Junglöwen erläutern ihr Festhalten an jüngeren Jahrgängen

Teil der weiß-blauen Ausbildungsphilosophie

Von klein auf: Junglöwen-Ausbildung. Foto: Anne Wild

Von klein auf: Junglöwen-Ausbildung. Foto: Anne Wild

München/Giesing · Sind talentierte Fußballer im Kindesalter mit den Strukturen in den 56 deutschen Nachwuchsleistungszentren (NLZ) überfordert? Leiden in den Kaderschmieden schon die Jüngsten unter Leistungsdruck? Zwingen weite Anfahrtswege die kleinen Kicker und ihre Familien in ein enges Zeitkorsett, das keinen Raum mehr für andere Aktivitäten lässt? Kritiker wünschen sich eine Zäsur in der Ausbildung junger Fußballer und plädieren energisch für die Abschaffung des sogenannten Grundlagenbereichs. Die Ausbilder im Nachwuchsleistungszentrum des TSV 1860 München (Die Bayerische Junglöwen) widersprechen diesen Thesen in einem vom Verein veröffentlichten Papier.

Unter dem Titel »Junglöwen setzen weiterhin bewusst auf ihre jüngsten Teams« kommt neben anderen der Koordinator des Grundlagenbereichs, Ludwig Schneider, zu Wort. Er findet, die Problematik des Leistungsdrucks habe jedes NLZ selbst in der Hand: »Es liegt allein an der Philosophie des Vereins, dem Verhalten der Verantwortlichen und Trainer und dem daraus resultierendem Umgang mit den Kids.« Schneider spricht für sein eigenes Haus von hoher »Sicherheit und Durchlässigkeit« sowie von »nachhaltiger Entwicklung und Förderung jedes Einzelnen unserer Talente ab der U9« und untermauert seine Worte mit dem Ergebnis einer internen Analyse. Dieser zufolge verblieben statistisch 75 Prozent aller Spieler der untersuchten Jahrgänge 2002 bis 2008, die bereits im Grundlagenbereich zu den Junglöwen kamen, in der weiteren Ausbildung. Dieser Wert widerspricht der gängigen Kritik, Kinder und Jugendliche würden in Nachwuchsleistungszentren schnell »verbrannt« und Jahr für Jahr ausgetauscht. Zumindest beim TSV 1860 München scheint das nicht der Fall zu sein.

Weite Anfahrtswege zu Training und Spiel seien durchaus ein Problem, räumen die Nachwuchsverantwortlichen in Giesing ein. Deshalb berate man Kinder und ihre Eltern im Vorfeld ausgiebig. Nicht in jedem Fall wäre ein Wechsel »aufgrund der Entfernung sinnvoll, weshalb hiervon auch mal abgeraten und eine alternative Lösung« gesucht werde. Die Sechzger kooperieren mit Partnervereinen in verschiedenen Regionen Bayerns. Der heutige Profispieler Dennis Dressel kam bereits in der U10-Mannschaft zu den Junglöwen und erinnert sich: »Für mich wäre es eine Farce, den Grundlagenbereich abzuschaffen. Diese Erfahrungen waren unglaublich hilfreich für meine Entwicklung. Ich verspürte in diesen jungen Jahren auch nie einen zu großen Leistungsdruck, ganz im Gegenteil: der Wohlfühlfaktor und der Spaß standen immer an erster Stelle. Wir waren wie eine Familie, der Verein war mein zweites Zuhause.« Während der ersten vier Jahre war Dressel parallel zum Fußball noch in einem Turnverein aktiv. Schneider betont: »Neben der allgemeinen fußballerischen Ausbildung setzen wir im Grundlagenbereich auf eine polysportive Ausbildung.« So würden »im Training, aber auch in außersportlichen Teammaßnahmen, ständig andere Sportarten integriert«.

Aus Interviews und internen Umfragen gehe hervor, berichten die Verantwortlichen der Junglöwen, dass vielen Kindern und ihren Eltern »vor allem das familiäre Umfeld und die gemeinsamen Erlebnisse im Gedächtnis geblieben sind«. Auch sei die populäre Annahme »keine Freizeit mehr zu haben«, von der Praxis beim TSV 1860 nicht gedeckt. Im Ergebnis würden »alle Familien, die den Grundlagenbereich durchliefen, diesen Weg genauso wieder bestreiten«. Manfred Paula, der sportliche Leiter des Nachwuchsleistungszentrums der Junglöwen, bekräftigt: »Der Grundlagenbereich ist ein elementarer Bestandteil unser Ausbildungsphilosophie. Deshalb werden wir auch in den kommenden Jahren auf unsere jüngsten Mannschaften bauen und dabei immer das Wohl der Kinder und ihrer Familien im Blick haben.«

(as)

Artikel vom 15.07.2021
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