Schwierige Suche nach einem Nachfolger für Christoph Bernatowicz

Neubiberg · Kandidatenkarussell

Wer für den scheidenden Gemeinderat Christoph Bernatowicz ins Rathaus einzieht, ist noch ungewiss, das Kandidatenkarussel dreht sich noch.	Foto: hw

Wer für den scheidenden Gemeinderat Christoph Bernatowicz ins Rathaus einzieht, ist noch ungewiss, das Kandidatenkarussel dreht sich noch. Foto: hw

Neubiberg · Einen offenen Gemeinderatsstuhl, Kopfschütteln und zahlreiche offene Posten hinterließ die letzte Sitzung des Gemeinderats von Neubiberg. Da Christoph Bernatowicz für das Betreiben seines Öko-Bauernhofs in Mazuren/Polen weit mehr vor Ort sein muss als gedacht, legte er sein Amt nieder. Die Suche nach einem Nachfolger endete kurios.

Bernatowicz war für die Fraktion Grüne/ödp seit Mai 2010 im Neubiberger Gemeinderat. Eine Nachfolgerin für ihn war nach langem Schriftverkehr in Ute Hirschfeld-Szeberényi bereits gefunden worden. Doch war sie erst Nummer Elf auf der Liste der Nachrücker, deren Rangfolge sich durch die 2009 wiederholte Gemeinderatswahl ergeben hatte. Es dürfte sich um einen in Bayern bislang einzigartigen Vorgang handeln. Zehn Kandidaten lehnen das Amt, für das sie kandidierten, ab, als es dann doch auf sie zukommt. Ihre Begründungen hat das Landratsamt nach Aussage seines Sprechers gemäß §19 der Bayerischen Gemeindeordnung sachlich geprüft und für ausreichend »wichtig« befunden. Die letztendliche Entscheidung fällt jedoch der Gemeinderat.

Dieser musste folglich bei jedem Nachrücker einzeln beurteilen, ob ihn der genannte Verhinderungsgrund überzeugt. Schon beim ersten Listennachfolger Wilhelm Zeilinger entstand eine Grundsatzdebatte, im Zuge derer Eva Kahlenberg (CSU) fragte, ob der Gemeinderat die ausführliche Begründung hören könne und ob sich bei sämtlichen Betreffenden wirklich so viel beruflich geändert hätte, dass die Ausübung des Amts im Vergleich zu 2009 unmöglich sei. Ihr Fraktionschef Hartmut Lilge betonte, im Sinne eines »funktionstüchtigen Gemeinderats« mache es aber keinen Sinn, jemanden ins Gemeinderatsamt zu zwingen, der nicht wirklich wolle. »Wenn ich mich auf die Wahlliste setze, muss ich mir bewusst sein, dass ich Verantwortung übernehme, sonst habe ich nicht das Recht, den Wähler um seine Stimme zu bitten«, mahnte Elisabeth Stettmeier (FW.N@U). Alle nickten. Das Unverständnis gegenüber zehn Absagen ging durch alle Fraktionen.

Die erste bis vierte Ablehnung wurde relativ schnell akzeptiert. Doch die des Dipl.-Mathematikers Rüdiger Berger, der sein Engagement im Umweltbeirat der Gemeinde, im BUND, bei »Natur und Umwelt Südost e.V.«, der Agenda 21, in der Jubilate- und der Corneliuskirche als Hinderungsgrund anführte, überzeugte nicht. Waren es bei der ersten Zählung noch jeweils zehn Stimmen für beziehungsweise gegen die Akzeptanz seiner Ablehnung, ergab die erneute Zählung neun gegen elf Stimmen: Der Gemeinderat Neubiberg will Rüdiger Berger als enorm gut vernetzten und dazu weithin bekannten Bürger in seinen Reihen wissen. Eine entsprechende Aufforderung wird Berger in den nächsten Tagen in seinem Briefkasten finden. Lehnt er erneut ab, könnte ihm ein Ordnungsgeld bis zu 500 Euro drohen. Dem Südost-Kurier sagte Berger, auf das Schreiben aus dem Rathaus werde er antworten. Näheres wolle er nicht dazu sagen.

Über weitere Kandidaten wurde nicht mehr entschieden, Bernatowiczs Posten in sämtlichen Ausschüssen des Gemeinderats bleiben vorerst unbesetzt. Ebenso der Posten des stellvertretenden Verbandsrats für den Zweckverband München Südost. Berger hat inzwischen das Schreiben der Gemeindeverwaltung erhalten und kann nun den Posten antreten oder muss darlegen, dass er dieses Ehrenamt »aus wichtigem Grund« nicht ausüben kann, wie es die Bayerische Gemeindeordnung vorschreibt.

A. Boschert

Artikel vom 29.01.2013
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