Die Richtung stimmt

Tierschutzverein München präsentiert seine Jahresbilanz

Christine Strobl und Hündin Heidi hatten sofort einen Draht zueinander. Das Katzenhaus des Tierheims (kl. Foto) ist ein kleines Schmuckstück geworden. Das aktuell im Bau befindliche Hundehaus wird die Ausstattung des Tierheims weiter verbessern. F: cr

Christine Strobl und Hündin Heidi hatten sofort einen Draht zueinander. Das Katzenhaus des Tierheims (kl. Foto) ist ein kleines Schmuckstück geworden. Das aktuell im Bau befindliche Hundehaus wird die Ausstattung des Tierheims weiter verbessern. F: cr

Riem/München · Münchens dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) ist unter anderem bekannt für ihre Tierliebe. Deshalb ist es der Kommunalpolitikerin auch persönlich wichtig, dass zum Beispiel das Katzenhaus des Münchner Tierheims mit einem städtischen Zuschuss von 750.000 Euro errichtet werden konnte.

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Kritik an dieser Stadtratsentscheidung, für die Tiere werde so viel Geld ausgegeben, hält sie für unangebracht. "Im Schulbauprogramm haben wir bis jetzt Maßnahmen für 4,5 Milliarden Euro geplant", hält Strobl dann entgegen. Dennoch: Die Projektförderung für Schulen wie auch fürs Tierheim seien Bestandteil des städtischen Lebens, erklärte sie jüngst bei der Präsentation der Jahresbilanz des Tierschutzvereins.

Der Verein würde sich über mehr finanzielle Unterstützung nicht beklagen. Dabei konnte der Vorstandsvorsitzende Kurt Perlinger am Dienstag eine anhaltend positive Bilanz präsentieren. Das chronische Defizit der Vergangenheit stellte sich für 2018 als Überschuss von über 440.000 Euro dar - das fünfte Jahr in Folge. Was der Verein in Wahrheit auf die Beine stellt, lässt sich erst erkennen, wenn man die Kostenerstattung für Pflichtaufgaben für Fund- und Verwahrtiere gegenüberstellt. Von den 3,1 Millionen Euro hat der Tierschutzverein im vergangenen Jahr über 2,1 Millionen selbst gestemmt, resultierend aus den Einnahmen.

Die restliche Million haben Stadt und Landkreis München gezahlt. Die kommunalen Behörden stehen nämlich in der Pflicht, sich um Fund- und Verwahrtiere zu kümmern. Der Tierschutzverein übernimmt diese Aufgabe und wird dafür entschädigt, allerdings bei weitem nicht kostendeckend. Die Kommunen sind nämlich nur für die ersten 28 Tage der Unterbringung verantwortlich.

Alles, was darüber hinaus geht, bezahlt der Tierschutzverein. Die 28 Tage sind jedoch alles andere als realistisch. Ein Hund zum Beispiel, der keinen Impfnachweis hat - was bei Fundtieren der Regelfall ist - muss zunächst mal für mindestens vier Wochen in Quarantäne, meistens länger, bis zu drei Monate. Auch andere Tiere sind kaum mal nur 28 Tage im Tierheim. Die Vermittlung von Tieren, eines der "Kerngeschäfte" des Tierheims, ist kein Selbstläufer. Das gilt vor allem für 35 Hunde, zwölf Katzen und über 200 Kleintiere (z. B. Vögel oder Nagetiere), die als "Dauersitzer" bereits seit über einem halben Jahr auf ein neues Zuhause warten.

Noch immer gibt es in München einen Markt für illegal eingeführte Welpen.

Der Tierschutzverein wäre schon längst ein Fall für den Insolvenzverwalter, wenn nicht so manche Spende überdurchschnittlich hoch ausfiele. Rund 64 Prozent seiner Einnahmen hat der Verein im vergangenen Jahr aus Spenden generiert, davon 45 Prozent aus Erbschaften. Perlinger: "Wir erben die eine oder andere Eigentumswohnung." Klingt komfortabel, ist aber für den Verein überlebensnotwendig. Dabei wird nicht alles für die Tiere zu Geld gemacht: "Wir behalten auch mal eine Wohnung für unsere Beschäftigten." Wer in der bewusst schlanken Verwaltung des Tierschutzvereins arbeitet, gehört nicht eben zu den Besserverdienern. Das ist ein Teil des Jobs, den man ohne viel Idealismus kaum ausüben könnte, zumal in einer teuren Stadt wie München.

