Vor 100 Jahren begann die Geschichte der Borstei

Borstei · Kunstvolles Viertel

Vor 100 Jahren erwarb Bernhard Borst das Areal für seine geplante Mustersiedlung östlich der Dachauer Straße. Heute steht die Borstei unter Denkmalschutz. Foto: bas

Vor 100 Jahren erwarb Bernhard Borst das Areal für seine geplante Mustersiedlung östlich der Dachauer Straße. Heute steht die Borstei unter Denkmalschutz. Foto: bas

Borstei · Sie ist fast eine Art "Kleinstadt in der Stadt": die Borstei. Das denkmalgeschützte Wohnviertel zwischen Dachauer Straße und Landshuter Allee mit Innenhöfen, Ladenstraße, Grünflächen und Kunstwerken gilt in München als einzigartig. Die Geschichte der Borstei hat vor 100 Jahren begonnen.

77 Häuser mit 772 Wohnungen hat die in sich geschlossene Borstei, um die 2.000 Menschen leben hier nach Angaben der Stadt München. Die aneinandergereihten, meist ockergelben Mehrfamilienhäuser mit ihren weißen Fensterläden und teils begrünten Fassaden sind markant, ebenso die grünen Innenhöfe und schmalen Straßen. Auffallend ist zudem der künstlerische Anspruch – auf Schritt und Tritt begegnen dem Spaziergänger hier Statuen, Skulpturen und kunstvoll gestaltete Brunnen.

Ende 1922 erwarb der Bauunternehmer und Architekt Bernhard Borst ein rund 90.000 Quadratmeter großes Grundstück östlich der Dachauer Straße, das zunächst als Lagerplatz für seine Baufirma gedacht war. Rund um das Grundstück plante Borst, Wohnungen für den gehobenen Mittelstand zu errichten – denn schon vor 100 Jahren herrschte in München Wohnungsnot.

Nachdem das Gelände kurzfristig doch nicht als Lagerplatz gebraucht wurde, stand es vollständig für den Wohnungsbau zur Verfügung. Das Areal grenzte an das Gaswerk Moosach an, ansonsten war es von Schafweiden umgeben. Das neue Viertel sollte laut Borst "die Vorteile des Einfamilienhauses und die Annehmlichkeiten des Mietshauses“ vereinen. Der erwähnte künstlerische Anspruch der Mustersiedlung geht ebenfalls auf Borst zurück, der auch Kasperltheater und Konzerte in der Siedlung veranstaltete.

Von 1924 bis 1929 ließ Bernhard Borst in Zusammenarbeit mit dem Architekten Oswald Bieber die charakteristischen Wohnhäuser errichten, hinzu kamen Läden, ein Postamt, Kindergärten, eine Wäscherei und ein zentrales Heizkraftwerk. Die Ausstattung mit Zentralheizung, fließendem heißen Wasser, Gasherden, Telefon sowie Garagen entsprach einem zur damaligen Zeit hohen Komfort. Die Mieter der Borstei stammten dementsprechend von Beginn an aus der bürgerlichen Mittelschicht. Neben Beamten und Geschäftsleuten waren auch Künstler darunter.

Namensvergabe nach Preiausschreiben

Dass die Borstei ihren Erbauer im Namen trägt, geht auf ein Ende 1928 durchgeführtes Preisausschreiben zurück. Bei über 2.600 Einsendungen waren wohlklingende Vorschläge wie Paradies, Schlaraffenhof, Frauentraum oder Borstelysium genannt worden. Die meisten Stimmen erhielt "Idealheim" – eine Jury, der auch Bernhard Borst selbst angehörte, entschied sich im Januar 1929 dennoch für den prägnanten, an die Augsburger Fuggerei angelehnten Namen.

Heute gilt die Borstei immer noch als beliebtes Wohnviertel, die Fluktuation unter den Mietern ist gering. Dank Ladenstraße und Café können die Bewohner ihre Grundbedürfnisse decken, ohne die Wohnanlage zu verlassen. Die Borstei ist Eigentum einer Erbengemeinschaft, nach dem Tod des letzten Borst-Enkels geht sie vertragsgemäß in eine Stiftung der Stadt München über.

Museum auf Anfrage geöffnet

Bernhard Borst, der für seine architektonischen Leistungen Auszeichnungen wie die Goldene Ehrenmünze der Stadt München oder den Bayerischen Verdienstorden erhielt, starb im Januar 1963. Beerdigt ist er quasi gegenüber "seines" Viertels, auf dem Westfriedhof. Ab 1947 hatte er mit seiner Frau Erna selbst in der Borstei gelebt.

Die Erinnerung an Borst und sein architektonisches Lebenswerk hält das kleine Borsteimuseum (Löfftzstraße 10) hoch, das nur auf Anfrage geöffnet ist. Interessenten melden sich per Mail an post@borstei-museum.de

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