Was wird aus dem Forst?

Landkreis · Emotionale Debatte um die Zukunft des Ebersberger Forstes

Südlich von Alxing steht das bisher einzige Windrad im Landkreis Ebersberg. Derzeit wird  geprüft, ob auch der Ebersberger Forst ein geeigneter Standort wäre.	Foto: Stefan Dohl

Südlich von Alxing steht das bisher einzige Windrad im Landkreis Ebersberg. Derzeit wird geprüft, ob auch der Ebersberger Forst ein geeigneter Standort wäre. Foto: Stefan Dohl

Landkreis · Das Windrad in der Gemeinde Bruck ist bisher das einzige im Landkreis Ebersberg. Wahrscheinlich nicht mehr lange. Derzeit gibt es Bestrebungen im Ebersberger Forst fünf Windräder zu errichten, die mal bis zu zehn Prozent des Landkreisstrombedarfs decken könnten.

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»Wenn der Landkreis sein ambitioniertes Ziel erreichen will, bis zum Jahr 2030 frei von fossilen und anderen endlichen Energieträgern zu werden, kann nicht auf die Windenergie verzichtet werden«. So argumentiert Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr. Und da die Zahl der möglichen Standorte für Windräder im Landkreis aufgrund der 10 H-Regelung sehr begrenzt sind, wäre der Forst ein optimaler Standort. Unterstützung erhält Gröbmayr unter anderem vom Bund Naturschutz, aus den Reihen der Politik und aus dem Landratsamt. Doch der Widerstand gegen dieses Energieprojekt ist groß. Die Bürgerinitiative St-2080 Schwaberwegen und Moos e.V. aus Forstinning startete nach Bekanntwerden dieser Pläne erfolgreich die Online-Petition »Hände weg vom Ebersberger Forst« (www.openpetition.de). Bis Mitte September haben sich mehr als 7.300 Unterstützer dieser Petition angeschlossen, darunter auch über 5.500 Personen aus dem Landkreis Ebersberg. Ihre Argumentation: »Die Projektierung von Windkraftanlagen inmitten des Ebersberger Forstes stellt eine exorbitante Bedrohung für das Landschaftsschutzgebiet dar. Ohne Rücksicht auf Verluste von Flora und Fauna werden massive Eingriffe in den Bannwald Ebersberger Forst geplant«. »Wir befürchten einen Dominoeffekt, sollte auch nur ein Bauvorhaben dort verwirklicht werden. Am Ende bliebe nur noch ein Flickenteppich übrig, der weder für die Bevölkerung noch für die heimische Tier- und Pflanzenwelt einen großen Wert hätte«, meinen Kerstin Mertens und Veronika Schantz von der Schutzgemeinschaft Ebersberger Forst, welche die Petition ebenfalls unterstützt. Zudem richtet sich die Initiative gleichermaßen gegen die geplante Ortsumfahrung im Forstinninger Ortsteil Schwaberwegen (Der Kurier Ebersberg berichtete). »Allein die jetzt geplante Umgehungsstraße bei Forstinning würde unwiderruflich rund 30.000 qm Wald zerstören sowie ca. 150.000 qm Wald und wertvolle ökologische Flächen vom Ebersberger Forst abtrennen«, heißt es hierzu im Petitionsschreiben. »Für jedes Windrad werden ca. 15.000 qm Wald gerodet. Bei fünf Windrädern wäre dies eine Zerstörung von 75.000 qm wertvollen Waldbiotops.« Seltene Tierarten wie die Fledermaus und der Schwarzspecht, seien zudem durch die Rotorblätter bedroht. Deswegen fordert die Petition die offiziellen Stellen dazu auf, jegliche Eingriffe im Ebersberger Forst zu unterlassen.

Naturschutz versus Klimaschutz?