Die Bedingungen, unter denen der Tierschutzverein seine wichtige Arbeit macht, sind nicht optimal, aber sie werden besser. Nach dem Katzenhaus baut der Verein aktuell ein multifunktionales Hundehaus. Das Tierheim benötigt dieses besonders vor dem Hintergrund des illegalen Welpenhandels, der nach wie vor floriert, besonders in Bayern. Weil die Tiere meist von den Balkanländern aus nach Deutschland geschmuggelt werden, kommen sie in der Regel als Erstes im Freistaat an. In München gibt es immer noch Abnehmer für die oft kranken Tiere. Deshalb lohnt sich das schmutzige Geschäft auch dann noch, wenn so mancher Händler gefasst wird. Die Welpen kommen dann wortwörtlich aus dem Kofferraum ins Münchner Tierheim.

Die überholte Ausstattung hat den Verein vor große Probleme gestellt. Das ändert sich jetzt mit dem neuen Hundehaus, in dem auch die "Listenhunde" landen. Dabei handelt es sich um gefährliche Rassen der Kategorie I, allgemein bekannt als Kampfhunde.

Weil es kaum eine Möglichkeit gibt, eine Haltererlaubnis zu erlangen, werden diese Hunde illegal gehalten. Sie würden zwar bei der Stadt angemeldet, wie Claus Reichinger, zweiter stellvertretender Vorsitzender des Tierschutzvereins München, erläutert, allerdings werde dabei eine andere Rasse angegeben. Weil das nicht geprüft werde, werde die illegale Haltung dieser Tiere erleichtert. Irgendwann kommt es dann doch raus und das Tierheim bekommt einen Hund, der nur jenseits der Landesgrenzen vermittelt werden kann. Weil aber die anderen Bundesländer und auch Österreich mittlerweile die Vermittlung vermehrt ablehnen, haben diese Tiere keine Chance mehr auf ein neues Zuhause - eine Folge der bayerischen Politik, wie Reichinger kritisiert. Deshalb engagiert sich der Verein gegen das faktische Verbot der Listenhunde in Bayern. Die pauschale Verurteilung dieser Rassen als unwiderruflich aggressiv stößt im Tierschutzverein auf Unverständnis. Ausbaden muss das alles das Tierheim, das immer mehr Plätze mit den nicht vermittelbaren Hunden belegen muss, zulasten der anderen Fund- und Verwahrhunde. Auch diese könnten, wie alle Tiere im Tierheim, eine Geschichte erzählen, oft eine Leidensgeschichte.

Das Tierheim vermittelt auch kranke Tiere; einen älteren Hund mit einer Herzerkrankung und Epilepsie, der ansonsten einen fidelen Eindruck macht. Einem anderen wurde eine bösartige Geschwulst entfernt. Wieder ein anderer hat Probleme mit den Gelenken - das Alter…
Diese Tiere haben genauso ein schönes Zuhause verdient. Ein Tier fordert viel, vor allem Verantwortung. Aber: "Ein Tier gibt auch viel", so Christine Strobl.

Mit der Verantwortung ist das so eine Sache. Darüber sollten vor allem all jene nachdenken, die mit dem Gedanken spielen, zu Ostern ein Tier zu verschenken.

Hunde, Katzen und Kaninchen sind da sehr beliebte Kandidaten. Das Osterfest geht vorbei, die Freude über das Geschenk auch, aber das Tier bleibt und muss versorgt werden. Deshalb sollte man ein Tier nur dann in sein Zuhause und die Familie aufnehmen, wenn man sich ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Der Tierschutzverein klärt über alle wichtigen Aspekte auf und berät Interessenten - nicht nur zu Ostern. Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 12.04.2019
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