"Niemand ist allein"

Münchner Tafel in Zeiten von Corona: "Ausreichend Lebensmittel sind da"

Seit 25 Jahren verteilt die Münchner Tafel im ganzen Stadtgebiet an 27 Ausgabestellen an bedürftige Münchner. Moritz ist einer von vielen freiwilligen Helfern bei der zentralen Lebensmittelausgabe am Großmarkt. F: Münchner Tafel

Seit 25 Jahren verteilt die Münchner Tafel im ganzen Stadtgebiet an 27 Ausgabestellen an bedürftige Münchner. Moritz ist einer von vielen freiwilligen Helfern bei der zentralen Lebensmittelausgabe am Großmarkt. F: Münchner Tafel

München · Die Corona-Krise hat die ganze Gesellschaft im Griff, besonders aber die Schwächsten. Der eine verliert zahlreiche Arbeitsstunden, der andere vielleicht den ganzen Job. Armut kann schließlich jeden treffen. "Deshalb ist es überhaupt keine Schande, wenn Sie uns um Hilfe bitten", appelliert die Münchner Tafel.

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Die Münchner Wochenanzeiger erklären, wie der gemeinnützige Verein die kostenlose Essensausgabe für Bedürftige in Zeiten von Corona am Laufen hält - und zeigt somit ein wundervolles Beispiel auf, wie die Münchner Tafel dank spontaner Mithilfe mehrerer hundert Ehrenamtlicher die Krisenzeit stemmt.

An Bedürftige verteilen statt vernichten

Das Corona-Virus Covid-19 grassiert in München und der ganzen Welt. Am 16. März rief Ministerpräsident Söder den Katastrophenfall aus und seit 21. März dürfen wir unsere Wohnung nicht mehr nach Lust und Laune verlassen. "Niemand ist allein", verspricht Söder. Am Beispiel "Münchner Tafel", die gerade in solchen ungewissen Momenten zum Einsatz kommt, trifft dies zu. Seit 25 Jahren unterstützt sie bedürftige Münchner mit Lebensmitteln, egal ob bei Schnee, Eis oder Hitze. Bisher hat jede Ausgabe stattgefunden. Pro Jahr rettet die Tafel laut Webseite rund 6,5 Millionen Kilogramm guter und originalverpackter Lebensmittel. An Bedürftige verteilen statt vernichten, lautet die Devise.

Derzeit findet die reguläre Ausgabe in den einzelnen Stadtteilen nicht statt. Jedoch soll keiner der rund 20.000 Tafelgäste, darunter Senioren, Kranke und Alleinerziehende, hungern müssen. "Die Nahrungsversorgung ist gesichert", manifestiert Pressesprecherin Angela Zacher. Die Ausgabe von den Lebensmitteln findet allerdings fortan - und ausschließlich - von Montag bis Samstag zentral am Großmarkt in der Thalkirchner Straße 81 statt. Die geräumigen Flächen am Westtor gewährleisten den erforderlichen Abstand zwischen den Tafelgästen, Mitarbeitern und Lebensmitteln. Hannelore Kiethe, die die Vorsitzende der Münchner Tafel ist, äußert sich zu den veränderten Umständen: „Wir sind sehr dankbar, dass die Großmarkthalle München so schnell auf die Ausgangsbeschränkung reagiert und uns ihre Hilfe und Unterstützung zugesichert hat“. Da es nur noch diese eine Ausgabestelle gibt, ist eine gute Organisation unentbehrlich. Daher ist geregelt, welche Gäste, wann kommen sollen. Informationen dazu gibt es laufend auf der Webseite der Tafel.

Am Westtor der Großmarkthalle teilen die Helfer die Lebensmittel aus, etwa Frischwaren von Spendern, Sponsoren, Händlern und Supermärkten, wie Obst, Gemüse oder Brot, erklärt Angela Zacher. Hungern muss also keiner.

Wer das Haus nicht verlassen kann oder will, für den steht eine Lösung parat. "Tafelgäste, die zur Risikogruppe gehören, können eine andere Person zur Lebensmittelausgabe schicken. Das können Verwandte, Freunde oder auch Nachbarn sein. Die stellvertretende Person benötigt dazu nur eine schriftliche Erlaubnis sowie eine Kopie bzw. ein Handyfoto des Tafelausweises", erläutert Zacher. Die Pressesprecherin zieht eine erste Bilanz: "Derzeit ist die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung sehr groß."

