10. Buch in zehn Jahren

"Nebelkinder" der Ottobrunner Autorin Stefanie Gregg erschienen

Die Ottobrunner Autorin Stefanie Gregg hat soeben ihr 10. Buch auf den Markt gebracht: Die Familiengeschichte "Nebelkinder" ist im Aufbauverlag erschienen. Foto: hw

Die Ottobrunner Autorin Stefanie Gregg hat soeben ihr 10. Buch auf den Markt gebracht: Die Familiengeschichte "Nebelkinder" ist im Aufbauverlag erschienen. Foto: hw

Ottobrunn · Zehn Jahre nachdem die Ottobrunner Autorin Stefanie Gregg ihr erstes Buch ("Bienentod") herausgebracht hat, ist nun ihr 10. Buch "Nebelkinder" im Aufbauverlag erschienen. Ein Buch, das der Mutter zweier Teenager ganz besonders am Herzen liegt, wie sie verrät.

Drei Jahre hat sie daran gearbeitet, jetzt ist die Geschichte, die über drei Generationen bis in das 21. Jahrhundert reicht, fertig. "Ich habe ein Foto meiner Großmutter als junge Frau gesehen, darauf war eine fröhliche, ja strahlende junge Frau in einem entzückenden Kleid abgebildet. Die Aufnahme war kurz bevor sie auf einen Hausball gegangenen ist, entstanden. Einige Jahre später floh dieselbe Frau mit ihren drei kleinen Kindern von Breslau nach Bayern. Von der strahlenden, fröhlichen Frau war nichts mehr übrig, als ich sie kennenlernte", berichtet Stefanie Gregg von der ersten Idee zu ihrem Buch.

Die Thematik: Die unmittelbare Kriegsgeneration und ihre Kinder hatte sich selbst ein Schweigen und Verdrängen auferlegt, dass ihr Leben aber auch das ihrer Nachfahren bis heute prägt. Die moderne Psychologie benennt diese dritte Generation mit dem Begriff der „Nebelkinder“. Sie stochern im Nebel des Ungesagten, des Verschwiegenen, des Nichterzählten. Historiker gehen von etwa zwei Millionen vergewaltigter Frauen im Zweiten Weltkrieg aus. – Aber in fast keiner Familie scheint dies geschehen zu sein, es wurde verschwiegen. Die Väter kamen schwer traumatisiert aus dem Krieg zurück, oft nächtelang schlaflos, von Albträumen geschüttelt, teilweise von grundlosen, brutalen Agressionsausbrüchen beherrscht. Doch über den Krieg wurde nicht mehr gesprochen, nicht über getötete Kameraden, nicht über die Menschen, die man getötet hatte. Der Krieg war vorbei. In den Köpfen allerdings lebte er weiter.

Kriegskinder, die bis heute Furcht vor dunklen Kellern haben, in verschwommener Erinnerung an Bombennächte in Luftschutzkellern, diffuse Ängste, Hungererinnerungen und Essen als Nahrungstrost, all dies schwirrte um die Generation herum, die doch immerzu glücklich sein sollte.

Doch sie sind es oft nicht, die Nebelkinder. Nur wenn sie den Nebel durchdringen, in die Vergangenheit hineingehen, können sie Großeltern, Eltern und dann vielleicht auch sich selbst verstehen und mit sich und den vorherigen Generationen Frieden schließen. In der Psychologie bezeichnet der Begriff der „Nebelkinder“ jene Generation, die eigentlich nichts mehr mit dem Krieg zu tun hat und die dennoch bewusst oder meist unbewusst die Traumata ihrer Großeltern-Generation, der Kriegsgeneration sowie ihrer Eltern, den Kriegskindern übernommen hat.

Transgenerational wirken Traumata weiter. Dies ist nicht nur eine Erkenntnis der modernen Psychologie und Soziologie, sondern auch ein Zweig der modernen medizinischen und biologischen Forschung. Die Vererbung von Traumata erfolgt also nicht nur soziologisch, sondern auch genetisch und epigenetisch. Die Nebelkinder sind jene, denen man ihr Leben lang erklärt hat, in welchem Privileg sie aufwachsen, ohne Krieg und in stetig wachsendem Wohlstand. Dennoch ist es auch die Generation der Depressiven.

