Gejagten Mäusen und gefallenen Affen

Kleine Spieleerfinder in der Haarer St.Konrad-Grundschule

Die kleinen Spieleerfinder Mika und Luca, beide 6 Jahre alt (v.l.).	F.: Gemeinde Haar

Die kleinen Spieleerfinder Mika und Luca, beide 6 Jahre alt (v.l.). F.: Gemeinde Haar

Haar · Hochkonzentriert sitzen Mika und Luca vor einem Gebilde aus Papier. Ein Tunnel, eine Rampe ein paar rote aufgeklebte Streifen und ein Würfel, der mit den Fingern geschnippst wird.

Sie befinden sich gerade in der Testphase ihres Spiels »Der Affe fällt ins Feuer«. Und es ist ein Geschicklichkeits-spiel. Ein selbsterfundenes. Denn: Spieleer-finden steht gerade auf dem Stundenplan der beiden Erstklässler aus der St.Konrad-Grundschule in Haar.

»10 Punkte muss man erreichen.« »Aber man kann auch immer wieder welche verlieren – einen wenn man auf die roten Streifen kommt.« »Nein – da verliert man alle!« So wie Luca und Mika diskutieren alle 22 Kinder der Ganztagsklasse 1a an einem Dienstagnachmittag über ihre Spielregeln. Die Regeln aufzuschreiben, das ist für die Erfinder noch gar nicht so einfach, denn die Kinder der Haarer Grundschule haben ja gerade angefangen, Lesen und Schreiben zu lernen. Doch das tut ihrer Kreativität keinen Abbruch – im Gegenteil: An den einzelnen Tischen wird diskutiert, Spielfiguren gebastelt, gemalt und die Spielregeln dann eben aufgezeichnet.

Tom Werneck und die große Kiste

Dazwischen entdeckt man ein Gesicht, das mit dem Thema Spielen in Haar ganz unweigerlich in Verbindung gebracht wird: Tom Werneck vom Bayerischen Spielearchiv. Er wurde sofort gefragt, als die Idee im Kopf der Pädagogin Dominique Adolf entstand, die Kinder in den Nachmittagsstunden ein paar Spiele erfinden zu lassen. Tom Werneck kam in die Klasse, mit nichts als einer großen Schachtel in Händen. Der In-halt: Spielfiguren und –steine jeder Form, Farbe und Größe. Mit beiden Händen greifen die Kinder da hinein und tragen die Beute zu ihren Tischen. »Material schafft Ideen«, sagt Tom Werneck.

Unsichtbare Lerneffekte

Er hat schon öfter mit Klassen Spielprojekte gestartet, allerdings meist erst ab der vierten Klasse oder dann – in richtig professionell angelegten Aktionen – im Gymnasium. Eine erste Klasse bringt einen ganz speziellen Spaß mit sich. »Man kann hier einfach die Fantasie walten lassen – ob das Spiel am Ende wirklich gut spielbar ist oder ob eine Gruppe ein ihnen bekanntes Spiel nachbaut ist da überhaupt nicht wichtig«, sagt Werneck, der auch viele Jahre Juror beim »Spiel des Jahres« war. Es gäbe viele un-sichtbare Lerneffekte. Ein wichtiger sei es, zu merken, dass man nicht immer nur konsumieren muss, sondern auch selber aktiv werden kann. Denn egal ob Spiel, Bücher, Filme – unsere Kinder kennen nur, dass sie die Dinge kaufen und dann nach den Spielregeln von anderen spielen oder die Geschichten anderer lesen oder sehen, moniert Werneck.

Von Geschicklichkeit bis Fantasy

In der 1a sind viele Geschichten entstanden: Zwei Spiele behandeln das Thema Pferde, eines heißt »Jagt die Maus«, es gibt ein Fantasy-Spiel, eine Gruppe hat sich ein Monopoly mit ihren eigenen Lieblingsregeln gebaut – und dann ist da noch das Geschicklichkeitsspiel der beiden Buben. Die 6-Jährigen wachsen da über sich hinaus, sie bauen sich ihre Figuren selber – wenn es keine Pferde in Wernecks Wunderkiste gibt, dann baut man sich eben welche aus mehreren Steinen zusammen. Und das alles in Team-work. Eine tolle Sache, finden die beiden Pädagogen Dominique Adolf und Benjamin Klotz, die nachmittags die GTK 1a von der Klassenleiterin Susanne Gratz übernehmen. »Wir haben uns jetzt schon dreimal für eineinhalb Stunden dem Spiele erfinden gewidmet. Das lief ganz toll«, betonen die beiden. Und demnächst werden dann auch ein paar Spielstunden auf dem Programm stehen, in denen alle miteinander die selbsterdachten Spiele ausprobieren werden.

Artikel vom 28.12.2015
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