Ateliers im Botanikum öffnen am Sonntag ihre Türen

Moosach · Zukunft ungewiss

Auf dem Gelände des Botanikums in der Feldmochinger Straße haben rund 30 Künstlerinnen und Künstler ihr Atelier. Am Sonntag können Kunstfreunde diese besichtigen. Foto: bas

Moosach · Früher eine klassische Gärtnerei, ist das Botanikum an der Feldmochinger Straße heute nicht nur ein beliebter Ort für Veranstaltungen, sondern dient auch seit über 30 Jahren als Künstlerkolonie. Weil im Moosacher Norden ein Neubaugebiet entsteht, sind die Tage der Ateliers allerdings gezählt. Am Sonntag, 13. November, haben Interessierte wieder die Möglichkeit, sie zu besichtigen.

Über 20 Künstlerinnen und Künstler öffnen am Sonntag ihre in den alten Gewächshäusern eingerichteten Ateliers und zeigen in herbstlichem Ambiente ihre aktuellen Werke aus Malerei, Mode, Fotografie oder Bildhauerei. Die "Open Studios" im Botanikum (Feldmochinger Straße 75-79) sind von 10 bis 17 Uhr für Besucherinnen und Besucher geöffnet, der Eintritt ist frei. Die offenen Ateliertage finden regelmäßig statt und locken im Schnitt über 1.000 Kunstinteressierte in den Moosacher Norden.

Insgesamt sind im Botanikum rund 30 Kunstschaffende tätig – allerdings nicht mehr lang. Das Gärtnereigelände gehört zu einem Areal beidseits der Feldmochinger Straße, auf dem 500 neue Wohnungen, eine Grundschule und ein Jugendzentrum entstehen. So sieht es der Bebauungsplan der Stadt München vor. Das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbs hat die Stadt im Mai 2022 vorgestellt. Neue Wohnnungen und eine neue Schule werden in Moosach ohne Frage dringend gebraucht. In diesem Fall müssen jedoch Kunst und Kultur dafür weichen, denn das Botanikum wird laut den Plänen größtenteils abgerissen.

Ausgleichsfläche statt Ateliers

Während die Wohnhäuser auf dem Ackerland südlich der ehemaligen Gärtnerei und östlich der Feldmochinger Straße hochgezogen werden, ist das Gelände, das aktuell die Kunstschaffenden bevölkern, als öffentliche Grünfläche vorgesehen, eine sogenannte Ausgleichsfläche. Nur der Theatersaal ist laut Bebauungsplan davon ausgenommen – dieser Bereich ist größtenteils städtisches Eigentum, die weitere Nutzung noch unklar. "Künstler*innen, die teils schon seit Jahrzehnten dort ihre Ateliers haben, verlieren dann ihre Existenzgrundlage und stehen auf der Straße", klagt Künstlerin Gudrun Michel. "Die Aussicht, dass die Stadt Ersatzateliers zur Verfügung stellen kann, ist sehr gering. München leidet bekanntlich seit Jahren an einem eklatanten Mangel an bezahlbaren Atelierräumen."

"Verzweifelter Hilferuf"

Mit einem "verzweifelten Hilferuf", wie sie es selbst nannten, hatten sich mehr als 60 Kunstschaffende daher im Frühjahr 2022 an den Bezirksausschuss Moosach (BA 10) gewandt. In ihrem Antrag forderten sie, wenigstens in ihren Ateliers bleiben zu können, bis die geplanten Wohnungen einmal fertiggestellt sind und die Schaffung der Ausgleichsfläche unumgänglich werde. Zudem solle die Stadt prüfen, ob zumindest eine gewisse Zahl von Ateliers in der geplanten Grünfläche dauerhaft bestehen bleiben könne. Der Bezirksausschuss nahm den Antrag einstimmig an, das letzte Wort hat aber die Stadt. Bei den offenen Ateliertagen im Juli 2022 unterstützten über 750 Besucher mit ihrer Unterschrift die Künstler*innen in ihrem Existenzkampf.

Gudrun Michel schätzt, dass die Künstlerkolonie im Botanikum noch zwei bis drei Jahren bestehen werde. Doch früher oder später werden die Gewächshäuser abgerissen – daran führt kein Weg vorbei. Wie und vor allem wo es für die Künstlerinnen und Künstler dann weitergeht, bleibt ungewiss. "Wir setzen uns mit aller Kraft dafür ein, neue Räume zu finden", meint Michel. Ein mit dem Botanikum vergleichbarer Standort dürfte in München freilich kaum auffindbar sein.

bas

Artikel vom 07.11.2022
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