"Während ich meine Krimis, die ich zusammen mit Paul Schenke schreibe, oft sehr schnell und innerhalb eines Jahres fertig habe, habe ich an diesem Buch immer wieder gefeilt, gestrichen und ganze Passagen neu geschrieben. Ein wichtiges Thema, das fast alle Familien berührt. Aber, auch wenn meine Großmutter mit ihren Kindern fliehen musste, ist die Geschichte, die ich hier erzähle, nicht die Geschichte meiner Familie, sondern die einer Familie, wie sie sie so oder Ähnlich sicherlich oftmals gegeben hat und gibt", betont Stefanie Gregg. Zum Inhalt: Drei Frauen, drei Töchter, ein Krieg und ein gemeinsames Schicksal“ Käthe Margarethe Alexandra Marie lebt in ihrem feinen Zuhause in Breslau und trifft bei einem Hausball den schönen Ludwig. Nur - sie ist bereits verheiratet. Als sie Ludwig heiratet, scheint das Glück zu beginnen.

Doch bald kommt der Krieg. Käthe gelingt es, mit ihren mittlerweile zwei Kindern in den letzten Flüchtlingszug zu kommen - den Preis dafür zahlt sie an den Gestapo-Mann, der den Zug begleitet … Ihre Tochter Anastasia übernimmt die Aufgaben in der Familie, die ab da ihre Mutter verweigert. Sie zieht ihre Schwester groß und wird dabei selbst erwachsen. Doch auch sie bekommt unverheiratet ein Kind, was auch in den Nachkriegsjahren noch eine große Schande bedeutet. Erst Lilith scheint in einem neuen Deutschland Fuß fassen zu können und die Traumata der Nachkriegszeit durchstanden zu haben. Doch der Schein trügt.

Lilith findet sich in ihrem Leben nicht zurecht. Sie stochert im Nebel .....

Eindrücklich und einfühlsam zieht Stefanie Gregg damit die Linien durch die Generationen. Der Leser spürt, wie die Lebenswege verbunden, durchwirkt, verwirrt, verstrickt sind. Wie jede Generation ihr eigenes Leben führen möchte und doch gefangen in den Umständen und den stricken der Vergangenheit ist. Der Roman ist gleichzeitig ein Zeitdokument und eine Reise durch das Leben dreier Frauen. Erschienen ist der Roman im Aufbauverlag und kostet 12 Euro.

Corona (COVID-19) beschäftigt München und die Landkreise
Hier finden Sie aktuelle Regelungen und Infos zu Teststationen, Nachbarschaftshilfe, Einkaufsnotdienste u.v.m.

Mit Corona hat sich auch für Autoren wie Stefanie Gregg vieles verändert: "Normalerweise stelle ich meine Bücher in Ottobrunn immer bei einer Lesung vor. Diese und andere Lesungen sind bereits ausgefallen. Allerdings gab es bereits einige Online-Auftritte. Doch den direkten Kontakt zum Leser können diese Online-Lesungen natürlich nicht ersetzen. "Ich habe für den Spätsommer eine Lesereise nach Hamburg geplant, ich hoffe, die kann stattfinden", bekennt sie. Und auch in Ottobrunn hofft sie, dass sie ihr Buch im Herbst wird präsentieren können. "Denn was sind Geschichten, wenn man sie nicht erzählen kann", erklärt die sympathische Autorin.

Gewinnspiel:
Wir verlosen drei brandfrische Exemplare,
wer kein Glück bei der Verlosung hat, dem rät sie im lokalen Buchhandel sein Buch zu bestellen, denn jetzt gilt es vor Ort den Einzelhandel zu unterstützen.
Teilnehmer am Gewinnspiel können bis Montag, 29. Juni 2020 ihr Glück versuchen.

Artikel vom 21.06.2020
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...