Markus Blume: »Wir sind auf Kurs, aber wir sind noch nicht am Ziel.«

Trudering/Riem · Betreuungsnotstand im Münchner Osten

Familienministerin Christine Haderthauer, MdL diskutierte mit Eltern und Erzieher den Betreuungsnotstand im Münchner Osten.	 F.: Abgeordnetenbüro Markus Blume.

Familienministerin Christine Haderthauer, MdL diskutierte mit Eltern und Erzieher den Betreuungsnotstand im Münchner Osten. F.: Abgeordnetenbüro Markus Blume.

Trudering/Riem · Am Geld mangelt es nicht, aber die Lage ist ernst und es bedarf einer gemeinschaftlichen, koordinierten Anstrengung, um das Thema Kinderbetreuung in München in den Griff zu kriegen.

Das wurde deutlich, als am vergangenen Montag die bayerische Familienministerin Christine Haderthauer auf Einladung von Markus Blume zum Bürgerdialog ins Kulturhaus Trudering kam. Unter den rund 130 Gästen waren Eltern, Großeltern, El- ternbeiräte und Kitabetreiber gleichermaßen vertreten. Aufregerthemen waren der Personalmangel, die nicht leistungsgerechte Bezahlung von Erziehern, fehlende Betreuungsplätze und die teils horrenden Preise für Plätze in Einrichtungen privater Träger.

»In keinem Bereich hat sich in den letzten Jahren ein so starker Wandel ergeben wie im Bereich der Kinderbetreuung«, begann Haderthauer ihr Eingangsreferat. Dabei seien die Bedarfe bayernweit ganz unterschiedlich und in Ballungsräumen wie München natürlich überbordend. Mit Blick auf den ab August geltenden Rechtsanspruch für einen Betreuungsplatz für Ein- bis Dreijährige stellte Haderthauer klar: »Unser Ziel ist nicht eine Quote, sondern eine flächendeckende Bedarfsdeckung.« Deshalb sei das Förderprogramm des Freistaats für den Krippenausbau auch als einziges ungedeckelt und jeder Platz, egal ob städtischer, kirchlicher oder privater Träger, werde mit demselben Betrag bezuschusst. »Die Maxime ist immer das Kindeswohl«, so Haderthauer. Trotz dieser Anstrengungen fehlen aber gerade in München und dem kinderreichen Stadtbezirk Trudering-Riem zahlreiche Betreuungsplätze, wie die Diskussion zeigte. Betroffen sind davon längst nicht nur Krippen, sondern auch Kindergärten und jedes Schuljahr mehr Horte und Mittagsbetreuungen.

Wortmeldungen von betroffenen Eltern und aus verschiedenen Grundschulen verdeutlichten die Not. Teilweise würden doppelt so viele Plätze benötigt wie vorhanden. Besonders hart treffen Absagen dabei Alleinerziehende und Mehrlingseltern. Dabei könnten in Krippen durchaus noch mehr Plätze eingerichtet werden, wenn das notwendige Personal zur Verfügung stünde. Gibt es bayernweit gesehen genügend Erzieher, fehlen sie gerade in München, weil das Leben in der Landeshauptstadt von den kargen Gehältern kaum möglich ist. Haderthauer betonte, der Staat könne und dürfe sich nicht in die Tarifautonomie einmischen. Sie könnte aber die Gilde der Erzieherinnen nur dazu ermutigen, ihre Gehaltsforderungen vehementer zu vertreten. Auch Streiks seien hier nachvollziehbar.

Zahlreiche Hausaufgaben für den Stadtrat

Harsche Kritik an der Stadt München wurde von den Gästen und der Ministerin gleichermaßen geübt: Es gäbe kein zentrales Vergabesystem, das alle Plätze, egal ob von privaten oder städtischen Trägern, erfasse. Die Absagen an Eltern wären teilweise rüde, von der Planung bis zur Betriebsaufnahme neuer Kitas dauere es zu lange und in Schulen und Horten räche sich nun der jahrelange Investitionsstau, so die Eindrücke. Eine Betreuerin berichtete sogar, wie sie sich vor Jahren selbstständig machen wollte, aber im zuständigen Referat und bei der Arbeitsagentur auf taube Ohren stieß. Stadträtin Beatrix Burkhardt (CSU) und Bezirkstagsvizepräsidentin Friederike Steinberger (CSU), die die Diskussion moderierte, stimmten zu. Erst langsam erkenne man bei der Stadt eine gewisse Flexibilisierung bisheriger starrer Regelungen. Beide wollen die konkreten Einzelfälle nun in Form von Anfragen und Anträgen in den Stadtrat mitnehmen.

»Lohnt es sich überhaupt noch zu arbeiten?«

Für Unmut und Fassungslosigkeit sorgen aber auch die teils horrenden Gebühren in Einrichtungen privater Träger. Von bis zu vierstelligen Summen berichteten Eltern. Eine Mutter von Zwillingen brachte es auf den Punkt: »Lohnt es sich überhaupt noch zu arbeiten?« Auch Haderthauer bestätigte das Problem, das die Marktsituation mit hoher Nachfrage und geringem Angebot mit sich bringe. Es sei an der Zeit zu prüfen, ob die staatlichen Zuschüsse nicht an die Verträglichkeit der Gebühren zu koppeln seien. Sie wolle dies ernsthaft tun, kündigte Haderthauer an. Zugleich verteidigte die Ministerin das viel gescholtene Betreuungsgeld, das auch bei der Ver-anstaltung zur Sprache kam: »Das Betreuungsgeld kostet keinen einzigen Kitaplatz, vielmehr ist es eine kleine, eigentlich viel zu niedrige Anerkennung für Eltern und Großeltern.« Es sei das ureigenste Recht der Eltern, selbst zu entscheiden, ob sie ihr Kind in eine Kita geben oder es selbst betreuen.

»Ich verspreche Ihnen, Sie bleiben nicht ungehört«, so Blume am Ende der Veranstaltung zu den Gästen. Unumwunden gab er zu, dass es noch auf Seiten aller Beteiligten viel zu tun gibt. Natürlich könne auch der Bürgerdialog keine Betreuungsplätze herbeizaubern, aber die Intention der Veranstaltung – Eltern und Betreuern einmal ein Forum zum Austausch mit der Politik zu schaffen – sei gelungen. In den kommenden Wochen gelte es nun, im Sinne eines Notprogramms für den Münchner Osten alles zu tun, um kurzfristig möglichst viele zusätzliche Plätze zu ermöglichen. Im Bereich der Horte und Mittagsbetreuungen gelte es insbesondere, die teils eklatante Raumnot in den Griff zu bekommen.

Artikel vom 17.06.2013
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