Haar · Abrissbirne wütet

Vergangene Woche versetzte die Abrissbirne dem Setzerhof den Todesstoß – doch er wird bis Herbst 2011 wiederauferstehen. Foto: Rammelsberger

Haar · Vergangene Woche rollten sie an, die Bagger in der Haarer Kirchenstraße und 200 Jahre alte Mauern fielen. Allerdings handelt es sich dabei um Mauerwerk, das nicht mehr zu retten ist. Vom alten Setzerhof wird lediglich ein historischer Kellerraum übrigbleiben.

Schweren Herzens und nach Abwägung aller Möglichkeiten hat sich der Haarer Bauausschuss für den Abriss und Neubau des Setzerhofes entschlossen. Hier soll nicht nur die Nachbarschaftshilfe ein neues Zuhause bekommen, sondern nach wie vor auch der Haarer Tisch beheimatet bleiben. Der Setzerhof gilt als das älteste Wohngebäude der Gemeinde Haar. Die erste Erwähnung des Anwesens findet sich bereits im Jahr 1355. Doch Kriegswirren, Feuersbrünste und die Pest haben den einst größten Hof der Umgebung, immer wieder zerstört. Schon seit über 100 Jahren, genauer gesagt seit 1898, wurde der Hof nicht mehr bewirtschaftet – Stadel und Stallungen wurden damals abgerissen. Das heutige Wohnhaus steht seit 200 Jahren an dieser Stelle.

Bewohnt wurde es bis kurz vor der letzten Jahrtausendwende von Therese Lechner. 1999 erwarb die Gemeinde das historische Haus. Doch bald zeigte sich, dass es in einem schlechten Zustand ist: Ständig war Nässe in den Mauern nach oben gekrochen. Denn, wie Untersuchungen des Gebäudes ergaben, hatten die Erbauer vor 200 Jahren die Steine einfach auf den blanken Boden gemauert – dem Setzerhof fehlt das Fundament.

»Rettungsmaßnahmen« war die erste Idee der Gemeinde. Die hätten mit mindestens 2,4 Millionen Euro zu Buche geschlagen – tatsächliche Endkosten nicht abzusehen. Zudem waren die Erfolgsaussichten, das Mauerwerk dauerhaft trocken zu legen, gering. Jetzt wird neu gebaut. Das ist mit etwa 2,3 Millionen Euro nicht nur günstiger, sondern bringt den zukünftigen Nutzern auch ein modernes Energiekonzept sowie vernünftige Raumhöhen und -größen. Der neue Setzerhof wird barrierefrei, bekommt einen Aufzug und eine eigene Küche. Und doch wird er von außen immer noch als »der Setzerhof« erkennbar sein: Das Architekturbüro Goergens & Miklautz hat großen Wert darauf gelegt, die Grundzüge des alten Gebäudes auch im Neubau wieder zu verwirklichen: Von der Dachgestaltung bis zur Art des Baukörpers wird vieles an den Altbau erinnern.

Sogar ein langgezogenes Nebengebäude wird es wieder geben und der historische Dachstuhl soll originalgetreu nachgebaut werden. Ein kleines Fragment des Gebäudes bleibt jedoch im Original erhalten: Ein kleines historisches Kellergewölbe soll auf die bedeutende Geschichte dieses Ortes hinweisen. Es gibt Überlegungen, vor dem Kellereingang eine Tafel mit der Geschichte des Hauses anzubringen und die Fundstücke, auf die man bei Bauarbeiten am Grundstück stieß, auszustellen. Ansonsten wird das Haus in Zukunft der Nachbarschaftshilfe und dem Haarer Tisch zur Verfügung stehen: In einem extra erstellten Nebengebäude wird die Lebensmittelausgabe des Haarer Tisches stattfinden. Das langgestreckte Nebengebäude soll durch ein Glasdach mit dem Hauptgebäude verbunden werden. Das bringt nicht nur Helligkeit, sondern gleichzeitig auch ein trockenes Plätzchen für einen Plausch unter den Kunden des Haarer Tisches.

Die Nachbarschaftshilfe wird das Haupthaus beziehen, wobei sie sich nicht nur mit der Geschäftsstelle hier niederlassen wird: Das Gebäude wird künftig auch für Serviceleistungen im Senioren- und Pflegebereich genutzt. Auch aus diesem Grund wird eine neue Zufahrt entstehen, die sich rechts vom Gebäude bis zur Hinterseite zieht – denn dort wird später das »Essen auf Rädern« angeliefert.

Noch vor dem Winter dieses Jahres soll der Rohbau des Setzerhofes abgeschlossen sein. Mit Baufertigstellung mitsamt Außenanlagen ist dann im frühen Herbst 2011 zu rechnen. Claudia Erl

Artikel vom 29.06.2010
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