Studentinnen gestalten Saal für wohnungslose Menschen

Schwabing-Freimann · Kartons raus, Sofa rein

Carina Franz leitet das Flexiheim in der Lotte-Branz-Straße und studiert außerdem Sozialmanagement an der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Foto: Tanja Beetz

Carina Franz leitet das Flexiheim in der Lotte-Branz-Straße und studiert außerdem Sozialmanagement an der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Foto: Tanja Beetz

Schwabing-Freimann · Ein schickes graues Sofa, davor ein Tisch, eine Stehlampe und eine Pflanze daneben: gemütlich wie ein kleines Wohnzimmer aus dem Möbelkatalog sieht das Eck des großen Raumes aus. Der Gemeinschaftssaal im Flexiheim in der Lotte-Branz-Straße nimmt Gestalt an. Aus einem einstmals kahlen Raum wird ein einladender Ort für die Bewohnerinnen und Bewohner. Wo einst Umzugskartons standen, zieht nun Gemütlichkeit ein. Ein Projekt zum Hinschauen.

Und das kam so: Das Flexiheim bietet als Notunterkunft insgesamt 111 Bettplätze für wohnungslose Menschen. Unter ihnen sind sowohl Alleinstehende als auch Paare. Träger der Einrichtung ist das Evangelische Hilfswerk München, ihre Leiterin: Carina Franz. Doch Carina Franz ist nicht nur Leiterin des Flexiheims, sondern auch Studentin des Masterstudiengangs Sozialmanagement an der Evangelischen Hochschule Nürnberg. Gemeinsam mit ihren Kommilitoninnen Britta Pröschel, Anne Wölfel und Janina Farr hat sie sich im Rahmen eines Uni-Projektes dafür entschieden, den rund 120 Quadratmeter großen Gemeinschaftssaal der Einrichtung zu gestalten.

"Konflikte programmiert"

"Die Menschen, die zu uns kommen, benötigen eine Einweisung vom Wohnungsamt", sagt Carina Franz. "Wenn sie unserer Unterkunft zugewiesen werden, kommen sie mit ihrem Einweisungsschein hierher und können ihr Zimmer beziehen." In der Lotte-Branz-Straße gibt es einige Einzel-, größtenteils aber Doppelzimmer. Viele der Bewohnerinnen und Bewohner seien überschuldet. Grund dafür seien besonders die immer weiter steigenden Miet- und Energiepreise. "Zudem haben viele Klienten einen akut seelischen Behandlungsbedarf", so die Leiterin. In den Doppelzimmern lebten häufig Menschen zusammen, die sich nicht kennen, Konflikte seien programmiert. Der knappe Betreuungsschlüssel lasse zudem nicht viel Spielraum für gemeinsame Aktivitäten und individuelle Betreuung.

Wünsche aufgeschrieben

Für das Ausleben eigener Interessen und Hobbys, Selbstentfaltung in der Freizeit zur Ablenkung, habe es bisher keinen Platz gegeben. "Und dabei verbringen die Bewohnerinnen und Bewohner weitaus mehr Zeit bei uns, als die sechs Monate, die im städtischen Konzept vorgesehenen sind. Einige leben bereits über vier Jahre hier und finden immer noch keine Wohnung" sagt Carina Franz. Mit dem Gemeinschaftssaal solle ihnen die Möglichkeit zu sozialen Kontakten in einem angenehmen Ambiente gegeben werden. Um überhaupt herauszufinden, was sie sich am meisten wünschen, wurde im vergangenen Jahr ein Workshop durchgeführt, bei dem Ideen genannt werden konnten.

fettgedruckter Text Boxsack und ein Klavier

Einiges, was auf der Wunschliste stand, konnte bereits angeschafft werden. Neben der genannten Wohnzimmerecke, sind das eine Tischtennisplatte, Tische, Stühle und Regale, die sich langsam mit Gemeinschaftsspielen füllen. Möglich gemacht haben das Spenden, zum einen von Privatpersonen, zum anderen von Geschäften aus der unmittelbaren Umgebung. Doch noch sind ein paar Begehrlichkeiten offen. Sportgeräte wie Hanteln oder ein Boxsack etwa, aber vor allem das: ein Klavier. "Unsere Bewohnerinnen und Bewohner würden gerne gemeinsam Musik machen", betont Carina Franz.

Spenden willkommen

Um Träume wie diese zu erfüllen, haben die Studentinnen im Internet eine Spendenplattform eingerichtet. Unter www.betterplace.org/de/projects/114683 finden sich nochmal alle Informationen über das Projekt, der aktuelle Spendenstand sowie noch ausstehende Dinge.

Aktuelle Zahlen
Insgesamt waren mit Stand November 2022 in München 9.034 Menschen wohnungslos. Diese Zahl teilt das Sozialreferat mit. Das ist die Gesamtzahl der akut wohnungslosen Personen in sogenannten BNCFW-Objekten (Beherbergungsbetriebe, Notquartiere, Clearinghäuser, Flexiheime und Wohnprojekte), in Akuteinrichtungen der Verbände sowie sogenannte Fehlbeleger und Statuswechsler. Bei den Statuswechslern handelt es sich um ehemals Asylsuchende, die nach ihrer Anerkennung in Ermangelung alternativer Wohnmöglichkeiten in kommunalen Unterkünften und zentralen Einrichtungen der Regierung von Oberbayern bleiben. Zu der Gesamtzahl zählen auch geschätzt 550 Menschen, die auf der Straße leben, sowie geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in Leichtbauhallen und Einrichtungen für vulnerable Personen. In München gibt es insgesamt 63 BNCFW-Quartiere.

Artikel vom 24.01.2023
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