Was braucht es für das Fest?

Die Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Michael Simonsen aus Poing

Pfarrer Michael Simonsen aus der evangelischen Christuskirche in Poing schreibt die Weihnachtsbotschaft für die Leser des Landkreis-Anzeigers.	Foto: privat

Pfarrer Michael Simonsen aus der evangelischen Christuskirche in Poing schreibt die Weihnachtsbotschaft für die Leser des Landkreis-Anzeigers. Foto: privat

Poing · Es weihnachtet sehr! Man hätte das alles ja schon seit September haben können, so ein Weihnachtsfeeling: Die Lebkuchen, Spekulatius, Plätzchen standen alle schon abholbereit im Regal der Einkaufsmärkte.

Die Duftlampe mit Winterapfel-Aroma befand sich in einer Schachtel im Keller, der Sampler mit den größten Weihnachtshits im CD-Regal unten rechts. Und den Christbaum, zumal wenn er künstlich ist, kann man freilich auch ein Jahr lang in der Stube stehen haben, gelegentliches Abstauben vorausgesetzt… Ich frage mich: Was braucht es für das echte, unverfälschte Weihnachten und wie sieht es mit dem richtigen Zeitraum dafür aus?

Als Pfarrer, der sich schon berufsbedingt nach dem Kirchenjahr richtet, habe ich darauf eine sehr genaue Antwort: Mit dem ersten Adventssonntag beginnt die Adventszeit, die Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten. Die Weihnachtszeit selbst beginnt mit dem Christfest am 25. Dezember und endet mit Epiphanias (in Bayern der Feiertag »Heilige Drei Könige«) am 6. Januar, mancherorts auch erst am 2. Februar, zu Mariä Lichtmess. Irgendwann ist das letzte Plätzchen gegessen, die letzte Mandarine gezutzelt und selbst die Nordmanntanne am Ende.

Wir alle haben unsere Vorstellungen, was es unbedingt in der Weihnachtszeit geben muss an Dingen und an Bräuchen, an Klängen, Geschmäcken und Gerüchen. Und für viele Menschen steht am Heiligen Abend auch ein Gottesdienstbesuch wie selbstverständlich auf dem Familienprogramm. Schön, wenn dann die Gemeinde im Kerzenschein zusammensitzt und gemeinsam »Stille Nacht« oder »Oh, du fröhliche« singt. Da schwingt dann noch viel von der Sehnsucht aus Kindertagen mit. Die weihnachtliche (Vor-)Freude konnte offensichtlich nicht so leicht verschüttet gehen wie viele andere Bedürfnisse, die sich im Laufe unseres Lebens gewandelt haben. Wir werden von unseren familiären Vorstellungen und Traditionen geprägt und halten sie zugleich am Leben, weil sie uns wichtig sind. Vor allem vor Weihnachten wird das deutlich.

Wann ist die richtige »Zeit für Gemütlichkeit«? Das kann man locker handhaben. Ich bin sogar der Meinung, wer sich über die Geburt unseres menschgewordenen Gottes freut, der muss sich doch ein Leben lang zu jeder Zeit darüber freuen! Aber weil der Glaube (in allen Religionen übrigens) die Gemeinschaft in den Blick nimmt und nicht beim Einzelnen bleibt, ist es hilfreich, auch die gemeinsamen Zeiten für den Glauben und damit verbundene Traditionen zu pflegen. Das tut der Seele gut!

Für mich als Christ sind die meisten der bekannten Weihnachtstraditionen äußere Formen wunderbarer Glaubensinhalte. Wer bereit ist, sich ein bisschen damit zu beschäftigen, kann Bereicherndes für sein Leben entdecken. Da will sogar der Christstollen an das warm eingepackte, heilige Christkind erinnern, um dessen Geburt es geht.

Die schönen Holzkrippen, die einige bayerische Kirchen zieren, erzählen in eindrücklicher Weise gleich das ganze Weihnachtsevangelium: Sie zeigen armselige Hirten, Menschen am Rande der Gesellschaft, denen Gott eine frohe Botschaft bringt: »Fürchtet Euch nicht!« Sie zeigen eine junge Mutter, die ein Kind erwartet und es unter nicht gerade leichten Bedingungen zur Welt bringt, aber mit sämtlicher göttlicher Liebe und unter dem Schutz seiner Engel. Drei Weise und offenbar wohlhabende Gottsucher aus der Ferne, die erkennen, dass sich Gott im Kleinen finden lässt. Das Jesuskind, das aus seiner Futterkrippe so viel Glück und Frieden verströmt, dass sämtliche Missstimmungen verstummen.

Wenn Gott Mensch wird, um uns nahe zu sein, bemächtigt er sich auch unserer äußeren Formen und heiligt sie. Gemeinsam dürfen wir über Gottes Nähe staunen. Alle Jahre wieder. Nicht nur an Weihnachten, aber da fällt es uns offenbar leichter als sonst.

In diesem Sinne: Frohe und gesegnete Weihnachten!
Pfarrer Michael Simonsen,
Christuskirche Poing

Artikel vom 20.12.2017
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