Abstand mit Anstand

München · Über den richtigen Umgang der Menschen miteinander

Die Grünwalder Etikette-Trainerin Sophie von Seydlitz wirbt für "Abstand mit Anstand" in schwierigen Zeiten wie diesen. Bild re.: Auf Handküsse, selbst mit Maske und Handschuhen sollte man lieber verzichten, auf freundliche Worte indes nicht. F: Priv./CCO

Die Grünwalder Etikette-Trainerin Sophie von Seydlitz wirbt für "Abstand mit Anstand" in schwierigen Zeiten wie diesen. Bild re.: Auf Handküsse, selbst mit Maske und Handschuhen sollte man lieber verzichten, auf freundliche Worte indes nicht. F: Priv./CCO

München · Das Leben, das wir kannten wurde durch die Corona-Pandemie völlig auf den Kopf gestellt. Dinge, die als sicher galten, sind es auf einmal nicht mehr, die Planbarkeit des eigenen Lebens zumindest in Teilen auf den Kopf gestellt.

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Auch wenn sich nach einer zaghaften Schul- und Ladenöffnung am vergangenen Montag langsam wieder etwas mehr Normalität einschleicht, hat sich das Leben dramatisch verändert. Wer sich noch vor einem halben Jahr damit gebrüstet hätte, den Keller voller Toilettenpapier, Nudeln und Einmalhandschuhen zu haben, wäre mehr als schräg von der Seite betrachtet worden.

Die Hamsterkäufe der ersten Wochen haben aber gezeigt, welche Ängste in vielen Menschen schlummern. Aber sie hat auch gezeigt, wie viel Gutes in den Menschen steckt. Die Hilfsbereitschaft ist mindestens ebenso in der Gesellschaft angestiegen, wie ihr Verlangen sich mit Hygieneartikeln zu bevorraten.

So haben sich zahlreiche Menschen im Zeichen der Pandemie spontan bereit erklärt, für Menschen, die zur Risikogruppe gehören den Einkauf zu übernehmen, damit diese die eigenen schützenden Vier Wände nicht verlassen müssen, haben Jugendliche die Verteilung bei einigen Tafeln und Tischen des Landkreises übernommen, um die sehr viel älteren Personen, die ansonsten die Verteilung organisiert haben, zu entlasten.

Die Liste derer, die gerne ihre Zeit für andere einbringen wollten und wollen, ist lang. "Viele Menschen nehmen sich und ihre Mitmenschen auf einmal ganz anders wahr. Viele sind besonders freundlich, freuen sich, wenn man mal ein Schwätzchen mit ihnen hält", berichtet Sophie von Seydlitz, Business-Etikette-Trainerin von ihren Erfahrungen (www.business-etikette-seminar.com).

Ihr Beruf und ihre Berufung ist es, Menschen für den richtigen Umgang miteinander zu schulen. Auch wenn natürlich im Business andere Etikette-Regeln gelten als im normalen Alltag, so ist doch die Grundlage allen guten Benehmens der wertschätzende Umgang miteinander. "Wer weiß, wie er sich in welcher Situation zu benehmen hat, fühlt sich sicher. Wer sich sicher fühlt, kann selbstbewusster auftreten und wird auch anders wahrgenommen", fasst Sophie von Seydlitz zusammen und weiter: "Etikette ist unverzichtbar.

Denn überall da, wo man auf andere Menschen trifft, kann man durch gutes Benehmen die Stimmungen beeinflussen. Im privaten Bereich ebenso wie im beruflichen Alltag, bei Veranstaltungen, Messen, Konferenzen, Einladungen und anderen Anlässen." Gerade jetzt in Zeiten großer Unsicherheit und vieler Ängste ist ein wertschätzender Umgang miteinander von großer Bedeutsamkeit und Balsam für die Seele.

Alte Regeln, wie beispielsweise, dass man sich zur Begrüßung die Hand reicht, sind außer Kraft gesetzt. "Eine freundliche Begrüßung ist aber in angespannten Zeiten wichtiger denn je", ist sich Sophie von Seylitz sicher. Selbst wenn man dabei zum Beispiel eine Maske trägt, sieht der andere, wenn man ihn freundlich anlächelt und ihm respektvoll in die Augen schaut. Sich bei der Begrüßung in die Augen zu schauen hat aber nicht nur etwas mit dem nötigen Respekt zu tun, sondern strahlt auch Selbstbewusstsein aus, verrät sie.

"Viele Menschen haben in diesen Zeiten mehr denn je das Bedürfnis ein Schwätzchen zu halten. Wenn man die Zeit dazu hat und das haben ja momentan in Zeiten von Kurzarbeit und eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten viele, ist es auch ein Zeichen von Mitmenschlichkeit, dem anderen ein wenig sein Ohr zu leihen", fasst die Grünwalderin ihr Sicht der Dinge zusammen.

Abstand halten ist in dieser Zeit gefragt, um sich und andere zu schützen, nicht nur beim Einkaufen im Supermarkt, sondern auch beim Spaziergang oder in der Arbeit. Das kann aber auch mit den nötigen Respekt und einer freundlichen Zugewandtheit verbunden sein. "Abstand mit Anstand" lautet für mich die oberste Regel zur Zeit", fasst es die Etikette-Trainerin zusammen.

Eine Folge des Umdenkens bei vielen Menschen sei auch der für viele neu entdeckte Respekt für die Arbeit von Personen, die im Einzelhandel tätig sind, aber auch von Menschen, die in der Pflege arbeiten. "Selbstverständlichkeiten sind neu in den Fokus gerückt, die Wahrnehmung hat sich bei vielen verändert", stellt Sophie von Seydlitz fest.

Ihre Hoffnung, und die vieler anderer Menschen ist nun, dass die neue Zugewandtheit und der respektvollere Umgang miteinander auch noch nach Corona anhalten werden, das wäre immerhin ein Gewinn für alle, der noch dazu vollkommen krisensicher sei. hw

Artikel vom 01.05.2020
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