Beethovenstraße in Haar hat nun abgesenkte Bordsteinkanten

Haar · Hindernis beseitigt!

Die Bordsteine wurden jetzt abgeschliffen und an Querungen abgesenkt, so dass sie für Rollstuhlfahrer kein Hindernis mehr sind.	Foto: ikb

Die Bordsteine wurden jetzt abgeschliffen und an Querungen abgesenkt, so dass sie für Rollstuhlfahrer kein Hindernis mehr sind. Foto: ikb

Haar · Die einstige Buckel- und Rennpiste Beethovenstraße zwischen Jagdfeld, Musikerviertel und Alt-Haar wurde in den vergangenen drei Monaten ausgebaut, wechselseitig Schrägparkplätze und Bauminseln angelegt, die Ausweisung zur Tempo-30-Zone ist fix, die Busse der Linie 243 »schleichen« durch die Wohngegend.

Beidseitig blieben die Gehwege bestehen. Ein eigener Weg für Radler war aus Platzgründen aber nicht machbar. Dieser Umstand und die Randsteinhöhe von drei Zentimetern an den Querungs- und Einmündungsbereichen lösten eine regelrechte Welle von Beschwerden aus. Zumindest letzteres Problem ist nunmehr gelöst, was Anwohnerin und Rollstuhlfahrerin Bettina Endriss den Verantwortlichen im Rathaus schriftlich bestätigte: »Vielen Dank im Namen aller Rollstuhlfahrer, Senioren mit Rollator und Mütter mit Kinderwägen für die nachträgliche Absenkung der Übergänge.«

Vorschriften speziell beim Straßenbau samt DIN-Normen einerseits und die praktische Nutzung andererseits sind zwei Paar Stiefel, führen oft zu Problemen, lösten wie in dem exemplarischen Fall Beethovenstraße regelrechte verbale wie auch schriftliche Auseinandersetzungen aus. Endriss und ihre Nachbarin, die 85-jährige Maria Eisfeld, hatten die der DIN-Norm entsprechenden, eingebauten drei Zentimeter hohen, scharfkantigen Granitrandsteine als »großes Hindernis« moniert. »Da hole ich mir jedes Mal einen Platten«, argumentierte die Rollstuhlfahrerin in der Bürgersprechstunde des Gemeinderats. Für Blinde indes sind die Schwellen wichtige Orientierungspunkte. Als Kompromiss schlug die junge Mutter im Gremium so genannte Doppelquerungen an den Bürgersteigen vor, Abschnitte, an denen die Kanten so abgesenkt werden, dass sie fast ebenerdig mit der Fahrbahn sind. Und zwar »davor mit einem gerillten Sperrfeld für Blinde.« An der Einfahrt ihres Anwesens ist dies schon der Fall. Den nachträglichen Umbau veranschlagte die Straßenfirma mit 5.000 Euro Kosten, ein anderes Unternehmen machte die Arbeit für 2.000 Euro. Und: Die Kommune übernahm 60 Prozent der Kosten, also 1.200 Euro.

Die Zweite Bürgermeisterin und Behindertenbeauftragte Gabi Müller, selbst Mutter eines Sohnes, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, meinte, »dass wir mit den drei Zentimetern gut zurecht kommen, man müsse die Normen akzeptieren, aber einen Ausgleich finden im Rahmen der Vorschriften für den gesamten Personenkreis, für die verschiedenen Arten von Behinderungen.« Müller erkannte so Endriss Unterscheidungsargument zwischen aktiven und passiven Rollstuhlfahrern an, also jenen, die die Räder selbst anschieben und jenen Menschen, die von einer helfenden Person geschoben werden. Die Müller-Initiative ist inzwischen umgesetzt. Bürgermeister Helmut Dworzak und Bauamtsleiter Horst Blank hatten veranlasst, die Randsteinhöhe an den betroffenen Stellen auf einen Zentimeter abzusenken und die scharfen Kanten abzuschleifen. Diesen Spielraum lässt das Gesetz zu. »Auch bei künftigen Umbauten in der Gemeinde soll dieser Spielraum angewandt werden«, versicherte Rathaus-Pressesprecherin Ute Dechent.

In Sachen Radweg bleiben aber – trotz einer von Eisfeld im Kommunalparlament präsentierten Liste mit 500 Unterschriften, »womit wir unsere Hilflosigkeit äußern« – die Fakten bestehen. »Ein beidseitiger Radweg war aus Platzgründen nicht möglich, die Planung hat ja kein unerfahrener Hampelmann gemacht«, konstatierte Dworzak. Und grundsätzlich: »Bei innerstädtischen 30er-Zonen werden Radwege nicht empfohlen, weil so die Gefahr erhöht wird, dass Radler für einen Abschnitt von der Straße weg sind und dann wieder auf die Straße zurückgeführt werden.« Bei einem einseitigen Radweg wäre etwa die Hälfte aller Parkplätze in der Beethoven­straße weggefallen, »die eindeutig den Charakter einer Wohnstraße hat«, betonte Dworzak.

Überdies muss man wissen: Einseitige Radwege sind unfallanfällig, unterstützen also nicht die Sicherheit der Radler. »Gehwege, auf denen Kinder radeln dürfen, die mit der Straße ebenerdig sind – da schlägt die Polizei die Hände über dem Kopf zusammen. Die Kinder rollen dann oft auf die Fahrbahn«, so der Bürgermeister. Dass dem so ist, beweise laut Dworzak »ein Fall in Ottendichl.« Ob die gleichberechtigte Nutzung der Wohnstraße mit Maximaltempo 30 durch alle künftig funktioniert, ob bislang einige rücksichtslose Autofahrer mehr Rücksicht nehmen – das muss sich erst noch zeigen. ikb

Artikel vom 31.10.2011
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