günstige Wohnungen, auch auf dem freien Wohnungsmarkt«, sagt Palminha, »wie sie die WSB im Quiddezentrum anbietet«. aha

Artikel vom 16.02.2010
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