Wieviel Platz braucht's?

"Tiny-Häuser" im Landkreis Erding - ein Zukunftsprojekt?

Erste Gehversuche: Schüler Thomas (14) vor seinem weitgehend ohne Papas Hilfe gebauten „Tiny-House“ mit vier Quadratmetern Nutzfläche. „Richtige“ Tiny-Häuser gehen bei dem Doppelten los. Foto: kw

Erste Gehversuche: Schüler Thomas (14) vor seinem weitgehend ohne Papas Hilfe gebauten „Tiny-House“ mit vier Quadratmetern Nutzfläche. „Richtige“ Tiny-Häuser gehen bei dem Doppelten los. Foto: kw

Erding · Sie sind mächtig im Schwange: Sogenannte „Tiny-Häuser“, also Mini-Häuser, freistehende Ein-Zimmer-Wohnungen letztlich. In Erding wird für diese in Mode gekommene Wohnform jetzt ein eigener Bebauungsplan aufgestellt, was wohl Zustimmung in fast allen Fraktionen im Stadtrat findet. So gab es beim politischen Aschermittwoch der SPD, der als Online-Veranstaltung durchgeführt wurde, zustimmende Kommentare aus der Stadtratsfraktion, verbunden aber durchaus mit der Forderung nach mehr Bemühungen im Mietwohnungsbau.

„Der große Traum vom kleinen Haus“ titelte der Bayerische Rundfunk einmal: 32 Quadratmeter beispielsweise, mehr ist es nicht. Oft eher weniger. Ein Wohnwagen ohne Räder, zuweilen sogar mit. „70 Prozent der Kunden leben drin“, zitiert der Sender einen Hersteller, und jetzt kommt sowas eben nach Erding.

Nach Langenpreising nicht: Dort hat der Gemeinderat erst in der jüngsten Sitzung beschlossen, den Bebauungsplan „Thenner-See-Straße“ in diesem Punkt zu ändern: Es soll eine Mindestgröße von Häusern festgeschrieben werden, um solche Mini-Häuser zu verhindern. Grund: Die Grundstücke sind für „normale“ Einfamilienhäuser dimensioniert, und so befürchtet Bürgermeister Josef Straßer zusammen mit dem ganzen Gemeinderat eine gewaltige Platzverschwendung. Und doch: Es gab einen Anlass für diese Änderung des Bebauungsplans: „Es hat mehrere sehr konkrete Anfragen gegeben.“

Das Unschlagbare an diesen Häuschen ist natürlich der Preis: Das Test-Haus des Bayerischen Rundfunks lag bei 56.000 Euro und damit bei den Kosten für ein Auto der gehobenen Klasse. 7,20 Meter ist es lang, und von der Breite ist es für den Straßentransport bemessen. Das ganze ist hochpolitisch: Ein Verein hat sich gegründet, der das Baurecht in diese Richtung erweitert sehen möchte, der das ganze als Bewegung sieht: „Tiny Living – Wie viel braucht der Mensch?“ Und das geht mit der Spülmaschine los. 80 auf 80 Zentimeter, das ist eine Menge, wenn man nur maximal 32 Quadratmeter hat. Aufhalten lassen wird sich der Trend wohl nicht mehr, es gibt Leute, die bauen sich das Haus selbst, um dann darin zu wohnen.

Ausprobiert haben das schon mal Schüler der Montessori-Schule, die auf diese Mode aufgesprungen sind. Sie müssen im Rahmen der Schule eine „große Arbeit nach Maria Montessori“ anfertigen und damit unter Beweis stellen, dass sie in der Lage sind, ein Projekt selbstständig durchzuziehen, zu dokumentieren und zu präsentieren.

Einer davon ist Thomas (14) aus der achten Klasse, der bei der Gelegenheit genau das gelernt hat, worauf es ankommt: Infrastruktur muss da sein: Strom, Wasser, Abwasser, Telefon. Den Strom macht er selbst über eine Photovoltaik-Anlage samt Wechselrichter und Batteriespeicher. Ein Fundament muss her: Gehwegplatten reichten ihm für sein Minihaus, das mit vier Quadratmetern gerade groß genug ist, um einen 14-Jährigen nicht zu überfordern. Seine gleichaltrige Freundin aber maulte im Winter: Viel zu kalt! Also musste eine Heizung her: Eine Standheizung wie für PKW erschien ausreichend. Die Freundin fror aber weiterhin.

Also musste auch eine Isolierung sein, genau wie bei den „richtigen“ Mini-Häusern es ein ernstes Thema ist für die ganzjährige Nutzung. Mit einer solchen brachte er tatsächlich Zimmertemperatur zuwege. Sanitärinstallation hätte den Jungen heillos überfordert, ihm reichen Kanister mit Wasser und das Klo daheim. Er will ja da nicht dauerhaft wohnen. Genau das wollen aber die Leute, die ein solches Mini-Haus beziehen. Und so orakelte schon Josef Straßer, dass künftige Bebauungspläne der Gemeinden hierauf irgendwie zugeschnitten sein müssten. Er ist zugleich Vorsitzender der VG Wartenberg. kw

Artikel vom 05.03.2021
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