Adressat dieser Petition ist Landrat Robert Niedergesäß. In einer öffentlichen Stellungnahme äußerte er sich zu der heiklen Thematik und relativiert die Befürchtungen der Planungs-Gegner. »Der Ebersberger Forst ist mit seiner Größe und seiner Naturausstattung ein ökologisches Juwel im Landkreis, was in seiner Gesamtheit weiterhin geschützt werden muss«, so Niedergesäß. »Dieses Juwel wird aber aus meiner Sicht in der Abwägung keinen Schaden nehmen, wenn im Forst eine begrenzte Anzahl von Windrädern errichtet werden sollte, meiner Meinung nach maximal 5!«. Ähnlich argumentiert auch Willi Frisch von der Energiewende Vaterstetten: »Beim Bau sind es lediglich 0,03 Prozent (drei zehntausendstel) der Forstfläche, dauerhaft werden nur 0,003 Prozent (drei hunderttausendstel) versiegelt. Der Ebersberger Forst ist durch sehr gut ausgebaute, geradlinige Forstwege erschlossen, so dass wohl keine weiteren Zufahrtswege zu den Windradbaustellen nötig sind. Die Stromleitungen können neben den vorhandenen Zufahrtswegen ohne zusätzliche Eingriffe verlegt werden. Das heißt, der minimale Eingriff ist im Vergleich zum Nutzen vertretbar.« Außerdem drohe die Gefahr, so Frisch weiter, angesichts der globalen Erderwärmung mittelfristig den kompletten Ebersberger Forst zu verlieren. »Nur wenn wir in Deutschland und damit auch im Landkreis Ebersberg Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen, können wir davon ausgehen, dass auch andere diesem Beispiel folgen und damit die globale Erderwärmung gestoppt werden kann«, appelliert Frisch an die Gegner des geplanten Windparks.

Ein Gutachten soll Klarheit bringen

Bereits im Mai hat der Landkreis eine Untersuchung in Auftrag gegeben die prüfen soll, ob sich der Windpark mit der Schutzverordnung des Ebersberger Forstes in Einklang bringen lässt. »Dies ist für eine sachliche Diskussion und eine ordentliche Abwägung sehr wichtig«, verdeutlicht Landrat Niedergesäß. »Sollte das Gutachten zum Ergebnis kommen, dass die geplanten fünf Windräder im Landschaftsschutzgebiet Ebersberger Forst nicht möglich sind, dann ist für mich persönlich die Diskussion an dieser Stelle beendet.« Kommt das Gutachten hingegen zu einem anderen Urteil, ist der Windpark im Ebersberger Forst wahrscheinlich nur noch eine Frage der Zeit. Das Ergebnis – in diesem Herbst – wird von beiden Seiten mit großer Spannung erwartet.

Dauerthema Ortsumfahrung

Bei der Diskussion um die Ortsumfahrung bei Schwaberwegen steht Landrat Niedergesäß fest hinter dem Beschluss des Forstinninger Gemeinderates. »Der Gemeinderat in Forstinning steht als gewählte Volksvertretung parteiübergreifend und einstimmig hinter diesem Vorhaben. Dieses demokratische Votum des zuständigen politischen Gremiums respektiere ich!« Auch die Beschlüsse des Straßenbauamts Rosenheim befürworten eine Umfahrung. Carl Teine von der Bürgergruppe »Schwaberwegen/ Moos pro Umgehungsstraße« sieht gar eine Instrumentalisierung der Windkraft-Debatte durch die Petition »Hände weg vom Ebersberger Forst«. »Wir sind der Meinung, dass die beiden Themen strikt getrennt werden müssen«, fordert Teine. »Wo bleibt bei der Diskussion der Schutz des Menschen. Jeder der die Situation vor Ort kennt wird zugeben, dass über 12.000 Kfz, davon mehr als 1.000 Lkw und Schwerverkehr eine unzumutbare Gefährdung der Anwohner darstellt.« Die Initiatoren der Petition zum Schutz des Forstes indes kündigen weiteren Widerstand an. »Wir werden bei allen zuständigen Entscheidern auf kommunaler und landespolitischer Ebene, die Unantastbarkeit des Ebersberger Forstes einfordern und darauf dringen, dass dieses einmalige Waldgebiet – in der Größe wie es schon seit mehr als 200 Jahren existiert – bewahrt bleibt!« Das letzte Wort in dieser emotionalen Debatte um das »Juwel des Landkreises« ist mit Sicherheit noch lange nicht gesprochen.

Stefan Dohl

Artikel vom 20.09.2018
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