Grundschule Kafkastraße nimmt an Pilotprojekt teil

Neuperlach · Alevitischer Religionsunterricht

In der Grundschule Kafkastraße gibt Hilmi Ilter seit Oktober alevitischen Religionsunterricht. Foto: aha

In der Grundschule Kafkastraße gibt Hilmi Ilter seit Oktober alevitischen Religionsunterricht. Foto: aha

Neuperlach · Neben dem islamisch-sunnitischen Religionsunterricht an der Grundschule am Pfanzeltplatz (Südost-Kurier berichtete), gibt es seit Mitte Oktober jetzt auch alevitischen Religionsunterricht in Neuperlach. Die Grundschule an der Kafkastraße nimmt an diesem Pilotprojekt teil.

Die Aleviten sind nach den Sunniten die zweitgrößte Glaubensgruppe des Islam. Bislang erhielten die alevitischen Schüler die so genannte »Islamische Unterweisung« an der Kafkaschule wahlweise in deutscher oder türkischer Sprache. Jetzt nehmen insgesamt elf Schülerinnen und Schüler an dem anerkannten alevitischen Religionsunterricht teil, der in Deutsch gehalten wird: Sechs Schüler der Kafkaschule und fünf der Grundschulen in der Max-Kolmsperger Straße und am Theodor-Heuss-Platz. Der Unterricht wird nach den Grundsätzen der Alevitischen Gemeinde Deutschlands (AABF) von Lehrkräften alevitischen Glaubens erteilt, die bereits im Schuldienst tätig sind. »Der Unterricht orientiert sich an drei grundsätzlichen Säulen: Wissensvermittlung, Wertevermittlung und Identitätsbildung«, erklärt D. Ugur Kör, der Münchner Koordinator des Alevitischen Religionsunterrichts. »Er wird von uns als ein intensivierter Ethikunterricht verstanden, mittels dessen aufgeklärte Weltbürger von morgen heranwachsen sollen, die Ihr Leben unter Zuhilfenahme der alevitischen Identität bewerkstelligen sollen«, erläutert Kör.

An der Kafkaschule unterrichtet Hilmi Ilter die elf Kinder nach diesen Grundsätzen. Ilter schloss vor acht Jahren sein Studium in Interkultureller Kommunikation, Germanistik und Deutsch für Ausländer an der Ludwig-Maximilians Universität ab und ist seitdem Lehrer in der Erwachsenenbildung. Er erwähnt im Gespräch immer wieder: »Hauptsache, wir leben friedlich in einer Welt. Im Alevitentum geht es um zwischenmenschliche Beziehungen, um das Verhältnis von Mensch zu Mensch, weniger um religiöse Zeremonien«, erklärt der gebürtige Türke, »die Sache ist, ob diese (Menschen-)Liebe wirklich von Herzen kommt«. Ihm ist wichtig, dass die alevitischen Kinder »unseren Glauben lernen«, und das in der Schule und nicht mehr nur durch mündlich tradierte Anschauungen zu Hause. Obwohl das Projekt noch in der Anlaufphase ist, hat Ilter schon viele positive Rückmeldungen von Schülern erhalten. Wie er, hofft auch Schulleiterin Roswitha Kronthaler auf eine Stärkung des Selbstwertgefühls der alevitischen Kinder, weil ihre Religion jetzt wie katholischer und evangelischer Religionsunterricht als benotetes Fach gelehrt wird. Der Probelauf alevitischen Religionsunterrichts wurde im Jahr 2002 in Berlin gestartet, danach sukzessive in den weiteren Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern (in Neufahrn, Mainburg, Augsburg und Schweinfurt; ab dem kommenden Schuljahr auch in Ingolstadt und Miesbach) und Hessen eingeführt. Das Angebot des alevitischen, wie auch des sunnitischen Religionsunterrichts in München wurde in den letzten beiden Jahren von der Stelle für interkulturelle Arbeit im Sozialreferat München koordiniert. Außer in der Kafkaschule wird der alevitische Religionsunterricht in München noch in der Grundschule in der Hanselmannstraße 45 (Rieselfeld) angeboten.

Angela Boschert

Artikel vom 17.12.2008
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