Investoren-Statthalter Power setzt Gorenzel unter Druck

TSV 1860: »Sie müssen den Club sofort verlassen«

Übt Zwang aus: Ismaiks Statthalter Anthony Power. Foto: Anne Wild

Übt Zwang aus: Ismaiks Statthalter Anthony Power. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Im Anschluss an die auf fast vier Wochen ausgedehnte Phase der Trainerfindung beim TSV 1860 München, die mit der Anstellung des Italo-Schweizers Maurizio Jacobacci endete, haben beide Gesellschafter des Klubs individuelle Einlassungen verbreitet, die einander in zentralen Punkten widersprechen. Für ein erhellendes Schlaglicht sorgt nun eine Veröffentlichung der Süddeutschen Zeitung (SZ), der eine E-Mail des Statthalters von Investor Hasan Ismaik, Anthony Power, vorliegt.

Während das Präsidium des Vereins in einer Mitteilung an seine Mitglieder berichtete: »Sport Geschäftsführer Günther Gorenzel hat dem Aufsichtsrat seine Strategie für die Neubesetzung der Trainerposition unmittelbar nach der Entbindung von Michael Köllner vorgestellt«, und weiter erklärt, »dass sich die Entscheidung danach über einen Zeitraum von mehreren Wochen zog, lag nicht in unserer Verantwortung«, gab kurz darauf der Aufsichtsratsvorsitzende und Vertreter von Gesellschafter Hasan Ismaik, Athanasios »Saki« Stimoniaris, in einer eigenen publizierten Note an, die behauptete Vorstellung durch Gorenzel habe nie stattgefunden, denn – so Stimoniaris – »dafür wäre der Aufsichtsrat auch gar nicht zuständig«.

Letzteres ist formal durchaus richtig, weshalb das Präsidium gegenüber seinen Mitgliedern auch moniert: »Sportliche Einzelfallentscheidungen wie die Auswahl geeigneter Spieler oder Trainer sollten nicht Gegenstand von Aufsichtsratsdebatten sein, sondern fallen in die Verantwortung der dafür eingesetzten Geschäftsführer.« Die Betonung der Vereinsvertreter liegt wohl auf »sollten«, denn ganz offenbar wurde darüber gesprochen. Wie tief die Versuche der direkten Einflussnahme durch Vertreter von Investor Hasan Ismaik tatsächlich reichten, enthüllte nun die SZ. Ihr liegt die Kopie einer E-Mail-Korrespondenz vor, in der Ismaiks Statthalter Anthony Power, ständiger Gast im Aufsichtsrat, unverhohlen Gorenzels sofortigen Rücktritt fordert, sollte die Personalangelegenheit Köllner nicht wunschgemäß behandelt werden.

Als Antwort auf die Information der Geschäftsführer der TSV München von 1860 GmbH & Co. KGaA an den Aufsichtsrat am Morgen des 31. Januar, man habe den Trainer von seinen Aufgaben entbunden, antwortete Power zwölf Minuten später laut SZ: »Hi Gunther, as per you discussion with Mr. Hasan, if Kollner goes you go too. You must leave the club right away. Cordially, Anthony Power« (dt.: »Hallo Günther, wie Sie mit Herrn Hasan besprochen haben, wenn Köllner geht, gehen Sie auch. Sie müssen den Club sofort verlassen. Herzlichst, Anthony Power«). Der benannte »Mr. Hasan« wiederum gibt sich in einem am 1. März über seine Social Media Kanäle verbreiteten Posting gleich gänzlich unwissend über die Vorgänge. Er habe die Neuigkeit von der Freistellung Köllners angeblich erst »über meine Twitter-Timeline« erfahren.

Die öffentliche Erklärung des Aufsichtsratsvorsitzenden Stimoniaris: »Der Aufsichtsrat war deshalb auch nicht in diese operativen Entscheidungen eingebunden«, klingt angesichts der geleakten Korrespondenz reichlich unglaubwürdig. Dem Widerstand der Vereinsvertreter dürfte geschuldet sein, dass sich der Sport-Geschäftsführer trotz des immensen Drucks noch im Amt befindet. Am Ende verpflichtete Gorenzel als Köllners Nachfolger den Wunschkandidaten der Investorenseite Maurizio Jacobacci. Ihm immerhin wünschen beide Gesellschafter in ihren Veröffentlichungen einhellig »den größtmöglichen sportlichen Erfolg«.

(as)

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Artikel vom 03.03.2023
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