Veröffentlicht am 15.04.2014 10:49

„Erzählt es euren Kindern”

Abba Naor überlebte den Holocaust. Heute reist er regelmäßig von Israel nach Deutschland, um Schülern von seinem Leidensweg zu berichten. (Foto: pi)
Abba Naor überlebte den Holocaust. Heute reist er regelmäßig von Israel nach Deutschland, um Schülern von seinem Leidensweg zu berichten. (Foto: pi)
Abba Naor überlebte den Holocaust. Heute reist er regelmäßig von Israel nach Deutschland, um Schülern von seinem Leidensweg zu berichten. (Foto: pi)
Abba Naor überlebte den Holocaust. Heute reist er regelmäßig von Israel nach Deutschland, um Schülern von seinem Leidensweg zu berichten. (Foto: pi)
Abba Naor überlebte den Holocaust. Heute reist er regelmäßig von Israel nach Deutschland, um Schülern von seinem Leidensweg zu berichten. (Foto: pi)

„Ich muss mich nicht erinnern, denn ich habe nie vergessen.” Der Mann, der das sagt, ist Abba Naor, Überlebender des Holocaust. Am Kleinen privaten Lehrinstitut Derksen schilderte er jetzt sehr eindrucksvoll die Verfolgung der litauischen Juden durch die Nationalsozialisten, sein Überleben und seine Hoffnung für die Zukunft.

Mutter und Brüder getötet

Der inzwischen 86-jährige Abba Naor reist regelmäßig zu Zeitzeugengesprächen aus Israel nach Deutschland. Jedes Jahr besucht er über 100 Schulen, um Kindern und Jugendlichen von seinem Leidensweg zu berichten und sie zu sensibilisieren, wachsam zu bleiben, damit sich dieses düstere Kapitel deutscher Geschichte nie wiederholt. Abba Naor war erst 13 Jahre alt, als seine Kindheit mit dem Überfall Litauens durch die deutsche Wehrmacht abrupt zuende ging. Er wurde in das Ghetto im litauischen Kaunas deportiert, überlebte mehrere Konzentrationslager, darunter auch zwei Außenlager des KZ in Dachau, Utting am Ammersee und Kaufering bei Landsberg. Sein Bruder wurde „beim Einkaufen“ erschossen, seine Mutter und sein jüngerer Bruder wurden in Auschwitz-Birkenau umgebracht. Nach wie vor könne er nicht verstehen, wie Menschen zu solch grausamen Handlungen fähig sein können. „Wie war es möglich, Todesbefehle für 35 000 Kinder zu unterschreiben und dann in Ruhe nach Hause zu gehen und mit den eigenen Kindern zu spielen?“, fragt der Zeitzeuge, der an die insgesamt 1,5 Millionen Kinder erinnert, die getötet wurden.

Vater wiedergefunden

Den Todesmarsch der KZ-Häftlinge aus Kaufering Ende April 1945 überlebte er dank der Befreiung durch die Amerikaner. „Ich bin zwar körperlich befreit worden, aber seelisch nie“, sagt Naor, der nach der Befreiung auch seinen Vater wiederfand und etwas später ins damalige Palästina emigrierte.

In einer abschließenden Frage-Antwort-Runde, wurde er von einem Schüler gefragt, ob er jemals an Selbstmord gedacht habe. „Nein, der Tod war ja immer da, ich hatte ja gar keine Eile, denn es war zu leicht zu sterben, darum musste man sich nicht selbst kümmern”, sagte Naor. Dann deutet er auf seine Enkelin und seinen Urenkel, die ihn begleiteten, und fügte hinzu: „Es hat sich doch gelohnt, dass ich überlebt habe. Das Leben kann sehr schön sein.” Abba Naor erzählte eine bewegende Geschichte, die alle Zuhörer in tiefe Betroffenheit versetzte. Mit großer Lebenskraft sprach er aber auch von seiner großen Hoffnung: „Ihr seid die nächsten Zeitzeugen, unsere Zeit geht bald zuende. Wenn ihr diese Geschichten heute hört, dann erzählt sie euren Kindern und wenn sie einmal groß sind, werden sie wiederum ihren Kindern davon erzählen. Und als Erwachsene werden sie vielleicht Dinge entscheiden müssen und dann menschlicher entscheiden.”

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