»Haar steuert auf 25.000 Einwohner zu«

Haar · Standing Ovations für Dworzak bei seiner letzten Bürgerversammlung

Haars Gemeindeoberhaupt Helmut Dworzak bei der Bilder-Revue in der Bürgerversammlung, der letzten in seiner Amtszeit als erster Mann im Rathaus.	F.: ikb

Haars Gemeindeoberhaupt Helmut Dworzak bei der Bilder-Revue in der Bürgerversammlung, der letzten in seiner Amtszeit als erster Mann im Rathaus. F.: ikb

Haar · »So, das war meine letzte Bürgerversa ....« – brandender Beifall mit Standing Ovations der meisten von über 300 Besuchern der Bürgerversammlung übertönten die Abschiedsworte von Gemeindechef Helmut Dworzak, der nach 22 Jahren als erster Mann im Rathaus im Frühjahr bei der Kommunalwahl nicht mehr kandidiert.

Dworzak ließ in einer Power-Point-Präsentation in Wort und Bild das Haarer Leben und Geschehen Revue passieren, schilderte und beeindruckte mit Daten und Fakten aus der Ortspolitik. Mit ernster Miene erläuterte Dworzak zuvorderst die Finanzsituation. Der Etat 2014 hat ein Volumen von knapp 53 Millionen Euro – rund zwölf Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Die Ursache dafür verdeutlichte er an Hand einer Grafik: Von fast 25 Millionen Euro (2011) rutschten die Einnahmen aus der Gewerbesteuer auf nunmehr etwa zwölf Millionen Euro ab, »eine vorsichtige Schätzung«. Von den 1943 Gewerbebetrieben zahlen 80 Prozent keine Steuer, 13 Firmen entrichten zwischen 100.000 und 500.000 Euro, mehr zahlen lediglich zwei Unternehmen.

Betrachtet man die Steuereinnahmen pro Einwohner der 29 Kommunen im Landkreis München, liegt Haar mit 1185 Euro auf Rang 19. Grünwald mit 15.200 und Unterföhring mit 5800 Euro sind in dieser Tabelle das unangefochtene Spitzenduo. Die Ausgabenseite kommentierte Dworzak ungeschminkt: »Wir können keine Gelder mehr ausgeben, um irgendwelche größere Investitionen zu stemmen.« Die Verschuldung pro Kopf steigt von 230 auf 303 Euro im Jahr 2014. Zum besseren Verständnis: Im Freistaat sind’s durchschnittlich 704 Euro. »Bei Kreditzinsen um die 1,6 Prozent muss man sich überlegen, ob man hoch in den Kreditmarkt einsteigt«, bewertete der Bürgermeister den Vergleich. Ohne Kommentar zur Kenntnis nahmen die Bürger den Verlauf der Müllgebühren, die sich beispielsweise bei einer 60-Liter-Tonne von 102 (2002) über 122 (2009) zu 101 (2013) auf 115 Euro (2014) entwickeln. »Da sind wir abhängig vom Weltmarktpreis für Papier«, so Dworzak. 2011 konnte die Gemeinde fürs Altpapier 400.000 Euro erlösen, der Ansatz 2014 liegt bei 180.000 Euro.

Zur Entwicklung der Müllmengen pro Einwohner von 300 kg (1992) auf fast 500 kg (2012) erläuterte der Rathaus-Chef den betroffen dreinschauenden Leuten: »Wir sind in Sachen Mülltrennung und Recycling vorbildlich, es fällt aber immer mehr Müll an. In Deutschland sind’s jede Minute 10.000 Plastiktüten.« Interessante Aspekte gibt’s aus der Verwaltung: 2012 zählte man 20.088 Einwohner, 2013 waren’s nur mehr 19.624 – Ergebnis des Zensus, womit auch in Haar die Zahlen des Melderegisters angezweifelt werden. Die Kommune klagt mit anderen Gemeinden gegen das Ergebnis, weil so weniger staatliche Mittel fließen könnten. Zu den angeführten 19.624 Bürgern kommen noch 1692 mit Nebenwohnsitz dazu. Somit sind’s also mehr als 21.000 Personen. Ingesamt leben hier 3766 Menschen aus 101 Nationen – Türken und Italiener bilden die größten Gruppen. »Wir haben in den vergangenen zehn Jahren das zweitstärkste Wachstum im Landkreis, wir werden wohl bald das stärkste haben, wenn der Jugendstilpark gebaut ist, wir steuern auf 25.000 Einwohner zu«, erklärte Dworzak.

Die Zahlen der Konfessionszugehörigkeit verblüffte alle: 8.653 sind römisch-katholischen Glaubens, 3036 sind evangelisch und 10.087 ohne Konfession. Die Erklärung dafür laut Dworzak: Im letzten Block sind »aus Datenschutzgründen Muslime eingerechnet, sie gelten als ohne Konfession«. Und: 2013 gab’s bislang 170 Kirchenaustritte – »so viel haben wir noch nie gehabt, das finde ich sehr bedauerlich«. Zu den Anträgen auf Hartz IV und Grundsicherung erklärte der Gemeindechef: »Eine Entwicklung, die mir gar nicht gefällt, wir haben laufend steigende Zahlen.« Aktuell sind 1115 Personen, davon 394 Kinder, erfasst. Dworzak mahnte: »Da liegt eine Bombe drin, die Zahl wird in den nächsten Jahren radikal steigen.« ikb

Artikel vom 18.12.2013
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...