Gemeinsam Lösungen finden

Die Schuldnerberatung der Caritas für den Landkreis stellt sich vor

Der erfahrene Schuldnerberater Klaus Binder von der Caritas Münchnen Land rät dazu sich rechtzeitig Hilfe zu holen, wenn einem die Schulden über den Kopf wachsen. Foto: hw/Archiv

Der erfahrene Schuldnerberater Klaus Binder von der Caritas Münchnen Land rät dazu sich rechtzeitig Hilfe zu holen, wenn einem die Schulden über den Kopf wachsen. Foto: hw/Archiv

München/Landkreis · Corona hat viele Menschen, neben dem gesundheitlichen und sozialen Aspekt, auch vor massive finanzielle Probleme gestellt. Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder der Wegfall eines 450-Euro-Jobs, mit dessen Einnahmen man bislang fest rechnen konnte, können die finanzielle Abwärtsspirale schnell in Gang setzen, denn viele Menschen verfügen im teuren München kaum über finanzielle Reserven, von denen sie in dieser Zeit zehren können.

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So berichtete Claudia Mammach, die bei der Caritas Landkreis München den Bereich „Soziale Dienste“ leitet, von zahlreichen verzweifelten Anrufen von Menschen, deren Geld nicht mehr für das Nötigste reiche. Wer mit seinen Schulden nicht mehr zurechtkommt, bzw. zu diesem Thema dringend eine Beratung braucht, kann die Dienste der Schuldnerberatung der Caritas im Landkreis München in Anspruch nehmen.

An vier Standorten wird dieser kostenlose Service angeboten, der für alle Landkreisbürger offen steht:

In Unterschleißheim Im Klosterfeld 14 b (Tel. 32183221), in Ottobrunn in der Putzbrunner Straße 11a (Tel. 60852034), in Taufkirchen Am Bahnsteig 14 (Tel. 9605170) und in Haar im Jagdfeldring 17 (Tel. 46236710) sowie ergänzend zur Caritas in Oberschleißheim bei der Nachbarschaftshilfe Am Magarethenanger 1 (Tel. 31567663)

„In der Schuldnerberatung sind Anfragen für eine Erstberatung, die auf dem Hintergrund von Corona entstehen, derzeit noch eher die Ausnahme, aber wenn die Krise weiter anhält, werden diese sicherlich auch vermehrt bei uns ankommen“, erklärt der langjährige Schuldnerberater Klaus Binder, der in der Beratungsstelle in Taufkirchen arbeitet. Denn für viele Menschen ist es ein schwerer, mit Scham besetzter Schritt, ihre finanziellen Verhältnisse offen vor jemanden, einem zunächst Außenstehenden, auszubreiten. Gerade in einem Erstgespräch geht es daher, so Klaus Binder, zunächst einmal um den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, bei dem die "Schweigepflicht" natürlich oberster Grundsatz ist.

Erschwert wir der persönliche Kontakt in der Beratung derzeit dadurch, dass aus Gründen des Schutzes für Ratsuchende und Berater/innen, die Beratungen, insbesondere die Erstberatungen, überwiegend telefonisch erfolgen. Denn nicht allen Ratsuchenden ist es möglich, ihre Situation und ihre Anliegen (am Telefon) klar formulieren zu können. Hier bedarf es für die Berater/innen eines genauen Hörens und zielgerichteter Nachfragen, um sowohl die Person, als auch die oft komplexen Zusammenhänge einer Schuldensituation richtig zu erfassen, um dann geeignete Maßnahmen einer Hilfe und Unterstützung anregen zu können.

Es ist zu erwarten und zu hoffen, dass die persönliche Beratung vor Ort in den kommenden Wochen und Monaten, abhängig von den getroffenen Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung, unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen (z.B. aureichender Abstand, das Tragen von Schutzmasken) wieder verstärkt möglich sein wird.

