„Ein großes Problem“

Moosach/Neuhausen · Kasse im Sozialbürgerhaus seit fast einem dreiviertel Jahr geschlossen

Das Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach in der Ehrenbreitsteiner Straße 24 ist für den 9. und den 10. Stadtbezirk zuständig. Foto: Simone Bauer

Das Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach in der Ehrenbreitsteiner Straße 24 ist für den 9. und den 10. Stadtbezirk zuständig. Foto: Simone Bauer

Moosach/Neuhausen · Das Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach (SBH-NM) ist der wohnortnahe Ansprechpartner für Angebote und Leistungen des Sozialbürgerhauses Soziales und des Jobcenters München. So zumindest lautet die Beschreibung auf der Internetseite der Landeshauptstadt München. Aktuell jedoch scheint dem nur bedingt so zu sein.

Es sei „ein Skandal, dass sowohl die Kasse im Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach seit fast einem dreiviertel Jahr wie nun auch noch diejenige im Sozialbürgerhaus Milbertshofen geschlossen ist und man als Rentner, Behinderter und Arbeitsloser keine Chance hat, ortsnah seine Ansprüche, wie etwa verbilligte Fahrkarten, wahrzunehmen“, klagt eine Bürgerin. Für eingeschränkte Menschen, wie sie selbst, sei dies ein großes Problem.

"Wichtige Einrichtung"

„Die Frau, die die Kasse gemacht hat, ist wohl dauerhaft krank“, erzählt die 57-Jährige. „Das kann aber doch nun wirklich kein Argument sein, weshalb die Kasse so lange geschlossen ist und die Stelle nicht adäquat nachbesetzt wird. Wenn die Kassiererin im Supermarkt krank ist, wird nach auch nicht gleich der gesamte Laden geschlossen.“ Die Kasse im Sozialbürgerhaus sei eine wichtige Einrichtung, „gerade für Menschen wie mich. Ich bin Frührentnerin, gehe an Krücken und kann aus gesundheitlichen Gründen nicht einfach mal so mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt fahren.“ Zwar könne sie kurze Strecken mit dem Fahrrad zurücklegen, aber auch das sei nur bedingt möglich.

„Dennoch habe ich mich aufgerafft und bin mit dem Rad ins Sozialbürgerhaus Milbertshofen gefahren. Und dort wurde mir dann gesagt, dass diese Kasse auch geschlossen ist, ebenfalls wegen eines Krankheitsfall“, sagt die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Und auch hier gebe es keinen Ersatz. „Aber das interessiert überhaupt niemanden. Auch nicht die zuständige 3. Bürgermeisterin Verena Dietl, die für soziale Fragen zuständig ist.“ Sie selbst stocke als Frührentnerin ihre Grundsicherung auf und sei auf die finanzielle Unterstützung, wie etwa den Kauf verbilligter Fahrkarten, angewiesen. „Das ist sehr wichtig für unsereins. Die Stadt scheint einfach vorauszusetzen, dass man sich irgendwo in der Stadt Hilfe sucht. Für gesunde Menschen ist das sicherlich auch kein Problem. Aber für mich, da ich verschiedene gesundheitliche Einschränkungen habe und deshalb auch verrentet bin, ist das eben nicht einfach mal möglich.“

Auf Menschen wie sie, so meint die 57-Jährige, werde diesbezüglich keine Rücksicht genommen. „Es wird einfach davon ausgegangen, dass es schon irgendwie geht“, klagt die Bürgerin weiter. „Aber ich fühle mich vollkommen allein gelassen und habe aktuell überhaupt keine Möglichkeit ortsnah meine Ansprüche wahrzunehmen. Das ist doch im Grunde völlig indiskutabel. Ich fühle mich auf das Abstellgleis geschoben.“ Sie habe sich mit ihrer Beschwerde auch schon drei Mal an die zuständige 3. Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) gewandt, bisher eigenen Angaben zufolge aber keine Antwort erhalten.

"Ich kann die Verägerung verstehen"

„Nachdem mich im November 2020 die Beschwerde erreicht hatte, dass die Kasse im Sozialbürgerhaus Nymphenburg-Moosach geschlossen sei, habe ich umgehend eine Stellungnahme des zuständigen Sozialreferats angefordert“, betont Verena Dietl nun auf Nachfrage der Münchner Wochenanzeiger. „Das Sozialreferat teilte mir mit, dass der Personalmangel in der Geschäftsstelle der Grund dafür sei. Bis Ende September 2020 konnte die Kasse durch Aushilfskräfte besetzt werden, danach mussten Bürgerinnen und Bürger auf die Kasse im SBH Nord ausweichen. Die Öffnungszeiten der Sozialbürgerhäuser wurden aus Gründen des Infektions- und Arbeitsschutzes reduziert. Allerdings blieben die Infotheken zu den regulären Öffnungszeiten geöffnet.“ Als die für den Sozialbereich zuständige Bürgermeisterin könne sie die Verärgerung der Menschen nachvollziehen. „Selbstverständlich liegt es im Interesse der Stadt, diese Dienstleistungen schnell wieder zur Verfügung zu stellen und den Bürgerinnen und Bürger, die auf die Dienste der Sozialbürgerhäuser angewiesen sind, lange Wege zu ersparen.“

Nicht absehbar, wann Kasse wieder besetzt wird

Wann genau die Kasse im Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach wieder aufmacht ist nach Angaben des Sozialreferats noch nicht geklärt. Nach wie vor sei die Kasse geschlossen und die Bürger müssen an die Kassen in den Sozialbürgerhäusern Nord und Mitte verwiesen werden. Man sei sich bewusst, dass dieser Zustand für die Bürger, insbesondere für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen, äußerst schwierig ist. „Selbstverständlich liegt es nach wie vor im Interesse der Stadt, diese Dienstleistungen schnell wieder zur Verfügung zu stellen und den Bürgerinnen und Bürger, die auf die Dienste der Sozialbürgerhäuser angewiesen sind, lange Wege zu ersparen. Leider ist jedoch aufgrund der Personalsituation der Geschäftsstelle und der aktuellen Haushaltslage derzeit nicht absehbar, wann die Kasse wieder ganz regulär besetzt sein kann“, teilt das Referat auf Nachfrage mit. Das Sozialreferat wird eigenen Angaben zufolge aber noch im Sommer die Möglichkeit schaffen, die Kasse zumindest an einem Tag in der Woche wieder zu öffnen, um zumindest an einem festen Tag für die Bürger in diesem Stadtviertel auch in „ihrem“ Sozialbürgerhaus einen Kassenbesuch zu ermöglichen. Längerfristig arbeite man an Lösungen, den Engpässen im Bereich der Kassen ganz grundsätzlich zu begegnen.

Artikel vom 13.07.2021
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