Ab in die "dritte Dimension"

Vision einer Mobilitätswende mit einem Radschnellweg über der B 304

So könnte eine Radschnellwegverbindung über der B 304 aussehen. Foto: Gemeinde Haar

So könnte eine Radschnellwegverbindung über der B 304 aussehen. Foto: Gemeinde Haar

Landkreis-Ebersberg-München · Fast alle Kommunen entlang der Bundesstraße 304 leiden unter dem enormen Durchgangsverkehr. Allein in Haar wälzen sich täglich über 40.000 Fahrzeuge durch den Ort. Innerörtliche Lösungen, um Lärm und Schadstoffausstoß zu mindern, sind nicht möglich.

Was aber, wenn gleich drei Kommunen an einem Strang ziehen und eine echte Alternative zum Auto anbieten? Haars Bürgermeister Dr. Andreas Bukowski (CSU), Vaterstettens Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) und der Vorsitzende des Bezirksausschusses Trudering-Riem, Stefan Ziegler (CSU), haben eine Vision entwickelt und sie sind sich sicher: Ein aufgeständerter Radschnellweg auf dem Mittelstreifen der Bundesstraße von Vaterstetten bis möglichst weit in die Innenstadt von München könnte zur Trendwende führen.

Nicht erst seit Corona lassen immer mehr Menschen ihr Auto stehen und nehmen das Rad. „Eine echte Mobilitätswende Richtung Radfahren ist aber nur dann möglich, wenn eine attraktive Alternative geboten wird, deren Vorteile so stark sind, dass ein Umstieg im großen Umfang geschieht“, sagt Dr. Andreas Bukowski bei der Vorstellung in einer Online-Pressekonferenz vergangene Woche. Ganz entscheidend sei hierbei, dass die Strecke hindernis- und barrierefrei sei, damit schnell und sicher. Momentan sei die Qualität der Radwege in der Region noch sehr unterschiedlich. Entlang der Bahnstrecke, der B 304 sowie die Radwegverbindung nach Haar beispielsweise seien Verbesserungswürdig. "Hier werden die Radwege zum einen durch Kreuzungen, Ampeln und Einmündungen ständig unterbrochen oder sind sanierungsbedürftig, was bei vielen Radlern Angst und Stress auslöst", erläutert Vaterstettens Rathauschef Spitzauer die aktuelle Situation.

Weitere Artikel zum Thema
München/Landkreis · Radschnellverbindung: vom Auto aufs Fahrrad
Themenseite zu Machbarkeitsstudien und Pilotprojekten von Radlschnellverbindungen in und um München

Die Lösung für entspanntes radeln ohne Verkehrsbehinderung sowie eine bessere Radlverbindung zwischen dem Landkreis Ebersberg, dem Landkreis München und der Landeshauptstadt, soll eine Radschnellwegverbindung auf Stelzen über der B 304 sein. „Uns ist die Koexistenz aller Verkehrsarten wichtig“, bekräftigt Stefan Ziegler. „Eine intelligente Lösung im begrenzten Straßenraum ohne der Trasse der B 304 eine Fahrbahn wegzunehmen.“ Dieser Plan hätte allerdings auch Auswirkungen auf die immer wieder viel diskutierte Verlängerung der Tram von Berg am Laim über Trudering bis Haar entlang der B 304. Dieses sei dann natürlich nicht mehr zu realisieren, so der Haarer Rathauschef. Auswirkungen auf die bestehenden Radwege entlang der B 304 hätte der neue Radweg auf Stelzen dagegen nicht, stellen die drei CSUler klar. Diese müssten natürlich erhalten bleiben, um den Einzelhandel in Haar und Trudering weiter erreichen zu können, was mit zusätzlichen Ab- und Auffahrten entlang der Radschnellwegverbindung zusammengebracht werden soll.

Im Vaterstettener Ortsteil Baldham soll der Radschnellweg beginnen, wo bereits eine ebenerdige Verbindung über Grasbrunn bis Haar vorhanden ist. Zu prüfen sei hierbei ein sinnvoller Übergang über die A 99, so Spitzauer. Ab der Gemeinde Haar soll dann die Radschnellwegverbindung bis in die Landeshauptstadt ‒ am liebsten bis zum Ostbahnhof ‒ in die Höhe verlegt werden.

Die drei Kommunalpolitiker zeigen politische Entschlossenheit, wissen aber auch, dass sie weitere Unterstützung benötigen, wenn ihr Plan Realität werden soll. "Wir wollen das als erste Idee verstanden wissen", betont Bukowski. Daher sei die Bürgerbeteiligung wichtig, sagte er. Die drei Visionäre streben eine Bürgerbefragung an, um zu sehen, ob die Idee auch Begeisterung und damit Rückhalt bei den Bewohnern in Trudering, Haar und Vaterstetten findet. Sollte sich herausstellen, dass die Idee Akzeptanz in der Bevölkerung findet, soll in einer Machbarkeitsstudie eruiert werden, ob die Idee überhaupt eine Chance auf Umsetzung hat. "Wenn sich am Ende herausstellt, das bringt alles nichts, dann machen wir es auch nicht."

Neben den Bürgern sollen auch alle wichtigen Partner eingebunden werden - die umliegenden Kommunen wie Grasbrunn und Zorneding, die Stadt München, das Bayerische Ministerium für Wohnen, Bau und Verkehr und das Bundesverkehrsministerium.

Große Vorhaben brauchen viel Vorlaufzeit, das wissen auch die drei Politiker. Deshalb hat das Trio bereits eine pragmatische Lösung in petto. „Mittelfristig planen wir die Umsetzung eines Radwegs parallel zur Bahnlinie“ sagt Leonhard Spitzauer. „Die Kriterien für einen Radschnellweg können dort allerdings nicht erfüllt werden.“ Der unbefestigte Waldweg existiert bereits und wird von den Vaterstettenern wie Haarern gern genutzt, sofern der Untergrund trocken ist. Asphaltiert und beleuchtet wäre die Bahnparallele deutlich aufgewertet und besser frequentiert.

Langfristig sind beide Trassen sinnvoll, um den Radverkehr zu stärken, davon sind Bukowski, Spitzauer und Ziegler überzeugt. Für mehr Mobilität und mehr Klimaschutz im größeren Maßstab brauche es jedoch einen richtig großen Wurf. Das große Potenzial, das in der Radschnellbahn steckt, könne nach den drei Visionären eine wirklich große Veränderung herbeiführen.

Artikel vom 11.11.2020
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...