Begegnungen

Ottobrunn · Abschied von Anni Kublischke

Helene Nestler von der Nachbarschaftshilfe gehörte zu den Betreuern von Anni Kublischke. 	Foto: Privat

Helene Nestler von der Nachbarschaftshilfe gehörte zu den Betreuern von Anni Kublischke. Foto: Privat

Ottobrunn · Die kleine Anni mit ihren 86 Jahren und gerade mal 44 Kilo leicht, ist einer der vielen Menschen, denen die AWO Nachbarschaftshilfe in Ottobrunn und Umgebung zur Seite stand. Sie lebte nach dem Tod ihres Mannes allein in einem alten, kleinen Häuschen in Riemerling.

Ein Kohleofen sorgte dort für Wärme, aber auch für schlechte Luft und Anni, die unter Atemnot litt, war nun schon einige Male bewusstlos geworden. Schweren Herzens stimmte sie also zu, in das Seniorenheim ihres Ortes umzuziehen, es ging nicht mehr anders. Die quicklebendige Anni mit ihren haselnussbraunen Augen ist beliebt im Heim, gerade wegen ihrer etwas frechen und verschmitzten Art. Helene Nestler von der AWO Nachbarschaftshilfe betreut sie auch nach dem Umzug ins Heim weiter, besucht sie immer wieder - sie ist Annis Kontakt nach draußen. Eines Tages erhält Helene Nestler einen Anruf von Anni. Sie braucht ein wichtiges Kleidungsstück für eine Frau, einen BH. Anni hat keinen, das geht doch nicht. Helene Nestler bittet Melanie F., eine junge Mitarbeiterin der Nachbarschaftshilfe, sich darum zu kümmern. Auch Melanie F. wird die alte Frau rasch in ihr Herz schließen und so ziehen die beiden los, auf eine mehrtägige Einkaufstour durch die Geschäfte der Umgebung. Schließlich ist der richtige BH für Anni gefunden. An diesem Tag chauffiert Melanie F. eine glückliche Frau zurück ins Seniorenheim. In einer Tüte auf Annis Schoß das wertvolle Kleidungsstück. Anni wird es nun wie einen Schatz hüten. Sie braucht den BH nicht anzuziehen. Es genügt ihr, dass sie es könnte. Einige Tage später besucht Melanie F. Anni wieder und fragt sie, ob sie den BH denn inzwischen einmal getragen hat. Anni verneint: »Wo denken Sie hin! Den muss ich mir schon aufheben - für einen besonderen Anlass!« Doch diesen Anlass hat Anni nicht mehr erlebt. An einem Abend Ende des Jahres ist sie nach dem Essen friedlich eingeschlafen. Melanie F. und Helene Nestler von der AWO Nachbarschaftshilfe geleiten Anni auf ihrem letzten Weg. Ein kleiner Sarg, ein Klacks für die Träger. Gerade mal 44 Kilo. Aber der Abschied, der ist nicht so leicht.

Artikel vom 06.01.2017
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