Ein Münchner Original

"Mensch ärgere Dich nicht" wurde in der Lilienstraße erfunden

Das Brettspiel "Mensch ärgere Dich nicht" kennt fast jeder. Dass es im Münchner Osten erfunden wurde, ist wohl den wenigsten geläufig. Foto: CC0

Das Brettspiel "Mensch ärgere Dich nicht" kennt fast jeder. Dass es im Münchner Osten erfunden wurde, ist wohl den wenigsten geläufig. Foto: CC0

Au · Als in Bayern die Ausgangsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie Bestand hatten, Schulen und Kindergarten wochenlang geschlossen blieben, mögen viele Familien zum Würfel gegriffen und eine gepflegte Runde "Mensch ärgere Dich nicht" gespielt haben. Der Klassiker unter den deutschen Brettspielen hat seinen Ursprung im Münchner Osten.

Geistiger Vater von „Mensch ärgere Dich nicht“, wie es heute bekannt und beliebt ist, war der Münchner Kaufmann Josef Friedrich Schmidt (1871-1948). Der gebürtige Oberpfälzer, der unter anderem Schuhe mit Holzsohlen herstellte sowie mit Wein und Spirituosen handelte, bastelte in seiner Werkstatt, die sich wahrscheinlich in der Lilienstraße und somit in der Au befand (einige Quellen sprechen von Giesing), an einem Brettspiel, das seine drei Söhne unterhalten sollte.

Einflüsse aus Indien und England

Schmidt schnappte sich einen alten Karton und zeichnete ein kreuzförmiges Spielfeld auf. Die Idee: Jeder muss vier Figuren ins Ziel bringen, ist aber nicht davor gefeit, jederzeit von einer Figur des Gegners geschmissen zu werden. Schmidt lehnte sich an das alte indische Spiel "Pachisi", das englische "Ludo" und das vor allem in der Schweiz populäre "Eile mit Weile" an, verzichtete aber auf etliche taktische und strategische Finessen der Vorläufer.

Der kreative Kaufmann entwickelte damit ein Würfelspiel, das auf einen schnellen Spielverlauf und das Hinauswerfen der Figuren angelegt war. Wirklich neu waren die einprägsame grafische Gestaltung und der Titel "Mensch ärgere Dich nicht", unter dem das Spiel 1910 erstmals erschienen ist. Erste Auflagen aus Schmidts Werkstatt waren zunächst nur für den privaten Bekanntenkreis bestimmt.

Die gewerbliche Produktion begann 1914, dem offiziellen Gründungsjahr des Schmidt Spieleverlags. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs war „Mensch ärgere Dich nicht“ noch wenig bekannt. Aus einer privaten Initiative heraus wurden damals große Mengen von Sachspenden, sogenannte „Liebesgaben“, für die Truppen gesammelt. Da auch Brett- und Kartenspiele nachgefragt waren, spendete J. F. Schmidt 3000 seiner Spiele an Armee und Lazarette. Feldpostbriefe und Karikaturen belegen, dass das neue Spiel bei den Soldaten gut angekommen sei, gibt das Spielzeugmuseum Nürnberg an. Mit dem Kriegsende kam der Durchbruch: Bereits 1920 erreichte „Mensch ärgere Dich nicht“ eine Auflagenhöhe von einer Million Exemplaren.

Zahlreiche Verlage versuchten in der Folge, durch Plagiate und Nachahmungen vom anhaltenden Erfolg des Originalspiels zu profitieren. Rechtlich geschützt werden konnten nämlich nur Titel und Gestaltung, nicht aber die Spielidee an sich. Im Laufe der Jahrzehnte erschienen dann Spiele mit ähnlich klingenden Titeln wie „Der Mann muß hinaus“ oder „Mensch, verdrück Dich“. „Ärger-Spiele“ kamen also regelrecht in Mode. Letztlich konnten die Plagiate dem Original aus dem Schmidt Spiele-Verlag aber nicht schaden, sondern machten es nur noch bekannter: Über 90 Millionen Exemplare von „Mensch ärgere dich nicht“ dürften bisher verkauft worden sein.

Dieser außergewöhnliche Erfolg bildete die Basis für den raschen Ausbau des Firmensortiments, das bald viele andere Gesellschaftsspiele, Quartette und Spielemagazine, aber auch zum Beispiel Kinderwebstühle umfasste. Das Unternehmen wurde bis 1997 von den Nachfahren des Firmengründers geführt. Seitdem gehört die Schmidt Spiele GmbH zur Blatz-Gruppe in Berlin.

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Artikel vom 03.06.2020
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