Es geht hoch hinaus

Vom Wochenblattausträger zum Medaillengewinner

Wir drücken Linus die Daumen, einem ganz besonderen Austräger der Münchner Wochenanzeiger. Foto: Privat

Wir drücken Linus die Daumen, einem ganz besonderen Austräger der Münchner Wochenanzeiger. Foto: Privat

Lerchenau/München · Wir sind immer für Sie da: Die Münchner Wochenanzeiger versorgen die Stadtteile Münchens und die Städte und Gemeinden in den Außengebieten seit über 60 Jahren mit lokalen Neuigkeiten. Gerade in der Corona-Pandemie lassen wir Sie nicht im Stich. Jede Woche sind wir für Sie da, immer aktuell: mittwochs und samstags. Doch dass wir bei Ihnen "ankommen", haben wir ganz besonderen Mitarbeitern zu verdanken: unseren Austrägerinnen und Austrägern.

Ohne sie wäre das Münchner Wochenblatt nicht das, was es ist: nämlich in ihrem Briefkasten, Woche für Woche. Bei Wind und Wetter packen sie an, greifen zum Wagen und versorgen Ihren Stadtteil mit den Zeitungen, hinter dem ein großes Team steht. An dieser Stelle möchten wir ein großes Dankeschön an unsere wichtigen Helfer richten!

Aus diesem Grund beleuchten wir heute einen unserer ganz besonderen Austräger, nämlich Linus (17) aus der Lerchenau.

"Ich bin über meinen Bruder zum Zeitungsaustragen gekommen. Als er keine Zeit mehr hatte, habe ich das Gebiet übernommen. Am besten fand ich die regelmäßige Bewegung", sagt der junge Mann. Das Zeitungaustragen in der Lerchenau hat Linus Schwarz stets gerne gemacht, auch bei Regen und Schnee, weil er so schon in jungen Jahren sein eigenes Geld verdienen konnte, was wiederum gut für sein Selbstbewusstsein war, sagt sein Vater.

Dazu hat er sich ein Fahrrad eigens hergerichtet und mit vier Körben versehen. Für die Eltern war dieser Schülerjob angesichts der Münchner Mietpreise ganz klar eine finanzielle Entlastung.

"Im Rückblick würde ich sagen, dass das Zeitungaustragen ab Linus' 14. Lebensjahr für die Herausbildung des Selbstbewusstseins pädagogisch äußerst wertvoll war", resümiert sein Vater. "Ich bin meiner Frau sehr dankbar dafür, dass sie das damals in die Wege geleitet hat, getreu dem Motto: `Wenn du willst, dass aus deinen Kindern nichts wird, verwöhn sie` - an dem Spruch ist wirklich was dran", findet er.

"Er hat sein Taschengeld mit dem Austragen verdient"

Doch wer steckt hinter dem jungen Wochenblattausträger? Ein junger Mann, der hoch hinaus will. Linus' bislang wichtigster außerschulischer Erfolg ist die Bronzemedaille bei der Internationalen Chemie-Olympiade 2020, die mit der Aufnahme in die Studienstiftung des Deutschen Volkes belohnt worden ist. Wegen Corona fand das Finale für die vier besten deutschen Nachwuchschemiker nicht wie geplant in Istanbul, sondern als "Remote Access Exam" in Erfurt statt. Dort war Linus aus der Lerchenau am Start, der eben schon als 14-Jähriger sein Taschengeld mit dem Austragen des Samstagsblatts verdient hat.

Nach dem Wechsel vom Münchner Wittelsbacher-Gymnasium an das Landesgymnasium für Hochbegabte in Schwäbisch Gmünd ("Schwäbisch Sibirien") nahm er, gefördert von engagierten Lehrern, an diversen MINT-Wissenschaftswettbewerben teil, etwa in Physik, Mathematik und Chemie.

Da Linus die Silbermedaille nur haarscharf verpasst hat, will er nun, als Zwölftklässler, trotz Abiturendspurt und bereits gesichertem Stipendium noch einmal das aufwändige, vierstufige Auswahlverfahren durchlaufen, in der Hoffnung, dass das in Osaka / Japan geplante Finale 2021 nicht nur virtuell, sondern mit 340 Jungchemikern aus aller Welt real durchgeführt werden kann. Auch bei der Physik-Olympiade 2021 sowie beim Bundeswettbewerb Mathematik ist Linus nach der ersten Runde noch im Rennen. Linus nutzt die Tage auch, um an der ersten Runde der Internationalen Astronomie- und Astrophysik-Olympiade 2021 teilzunehmen; das Ziel ist das Finale in Bogotá (Kolumbien).

Da Linus einen Lernvertrag mit seinen Lehrern geschlossen hat, muss er nicht mehr am Unterricht in seinen Leistungskursen Mathematik und Chemie teilnehmen, sondern nur noch zu den Klausuren erscheinen. So bleibt Zeit für Hobbys: Segelfliegen (Fliegergruppe Gmünd), MINT-Wettbewerbe, Experimente jeder Art (wenn es knallt, ist es Chemie; wenn es blitzt, Elektrotechnik), Klettern, Autofahren mit 17, 3-D-Druck, Kammerchor, Metallguss, Wandern, Klavier, Radeln, Skifahren und Tanzen. Außerdem hat er ein Faible für Trekking; mit einer deutsch-nepalesischen Jugendgruppe ist er bis zum Everest Base Camp vorgedrungen.

Wir wünschen ihm viel Glück dabei, hoch hinauszukommen!

Daniel Mielcarek

Wir stellen vor: Das sind die »Menschen nebenan«
Was ist ihre Lebensgeschichte? Was können Sie besonders gut? Was ist »Ihr München«? München ohne seine Menschen wäre nicht München. Sie tragen ­Lederhose und Dirndl, essen Butterbrezn, genießen ihr Helles im Biergarten. Aber erzählen Sie uns etwas Neues! Es gibt in und um München mehr als das, worüber ohnehin immer geratscht wird, nämlich ­lokale Berühmtheiten oder solche, die es gerne werden wollen. Daher schenken wir Ihnen unsere neue Rubrik und ­geben Ihnen, frei nach Andy Warhol, ihre »15 Minuten Ruhm« – beziehungsweise ein Porträt in unseren Münchner Wochenanzeigern.
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Artikel vom 09.05.2021
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