Es ist eine Diagnose, die das Leben von einem Moment auf den anderen dramatisch verändert: Leukämie. Die Therapie dauert lange, Behandlungsabschnitte können lebensbedrohend sein. Patienten wie auch Angehörige stoßen dadurch immer wieder an die Grenzen der körperlichen und seelischen Belastbarkeit.
Die Leukämiehilfe München e.V. möchte hier mit ihrer Unterstützung ansetzen und die Situation der Betroffenen stabilisieren. Vor 25 Jahren wurde der Verein gegründet. Eine wichtige Säule der Leukämiehilfe ist die Patientenbetreuung. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen besuchen sowohl im Klinikum rechts der Isar als auch in Großhadern leukämiekranke Menschen.
Eine dieser Helferinnen ist Nathalie Holdry. Seit gut zwei Jahren engagiert sie sich für die Leukämiehilfe. „Ich habe damals noch studiert und ein Stipendium erhalten. Aus diesem Grund musste ich nicht arbeiten. Die freie Zeit wollte ich sinnvoll nutzen und etwas an andere Menschen weitergeben”, erklärt die junge Frau ihre Motivation. Inzwischen sei sie berufstätig und mit ihrer Arbeit sehr eingebunden. Trotzdem besuche sie im 14-tägigen Rhythmus immer am Wochenende die Patienten in Großhadern.
„Ich wende mich zunächst an die Stationsleitung und frage, welche Patienten da sind”, beschreibt Nathalie Holdry die Besuche. „Dann gehe ich von Zimmer zu Zimmer und stelle mich vor.” Manchmal wollten die Erkrankten einfach nur reden, manchmal lese sie etwas vor. „Dieses Angebot wird sehr gut angenommen, denn viele der Patienten haben wenige soziale Kontakte. In der Regel dürfen sie ihr Zimmer nicht verlassen und oft wohnen die Angehörigen weiter weg und können nicht so regelmäßig kommen”, sagt die ehrenamtliche Helferin. „Hinzu kommt natürlich, dass auch die Angehörigen durch die Erkrankung sehr belastet sind. Wir Patientenbetreuerinnen gehen da neutraler ran, nicht emotionslos, aber wir sind nicht so involviert.” Manchmal, erzählt Nathalie Holdry, wollten die Patienten über ihre Krankheit sprechen. „Manchmal ist es ihnen lieber, wenn ich etwas von mir erzähle.” Die junge Frau stellt sich darauf ein, nimmt sich Zeit. „Darum geht es, einfach da zu sein und Zeit zu schenken.”
Auch Christina Rauh besucht regelmäßig am Wochenende Leukämiepatienten im Klinikum Großhadern. „Vor über zwei Jahren musste ich selbst für längere Zeit ins Krankenhaus”, berichtet sie. Diese Erfahrung habe sie sehr geprägt. „Als es mir wieder gut ging, wollte ich etwas zurückgeben.” Auf den Flyer der Leukämiehilfe sei sie in ihrer damaligen Schule gestoßen. Seit März vergangenen Jahres engagiert sich Christina Rauh als ehrenamtliche Betreuerin.
„Wir legen Wert darauf, dass wir kein Ersatz für Psychoonkolgen sind”, erklärt Elke Zölzer, Geschäftsstellenleiterin und stellvertretende Vorsitzende der Leukämiehilfe. „Es geht bei der Betreuung durch die Leukämiehilfe maßgeblich um die Betreuung von Mensch zu Mensch.” Und auch Zölzer betont: „Oft haben Patienten keine Angehörigen, die ständig da sein können. Das Pflegepersonal hat auch nicht genügend Zeit, um sich um alltägliche Belange eines Patienten zu kümmern.” Oft tue es zudem allen Beteiligten gut, mit einer ganz objektiven Person zu sprechen. „Und wenn es nur um belanglose Kleinigkeiten geht.”
Menschen, die sich als Patientenbetreuer engagieren wollen, erhalten eine Besuchsbegleitdienstschulung, die aus fünf Modulen von jeweils drei Stunden besteht. Außerdem wird mindestens zweimal im Jahr eine Supervision angeboten – bei Bedarf auch öfter. Fachlich geschult werden die Ehrenamtlichen von Dr. med. Hermann Dietzfelbinger, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie sowie erster Vorsitzender der Leukämiehilfe. Er gibt einen Überblick über die verschiedenen Leukämieerkrankungen und Behandlungswege. Diese Schulung ist allerdings nicht Voraussetzung für die ehrenamtliche Tätigkeit. Sie findet nach Bedarf und Interesse statt.
Für Nathalie Holdry ist ihr Einsatz bei der Leukämiehilfe nicht nur ein einseitiges Geben. „Es ergeben sich schöne Gespräche und ich bekomme einen anderen Blick auf das Leben”, sagt sie. „Ich reflektiere, was mir wirklich wichtig ist.” Manchmal würden sich die Patienten auch nach ihrem Krankenhausaufenthalt melden, sagt sie und berichtet von einem 18-Jährigen, der inzwischen eine Ausbildung begonnen hat. Christina Rauh nimmt ebenfalls viel von ihrem Austausch mit den Patienten mit. „Nach meinen Besuchen im Krankenhaus gehe ich nachdenklich, aber glücklich wieder nachhause”, erklärt sie. „Es ist ein sehr schönes Gefühl, einem Menschen etwas Gutes getan zu haben - ohne großen Aufwand.”
Wer sich als Patientenbetreuer engagieren wolle, müsse vor allem Freude am Umgang mit Menschen haben, so Nathalie Holdry. „Man sollte selbst ein offener Mensch sein und über eine gewisse emotionale Stabilität verfügen, denn der Verlauf der Krankheit ist oft sehr schwierig und man sieht Patienten, die sehr leiden.”
Die Leukämiehilfe möchte zusätzlich zu den Patientenbetreuungen im Klinikum rechts der Isar und Großhadern auch einen Besuchsbegleitdienst im Rotkreuzklinikum einrichten, da dort im vergangenen Jahr die hämatoonkologische Station neu aufgebaut wurde. Weitere Infos über die Leukämiehilfe München e.V. gibt es unter www.lh-m.de im Internet. Telefonisch zu erreichen ist die Geschäftsstelle immer montags, dienstags und donnerstags von 9 bis 13 Uhr unter (089) 70009224.