Zur Hälfte der Legislaturperiode zieht der Bezirksausschuss Altstadt-Lehel Bilanz

Lehel · Schick und Schranne

Ob der Wiederaufbau der Schrannenhalle (hier ein Foto aus dem Jahr 1880) oder der Erhalt der Subkultur: Der BA Altstadt-Lehel moderiert die vielen Interessen im Stadtteil. Foto: clash, Archiv

Ob der Wiederaufbau der Schrannenhalle (hier ein Foto aus dem Jahr 1880) oder der Erhalt der Subkultur: Der BA Altstadt-Lehel moderiert die vielen Interessen im Stadtteil. Foto: clash, Archiv

Lehel · Lang dauert es nicht mehr, bis Münchens Altstadt ein neues Wahrzeichen hat: Im Juni öffnet die Schrannenhalle ihre Pforten. Bei der Eröffnung sind natürlich jene dabei, die sich jahrelang für die Wiedererrichtung der ehemaligen Getreidehalle am Viktualienmarkt ausgesprochen haben.

Oberbürgermeister Christian Ude etwa. Oder Manfred Frischhut, Eigner der benachbarten »Schmalznudel«. Beim Feiern dabei sein werden aber natürlich auch jene, die noch vor wenigen Monaten gegrantelt haben, dass die neue Konsumstätte in der Innenstadt ein einziges Investitionsloch wäre und das Projekt Schrannenhalle schon gescheitert sei, bevor sie überhaupt eröffnet sein würde.

Namen sollte man hier lieber nicht nennen, sagt Wolfgang Püschel, Vorsitzender des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel (BA 1), es seien aber einige CSU-Politiker unter diesen Unkenrufern gewesen. »Die werden bei der Eröffnung vorne stehen und so tun, als ob sie von Anfang an hinter dem Projekt gestanden hätten«, vermutet Püschel.

Der SPD-Mann gehört tatsächlich zu den »Schrannen«-Fans der ersten Stunde; seit seiner Wiederwahl zum BA-Vorsitzenden vor drei Jahren war die Schrannenhalle ein Dauerthema. Püschel wollte das so.

Bei der Eröffnung werden trotzdem andere Menschen vor ihm stehen. Doch das findet er in Ordnung. »Ich habe mich vor Jahren bewusst für die Stadtteilarbeit entschieden und gegen eine weitere Amtsperiode im Stadtrat«, sagt er. Als BA-Vorsitzender sei so etwas wie ein Fraktionszwang undenkbar. »Natürlich haben wir verschiedene Grundüberzeugungen, aber die meisten Themen im BA entscheiden wir gemeinsam – manchmal allerdings nach langer Diskussion.«

Vor drei Jahren wurde Püschel wie all seine Amtskollegen aus den anderen Stadtteilen zum BA-Vorsitzenden gewählt. Nicht zum ersten Mal. Der Historiker und Politologe war schon Vorsitzender des ehemals eigenständigen BA’s Lehel. Dass nun die Altstadt zum gleichen Bezirk gehört, daran musste er sich erst gewöhnen: »Grattlerviertel« nennt er sie bisweilen. Er meint das zwar liebevoll, trotzdem bereitet ihm die Entwicklung der Altstadt Sorgen: »Die meisten vergessen, dass die Innenstadt eben nicht nur eine Einkaufsmeile und eine teure Wohngegend ist. Gerade rund um das Platzl leben viele ältere Menschen, die wenig Geld haben.«

Für ihn gehöre es zu den wichtigsten Aufgaben seines Amtes, eben darauf aufmerksam zu machen. Natürlich sei ihm bewusst, dass alle neuen Bauvorhaben in der Altstadt eher für Vermögende geeignet sind – etwa die Wohnungen am Alten Hof. Doch trotzdem dürften das Tal oder die Kaufinger Straße nicht zur Schicki-Micki-Meile werden. »Da müssen wir aufpassen, dass die Investoren auf dem Boden bleiben. Zwar können wir als BA da nur darauf hinweisen, aber oft haben wir damit Erfolg.«

Überhaupt sei die direkte Kommunikation mit Bürgern und Behörden das Wichtigste für die BA-Arbeit. Deswegen hat Püschel jeden Freitag eine Bürgersprechstunde eingeführt, in der man ihn anrufen oder besuchen kann. »Das wird gut angenommen. Viele Bürger kommen und beschweren sich etwa über zu laute Gaststätten. Wir versuchen dann, mit den Wirten zu reden und ihnen klar zu machen, dass es bestimmte Grenzen geben muss.«

Doch das bedeute nicht, dass er gegen eine rege Subkultur oder etwa gegen Discos im Viertel sei. »Wir haben uns immer für das Atomic Café eingesetzt und ich finde es auch sehr gut, dass wir etwa im ehemaligen Stadtwerke-Gebäude einen Raum schaffen konnten für temporäre Clubkultur.« Dafür möchte Püschel sich auch in den nächsten drei Jahren einsetzen und womöglich auch noch darüber hinaus: »Ich kandidiere noch mal«, sagt Püschel.

Artikel vom 24.05.2005
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