Sandbeete sind simpel, spannend und wassersparend

Bayern/München · Gärtnern in Zeiten des Klimawandels

Viele Wildbienen benötigen lockeren, durchlässigen Boden für ihre Bruthöhlen oder verwenden Sandkörner, um ihre Niströhren zu verschließen. Sandbeete tragen somit aktiv zur Artenvielfalt bei. Foto: GMH/Till Hofmann

Viele Wildbienen benötigen lockeren, durchlässigen Boden für ihre Bruthöhlen oder verwenden Sandkörner, um ihre Niströhren zu verschließen. Sandbeete tragen somit aktiv zur Artenvielfalt bei. Foto: GMH/Till Hofmann

Bayern/München · Eltern kleiner Kinder kennen das Phänomen: Es hat länger nicht geregnet und der Sand im Sandkasten sieht supertrocken aus – doch wer zu buddeln beginnt, stößt rasch auf eine erstaunlich feuchte Schicht. Eine Beobachtung, die zu einer ebenso simplen wie genialen Idee führte, berichtet Till Hofmann, Inhaber des Betriebs „Die Staudengärtnerei“ im unterfränkischen Rödelsee und überzeugter Sandgärtner.

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„Kurz gesagt bedeutet ein Sandbeet: Es wird eine 15 bis 20 Zentimeter starke Sandschicht auf dem Gartenboden verteilt und direkt in diese Sandschicht gepflanzt", sagt Hofmann. Das Ergebnis, sobald die Stauden richtig eingewurzelt sind: extrem wüchsige, robuste Pflanzen, quasi null Probleme mit Unkraut – und aufs Bewässern kann nahezu komplett verzichtet werden.“

Fitnesstraining für Pflanzen

Klingt fast zu schön, um wahr zu sein! Wie also funktioniert der „Zaubersand“ – und warum kommt erst jetzt jemand auf diese Idee? Des Rätsels Lösung: Sand ist ein prima Pflanzentrainer! „Wird in eine dicke Sandschicht gepflanzt, müssen die Pflanzen ihre Wurzeln auf der Suche nach Wasser und Nährstoffen sehr weit in die Tiefe strecken", erklärt Hofmann. "Dadurch erschließen sie sich eine große Fläche. Und da der oberirdische Pflanzenzuwachs unter anderem vom Wurzelvolumen abhängt, entwickeln sich die Pflanzen entsprechend gut.“

Unkrautsamen hingegen brauchen aufgrund der dicken Sandschicht ungleich länger, um bis zur fruchtbaren Erde vorzustoßen. „Und wenn sie es endlich geschafft haben, fehlt ihnen das Sonnenlicht, denn in der Zwischenzeit haben sich die gepflanzten Stauden längst etabliert und bilden eine geschlossene Pflanzendecke“, freut sich Till Hofmann. Unkraut hat es also schwer, denn selbst, wenn es doch mal eine Lücke findet: „Unkrautjäten macht auf einem Sandbeet schon fast Spaß: Sogar für einen Löwenzahn mit seiner langen Pfahlwurzel braucht man keine Gartengeräte, sondern kann ihn einfach mit den Fingern herausziehen.“

Auch gießtechnisch ist ein Sandbeet nichts für Workaholics: „Gewässert werden muss nur, bis die Pflanzen sich durch die Sandschicht gearbeitet und in der Erde eingewurzelt haben, danach entfällt es oft sogar komplett“, berichtet Till Hofmann. Sein Tipp: Ruhig mal im Frühherbst pflanzen, denn ab September nehmen die Niederschläge in der Regel zu und die Pflanzen haben dennoch ausreichend Zeit, um sich vor dem Winter häuslich einzurichten.

Der Spätwinter schließlich ist die einzige Zeit, in der Sandgärtner tatsächlich mal so etwas wie Betriebsamkeit entwickeln dürfen: Es gilt, einiges zurückzuschneiden, sowie Falllaub und andere abgestorbene Pflanzenteile zu entfernen, damit sich auf dem Sand keine fruchtbare Humusschicht bildet.

Passende Idee zur passenden Zeit

So, und warum nun, kommt diese geniale Idee jetzt erst auf?? Die überraschende Antwort: „Die Idee ist eigentlich gar nicht neu. Schon seit Generationen wird Sand bei Aussaaten als Deckschicht verwendet und in meinem Ausbildungsbetrieb wuchsen die Mutterpflanzen in Sandbeeten, weil sie so am wenigsten Pflege benötigten“, erläutert Till Hofmann. „Auch im Freiland wurde schon vor Jahrzehnten mit Sand als Mulchmaterial fürs öffentliche Grün experimentiert. Die Ergebnisse waren vielversprechend, aber beim Stichwort Sand haben die meisten Menschen abgewunken – die Zeit war einfach noch nicht reif dafür.“ Jetzt ist sie es.

Artikel vom 27.04.2022
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