»Die Ziege oder wer ist Sylvia?« – Premiere von Bernd Seidels Inszenierung

Grenzüberschreitungen ohne Schuldfrage

Im Mittelpunkt stehen Martin (Patrick Gabriel, 2.v.l.), seine Ehefrau Stevie (Sandra Heuer), ihr Sohn Billy (Frank Rafael Bosse, l.) der Journalist Ross (Manuel Castillo) – und Sylvia (ihre Ziegenhörner bilden bei Martin symbolisch Flügel).	Foto: VA

Im Mittelpunkt stehen Martin (Patrick Gabriel, 2.v.l.), seine Ehefrau Stevie (Sandra Heuer), ihr Sohn Billy (Frank Rafael Bosse, l.) der Journalist Ross (Manuel Castillo) – und Sylvia (ihre Ziegenhörner bilden bei Martin symbolisch Flügel). Foto: VA

Ottobrunn · Zum Auftakt der neuen Theatersaison wird Bernd Seidels neue Eigeninzenierung am Samstag, den 14. Oktober um 19.30 Uhr im Wolf-Ferrari-Haus (WFH) aufgeführt. Der künstlerische Berater des WFH hat sich in diesem Jahr für die preisgekrönte, aber nicht ganz unumstrittene Tragikomödie »Die Ziege oder wer ist Sylvia?« von Edward Albee entschieden.

Albee erzählt am Beispiel einer jungen, modernen Familie eine Geschichte, in der es ihm nicht um platte dekadente Entgleisungen, sondern vielmehr um die Frage geht: Wie weit lasse ich in einer zunehmend bigotten und reaktionären Gesellschaft Grenzüberschreitungen zu?

Verliebt in eine Ziege
Der erfolgreiche, jung-dynamische Familienvater Martin Gray verliebt sich ausgerechnet in eine Ziege und wird daraufhin von allen an den Pranger gestellt. Aufgrund seiner romantischen Regungen stürzt einiges auf ihn herein: Sein bester Freund, der Journalist Ross, missbraucht sein Vertrauen und schwärzt ihn per Brief bei Grays Frau Stevie an. Das Drama findet seinen Lauf, und die Vorwürfe und Auseinandersetzungen werden immer extremer. In grotesken und komödiantischen Szenen wird das Drama um Gray eindrucksvoll beschrieben. Albee – und das ist das eigentlich Interessante – stellt überhaupt keine Schuldfrage, sondern überlässt es dem Betrachter, wie er die Situation einschätzt. Der vor einem Jahr verstorbene Autor hatte bereits 1962 mit der bitteren Ehesatire »Wer hat Angst vor Virginia Woolf?« für Aufsehen gesorgt.

Attraktives, junges Ensemble
Regisseur Bernd Seidel hat sich bereits durch zahlreiche aufsehenerregende Inszenierungen wie beispielsweise Macbeth, Der Menschenfeind, Struwwelpeter für Erwachsene nicht nur im Münchner Raum einen Namen gemacht. Er hat sich für sein neues Stück ein besonders attraktives, junges Ensemble zusammengestellt und eröffnet dem Zuschauer durch seine unverkennbaren Theaterstilmittel eine ganz spezielle Sichtweise auf die Gefühlswelten der Charaktere. Die Darsteller trommeln, bewegen sich ausdrucksstark und begeben sich in und über Grenzen. Die fantastischen Gemälde und Kostüme von Monique Kammin unterstützen die besondere Theater-Magie. VA

»Das Theater hat für mich einen Kulturauftrag: Es soll aufwühlen, mutig sein, neugierig machen, zum Nachdenken anregen. Genau das macht mein neues Stück: Es geht um Grenzüberschreitungen, moralische Fragen und darum, was Liebe aus uns macht.« Bernd Seidel

Artikel vom 04.10.2017
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...