Ohne Hilfe geht nichts

Bei der Münchner Tafel arbeiten rund 650 ehrenamtliche Mitarbeiter, viele davon sind im Rentenalter und gehören damit selbst der Hauptrisikogruppe an. Daher pausieren momentan Fahrer oder Mitarbeiter an den Ausgabestellen. Junge Menschen wie Moritz, die nicht zur Hauptrisikogruppe gehören, kamen bereits im Nu mit ihrer tatkräftigen Hilfe. "Derzeit haben wir genügend Helfer", bedankt sich Zacher, "neben den Ehrenamtlichen der Münchner Tafel setzen sich vor allem Studenten und junge Erwerbstätige, die derzeit freigestellt sind, mit ganz viel Engagement dafür ein, dass die Lebensmittel weiterhin an bedürftige Münchner verteilt werden können."

Die Zahl der Bedürftigen steigt

Schon seit Jahren setzt dabei die Münchner Tafel die strengen hygienischen Vorgaben der Lebensmittelüberwachung um und musste kurzfristig größere Mengen an Latexhandschuhen, Desinfizier- und Reinigungssprays sowie Schutzmasken hinzukaufen. "Gerade jetzt können wir jeden gespendeten Euro sehr gut gebrauchen – auch hinsichtlich der ansteigenden Zahl an Bedürftigen", so Angela Zacher.

Eine der Bezieherinnen ist Inna (Name geändert). Sie ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern und sucht regelmäßig die Tafel auf. "Doch heute war ein ganz besonderer Tag", sagt sie. "Trotz Corona-Krise, Einschränkungen und Stress sah ich so viele Leute, so viel Freude und so viele Nahrungsmittel. Ich habe bis 22 Uhr abends gekocht, gebacken und tiefgefroren - und hatte nur einen Gedanken im Kopf - vielen herzlichen Dank an die Tafel zu sagen." Dank der Hilfe von Moritz und vielen mehr kann die Tafel auch in Krisenzeiten offen bleiben. Und darüber hinaus.

Wichtige Informationen:

Wo gibt es Infos?
Derzeit informiert die Tafel ihre Gäste auf verschiedenen Wegen über die veränderten Umstände. Neben Aushängen in den Stadtteilen und Flugzetteln in mehreren Sprachen werden tägliche Änderungen über die Homepage www.muenchner-tafel.de veröffentlicht. Tafelgäste können sich zusätzlich über die Hotline 0172/8133 956 informieren.

Wer bekommt die Hilfe?
Um die Lebensmittel-Hilfe in Anspruch nehmen zu können, muss die Hilfsbedürftigkeit nachgewiesen werden. Die Tafel hilft denjenigen, die abzüglich der Miete nicht mehr als 432 Euro pro Monat zum Leben haben. Dann erhält man einen Berechtigungsausweis.

Die Anmeldung hierfür erfolgt telefonisch. Diese findet immer mittwochs zwischen 14 und 15.30 Uhr unter 089/292250 statt. Aufgrund der großen Nachfrage kommt es zur Zeit zu überlasteten Telefonleitungen. Man muss einfach hartnäckig sein und es immer wieder versuchen.

Wer kann wann kommen?
Für die Woche vom 1. bis 4. April dürfen Tafelgäste folgender Ausgabestellen Lebensmittel am Westtor des Großmarkts (mit gültigem Tafel-Ausweis) abholen:

Mittwoch, 1. April:
12.30 Uhr Großmarkt
13.30 Uhr Moosach
14.30 Uhr Hasenbergl
15.30 Uhr Milbertshofen

Donnerstag, 2. April:
13.30 Uhr Milbertshofen
13.30 Uhr Oberföhring
15.30 Uhr Schwabing

Freitag, 3. April:
12.30 Uhr Großmarkt
13.30 Uhr Schwabing
14.30 Uhr Freimann
15.30 Uhr Isartalstraße

Samstag 4. April:
10 Uhr Großmarkt
11.30 Uhr Neuhausen
11.30 Uhr Berg am Laim

Um eine koordinierte Ausgabe der Lebensmittel zu gewährleisten, bittet die Tafel darum, nicht im Büro anzurufen, sondern unter 0172/8133 956. Unter dieser Nummer erfahren Tafelgäste, ob ihre Ausgabe an dem jeweiligen Tag stattfindet.

Von Daniel Mielcarek

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Diskussion um Diskriminierungen bei den Tafeln
Artikel vom 13.03.2018: »Alle haben gleich Hunger«
Interview mit Caritas-Nord-Vorstand Gabriele Stark-Angermeier zur Diskussion über Tafeln
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