„Am Anfang eines jeden Gesprächs steht immer die Bestandaufnahme. Welche Einnahmen gibt es und welche fixen Ausgaben müssen davon beglichen werden“, wo gibt es Schulden, die besonders drücken, berichtet Klaus Binder. Das wichtigste sei dabei immer, zunächst die Existenzgrundlage einer Person oder einer Familie zu sichern. Droht z.B. die Gefahr einer Kontopfändung, so ist es unbedingt erforderlich ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) zu haben, bei dem im Rahmen eines bestimmten Freibetrages ein Schutz vor Pfändungen besteht. Ob sich das bestehende Girokonto für eine Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto eignet oder ob hierfür ein neues Konto nötig ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Die Einleitung einer geeigneten Schuldenregulierung kann erst beginnen, wenn sich die Haushaltsituation so stabilisiert hat, dass die Entstehung neuer Schulden nicht mehr zu erwarten ist.

Als Grundsatz gilt: Je früher die Ratsuchenden die Hilfe von erfahrenen Schuldnerberater/innen in Anspruch nehmen, desto einfacher und schneller können Maßnahmen greifen, die aus der Schuldensituation herausführen. Deshalb sollten auch alle, die auf dem Hintergrund von Corona aktuell in finanzielle Engpässe oder bereits in eine Schuldensituation geraten sind, sich nicht scheuen, eine kompetente Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Denn gerade dann, wenn die angespannte finanzielle Situation, z.B. durch Kurzarbeit, voraussichtlich nur vorübergehend ist, können die Berater/innen durch Verhandlungen mit Banken, sonstigen Gläubigern, Vermietern oder Behörden Lösungen erreichen (z.B. Stundungen, Ratenreduzierungen), die finanziell und psychisch entspannend wirken.

„Manchmal hilft es auch, ein Haushaltsbuch zu führen, da viele Menschen nur eine diffuse Ahnung haben, wo ihr Geld eigentlich bleibt. Da kann das Führen eines Haushaltsbuches Klarheit über das eigene Ausgabenverhalten bringen“, erläutert Binder. Im Bedarfsfall werden auch Anträge bei Stiftungen gestellt, um kurzfristig Notlagen zu mildern.

Im vergangenen Jahr nutzten im Landkreis München 1.287 Menschen das Angebot der Schuldnerberatung, davon waren 753 Klienten männlich. Die Hauptgruppe der Beratungssuchenden ist zwischen 30 und 50 Jahre alt (602 Personen), aber auch der Anteil der Rentner steigt kontinuierlich. Lag der Anteil der Klienten im Alter über 65 Jahre im Jahr 2010 noch bei 5,96 Prozent, stieg er im Jahr 2019 auf 9,17 Prozent.

In mindestens einem Drittel der betroffenen Haushalte leben zudem minderjährige Kinder. Die Gründe für die wirtschaftliche Misere der Klienten sind vielfältig, viele der Betroffenen haben durch Erkrankung oder einen Unfall ihre Arbeit verloren, aber auch Trennungen und gescheiterte Selbstständigkeiten gehören zu den Ursachen für die finanziellen Probleme, um nur einige der Ursachen aufzuführen.

Egal, ob der Schuldenberg schon länger besteht oder sich erst aufzutürmen droht, das offene Gespräch im geschützten Rahmen einer Schuldnerberatung ist der erste wichtige Schritt. Denn fast immer lassen sich lösungsorientierte Maßnahmen finden, die kurz- und mittelfristig zur Linderung der finanziellen Not und längerfristig zur Schuldenfreiheit führen. Gerade in der jetzigen Situation ist es aber unbedingt erforderlich, vorab einen Termin für eine Beratung zu vereinbaren.

Die Verwaltungsmitarbeiterinnen der Caritas werden am Telefon prüfen, ob zunächst die Allgemeine Soziale Beratung, deren Mitarbeiter/innen an den verschiedenen Standorten mit der Schuldnerberatung unter einem Dach arbeiten, die geeignete Anlaufstelle ist (z.B. bei Behördenkontakten, Stiftunganträgen etc.) oder ob die Schuldnerberatung die Stelle ist, die jetzt benötigt wird. hw

Artikel vom 23.04.2020
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