Löwen-Präsident Robert Reisinger im Interview

»Ich hab gern klare Verantwortlichkeiten«

Auf der Suche nach Geschlossenheit: Löwen-Präsident Robert Reisinger. Foto: Anne Wild

Auf der Suche nach Geschlossenheit: Löwen-Präsident Robert Reisinger. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Auch mehr als zweieinhalb Monate nach dem Abschied des früheren Sport-Geschäftsführers Günther Gorenzel hat der TSV 1860 München keinen Nachfolger für die sportliche Kommandobrücke gefunden. Immer wieder geistern mehr oder weniger bekannte Namen von Kandidaten durch die Gazetten. Die Münchner Wochenanzeiger sprachen darüber mit Präsident Robert Reisinger.

Herr Reisinger, Sie konnten Ihre Wunschpersonalie für die sportliche Leitung beim TSV 1860 München nicht durchsetzen.

So kann man es sehen.

Es ist von einem Alleingang des Präsidenten die Rede?

Hätte ich meine Haltung auf Biegen und Brechen durchdrücken wollen, wäre mir das theoretisch möglich gewesen. Das ist aber nicht sinnvoll. Mit verbrannter Erde kann man keine Politik machen. Ich habe den Erstkontakt zu einem renommierten Kandidaten hergestellt, der meiner Ansicht nach unserem gesuchten Profil entsprochen und dem TSV 1860 durch seine Vita und Persönlichkeit außerordentlich gut getan hätte. Bereits beim darauffolgenden Gespräch mit dem Kandidaten saß unser Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer mit am Verhandlungstisch.

Sie sprachen in einem Interview mit der Bild-Zeitung von einer bewussten Verzögerungstaktik?

Das habe ich aus meiner persönlichen Perspektive so empfunden, ja.

Warum konnte keine Einigkeit hergestellt werden?

Ich habe immer gesagt, wir brauchen eine gemeinsame Haltung im Verein, haben wir die nicht, wird es ganz schwer für uns als Gesellschafter der KGaA. Dann müssen wir zusehen, wie andere die Dinge in die Hand nehmen. Als die unterschiedlichen Ansichten zur Nachbesetzung der sportlichen Leitung innerhalb des Präsidiums deutlich wurden, habe ich den Verwaltungsrat unseres Vereins um ein Meinungsbild gebeten, um die Positionen einordnen zu können. Damit wir wissen, wo wir als Verein stehen. Das Gremium ist dem nachgekommen und hat einstimmig für meinen Vorschlag abgestimmt. Auch daran lässt sich ersehen, dass von einem Alleingang keine Rede sein kann. Ich war bemüht, alle innerhalb des Vereins so weit wie möglich mitzunehmen.

Aber es hat dennoch nicht geklappt?

Das ist eben so. Ich kann niemandem zu seinem Glück zwingen. Der Findungsprozess hat eine Eigendynamik bekommen, die aus meiner Sicht nicht optimal war. Ich hätte es mir anders gewünscht. Wir haben dabei als Präsidium keine gute Figur abgegeben. Ich nehme mich selbst nicht aus davon.

Womit hadern Sie?

Ich hab gern klare Verantwortlichkeiten – auch im sportlichen Bereich. Jeder macht alles und alle ein bisschen und am Ende ist niemand mehr für irgendwas verantwortlich, das entspricht nicht meiner Vorstellung. Außerdem hat mir in einigen Fällen das Transfergebaren unter Beteiligung Dritter überhaupt nicht gefallen. So will ich nicht, dass in der KGaA gearbeitet wird. Aber das ist eben die Folge davon, wenn Befugnisse und Kompetenzen nicht geklärt sind.

Was meinen Sie damit genau?

Das bereinige ich intern.

Sie glauben nicht an den Erfolg dieser Mannschaft?

Doch, die kann funktionieren! Es sind interessante Spieler und Typen dabei. Ich glaube an dieses Team. Die ersten beiden Spiele waren stark. Vielleicht erleben wir in dieser Saison eine dicke sportliche Überraschung. Das würde mich sehr freuen. Meine kritische Bewertung bestimmter Ereignisse richtet sich in keiner Weise gegen unsere Mannschaft. Es sind vielmehr ungeklärte Struktur- und Organisationsfragen, die wir als Gesellschafter beantworten müssen. Die Mannschaft hat damit nichts zu tun. Ihr drücke ich alle Daumen.

Wie soll es unter den Funktionären weitergehen?

Wir spielen doch weiter Fußball?! Dass wir im Präsidium temporär uneinig waren in der Nachbesetzung der sportlichen Leitung, wird uns davon nicht abhalten. Solche Dinge passieren. Wir müssen und werden wieder zusammenfinden.

Wer soll dann künftig in sportlichen Dingen das Sagen haben beim TSV 1860?

Daran arbeiten wir. Aber zunächst müssen wir zusehen, im Verein wieder Geschlossenheit herzustellen. Nur wenn wir als Gesellschaftervertreter mit einer Stimme sprechen, hat sie das nötige Gewicht.

Artikel vom 12.09.2023
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...