Ein Kommentar von Alfons Seeler

Das Kurzzeitgedächtnis der Kritiker

In der Kritik: Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel. Foto: Anne Wild

In der Kritik: Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Der TSV 1860 München hinkt in der aktuellen Saison seinen sportlichen Ansprüchen hinterher. Ein Mittelfeldrang statt des erhofften Platzes in der Spitzengruppe steht nach dem Abschluss der Vorrunde zu Buche. Zu viele Unentschieden – acht an der Zahl – verzeichnet die Zwischenbilanz der Giesinger. Das notorisch hektische Umfeld des Traditionsvereins sucht nun nach Gründen und mancher Kritiker schießt sich dabei auf den Geschäftsführer Sport ein, wirft ihm verfehlte Personalpolitik vor. Ein unvoreingenommener Blick auf die Arbeit von Günther Gorenzel zeigt ein anderes Bild und offenbart vor allem eines: das Kurzzeitgedächtnis seiner Ankläger.

Die Nachwuchsarbeit beim TSV 1860 München mit dem Profifußball zu verzahnen, den Klub dadurch attraktiv für Talente zu halten und die Identifikation von Zuschauern und Vereinsmitgliedern mit der Mannschaft durch die Integration möglichst vieler Giesinger Eigengewächse in den Kader zu fördern, war und ist seit dem Sommer 2017 ein expliziter Wunsch des Präsidiums an die sportliche Leitung. Gorenzel hat diesen Auftrag angenommen und ihn strategisch und organisatorisch umgesetzt.

Die Arbeit des Geschäftsführers Sport kann nicht nur an einzelnen Transfers gemessen werden. Doch selbst wenn man diese allein zur Bewertung heranziehen wollte, fällt Gorenzels Bilanz weit positiver aus, als sie seine Kritiker wahrzunehmen vermögen. Vergleicht man beispielsweise den geschätzten Marktwert aller Lizenzspieler-Kader in der Dritten Liga (Quelle ist hier das Fachportal transfermarkt.de) mit dem am Ende erreichten Tabellenplatz, bot der TSV 1860 München in der vergangenen Saison 2020/2021 das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aller Vereine.

Die Münchner Löwen zählen derzeit in ihrem 28 Spieler umfassenden Profi-Kader fünfzehn Eigengewächse, dabei handelt es sich um Akteure, die früher in wenigstens einer der Nachwuchsmannschaften des TSV 1860 aktiv waren. Hinter der in dieser Statistik logischerweise führenden reinen Ausbildungsmannschaft des SC Freiburg II, ist die Quote der Giesinger einsamer Bestwert im gesamten Profifußball in Deutschland. In der öffentlichen Wahrnehmung wird dieser Umstand zu wenig gewürdigt.

Sportlich haben sich die Weiß-Blauen von Saison zu Saison sichtlich verbessert. Die erste Drittliga-Spielzeit wurde mit dem zwölften Platz abgeschlossen, die zweite auf dem achten Platz und die dritte bereits auf dem vierten Rang. Weil nun zur aktuellen Halbserie einige Remis zu viel das Tabellenbild trüben, soll plötzlich die gesamte Arbeit Gorenzels in den letzten Jahren eine schlechte gewesen sein? Das ist absurd.

(as)

Artikel vom 16.12.2021
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