Die Chronik der Protestanten in München

Gedenkfeier mit Dr. Markus Söder wirft einen Blick auf die Geschichte

Dr. Markus Söder mit Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler (li.) und Stadtdekanin Barbara Kittelberger vor der neuen Tafel. 	Foto: VA

Dr. Markus Söder mit Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler (li.) und Stadtdekanin Barbara Kittelberger vor der neuen Tafel. Foto: VA

München · Die Evangelische Kirche in der Region München gedenkt anlässlich des Jubiläumsjahres »500 Jahre Reformation« der Anfänge der Geschichte der Protestanten in München.

Mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wird künftig auf einer Tafel in der Residenz an das erste protestantische Gotteshaus in München erinnert. Es befand sich an der Stelle des heutigen Comité-Hofs. 1799 wurde es für die protestantische Kurfürstin Karoline von Baden und ihr Gefolge eingerichtet und am 6. April 1800 eingeweiht. Beim Festakt sprachen jetzt Staatsminister Dr. Markus Söder, Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler und Stadtdekanin Barbara Kittelberger jeweils Grußworte.

Finanz- und Heimatminister Dr. Markus Söder: »Am 31. Oktober 1517 hat der Mönch Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche angeschlagen. Das Lutherjahr hat für mich als Mitglied der Landessynode und auch als Heimatminister eine besondere Bedeutung. In Bayern gibt es viele Zeugnisse der Zeit der Reformation wie den ältesten für den protestantischen Ritus ausgestatteten Kirchenraum in Deutschland in der Schlosskapelle in Schloss Neuburg a.d. Donau aus dem 16. Jahrhundert. In München dauerte es bis ins 19. Jahrhundert bis eine evangelische Kirche errichtet wurde. Es war ein langer Weg, bis der Staat freie Religionsausübung für alle gewährte. Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, das es zu bewahren gilt.«

In München war es infolge des ersten bayerischen Religionsmandats vom März 1522 verboten, »Luthers Irrungen anzuhangen, dieselben zu disputieren, zu beschützen und verfechten«. Die »reformatorische Wende« kam erst am Ende des 18. Jahrhunderts nach München – mit der Hochzeit von Kurfürst Max Joseph mit der lutherischen Prinzessin Karoline von Baden in 1797. In ihren »Ehepakten« ließ sich die junge Frau das Recht auf freie Ausübung ihres Glaubens zusichern.

Am 2. Juni 1799 wurde der erste evangelische Gottesdienst in München im grünen Saal von Schloss Nymphenburg zelebriert. Und im Jahr 1800 wurde das Ballhaus der Residenz München zu einer evangelischen Hofkirche umgebaut. Die Einweihung erfolgte am Palmsonntag, dem 6. April 1800 durch Kabinettsprediger Ludwig Friedrich Schmidt. Münchens erste evangelische Kirche bot 900 Menschen Platz. Mit Psalm 84, den Schmidt zum Gegenstand seiner ersten Predigt nahm, begann Stadtdekanin Barbara Kittelberger ihr Grußwort: »Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen - deine Altäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.«

Der Kabinettsprediger, so Kittelberger, beschreibt damit das Glück der Protestanten in München endlich ein Gotteshaus gefunden zu haben. »Schmidt ist neben Kurfürstin Karoline die entscheidende Persönlichkeit für die Entstehung einer Münchner evangelischen Gemeinde. Ausgerechnet einer Frau und der Liebe wegen verdanken wir Protestanten heute das Wunder von 1799. Heute, im Jahr des Jubiläums, sind Frauen in kirchenleitenden Positionen selbstverständlich und gestalten im Kirchenkreis Oberbayern und in München unsere evangelische Kirche – gemeinsam mit Männern.«

Ausstellung zum Weg der Protestanten

Zum Gestalten der Zukunft gehört das Bewahren des Erbes der Vergangenheit. So wurde die Idee geboren, mit einer Gedenktafel im Comité-Hof in der Residenz an die Anfänge des Protestantismus in München zu erinnern.

Susanne Breit-Keßler, Regionalbischöfin und ständige Vertreterin des Landesbischofs, spannte den Bogen vom Hofbethaus in der Residenz bis in die Gegenwart.

Sie betonte, wie wichtig in einer immer schnelleren Zeit »Oasen der Ruhe« wären:

»Die Taktung ist hoch. Arbeit, Shoppen, Konzert, Kino, Disco, Theater, Fußball, Biergarten – vieles bringen Menschen heute an einem Tag oder einem Wochenende unter einen Hut. Besinnung bieten da unsere Gotteshäuser. In vielen Kirchen sieht man tagsüber Menschen mit Einkaufstüten oder Aktentaschen, die einfach einmal zehn Minuten lang dem Trubel der Stadt entkommen wollen und sich still in eine Kirchenbank setzen, um den Körper und die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen. Unsere Stadt braucht diese heiligen Räume, die erfüllt sind von Ruhe und Stille. In ihnen geht es nicht um Konsum und Party und Familienalltag. In ihnen erhalten Menschen die Chance, zu sich zu kommen und Verbindung aufzunehmen zu dem Grund, der ihr Leben trägt. Kirche in der Stadt ist aber noch viel mehr als der notwendige Rastplatz für die gestresste Seele. Es ist eine Rückkehr zu unseren Anfängen.« Anlässlich der Enthüllung der Erinnerungstafel wurde auch eine Ausstellung zur »Chronik der Protestanten in München« eröffnet, die noch bis zum 30. April im Comité-Hof besichtigt werden kann.

Artikel vom 11.04.2017
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