Aufeinander zugehen

Stadtteilbüro Neuperlach – 30 Jahre der Treffpunkt im Viertel

Das Stadtteilbüro-Team beim Anschneiden der Jubiläumstorte.	F.: Isabel Hartmann

Das Stadtteilbüro-Team beim Anschneiden der Jubiläumstorte. F.: Isabel Hartmann

Neuperlach · »Wir wollen aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen, miteinander umzugehen« – das sangen Gastgeber und Gäste beim Empfang zum 30-jährigen Bestehen des Treffpunkts im Stadtteilbüro Neuperlach.

Treffender als mit dieser Liedzeile lässt sich das Motto der Einrichtung nicht beschreiben: Ins Leben gerufen wurde der Treffpunkt, um den Bewohnern des damals neu gebauten Stadtteils die Möglichkeit zu geben, sich kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Als »Gemeinwesenarbeit der Inneren Mission« startete die Einrichtung 1973 in der Lätarekirche. Der Treffpunkt – das dritte Standbein neben Vernetzung und Sozialberatung – kam 1986 dazu. Seit dieser Zeit residiert das Stadtteilbüro auch in – mittlerweile grundlegend renovierten – Räumen am Gerhart-Hauptmann-Ring. »Gemeinwesenarbeit hat damit zu tun, etwas zu verknüpfen, aber auch sich den Herausforderungen im Wohnquartier zu stellen und für den sozialen Frieden im Quartier einen Beitrag zu leisten«, sagte Gordon Bürk, Geschäftsführer des Evangelischen Hilfswerks München, zu dem auch das Stadtteilbüro gehört. Es gelte dabei, Sachen anzuschieben und das Potenzial vor Ort zu nutzen. Dass dieses im Stadtteilbüro gelingt, zeigt auch die lange Liste der Gruppen und Vereine, die dort in den vergangenen drei Jahrzehnten eine Heimat gefunden haben: von der Selbsthilfegruppe türkischer Frauen über Donna mobile, »Mieter helfen Mietern« bis hin zum Nähkreis, dem Fotoclub, Einspruch e.V. und dem Verein »Deutsch-vietnamesische Buddhisten«.

Als Vertreter von Regsam und Caritas richtete Norbert Gutzeit seine Dankesworte insbesondere an Christine Maier, die das Stadtteilbüro seit mehr als 25 Jahren leitet: »Es braucht Leute, die die Profession auch als Position des Kümmerers sehen und jenseits des Arbeitsauftrages Herzblut mitbringen.« Das könne nicht jeder. Er plädierte an die Geldgeber, dass sie Mittel nicht nur in den Ausbau von Fachdiensten, sondern auch in die Gemeinwesenarbeit stecken: »Wir brauchen Interdisziplinarität, die gelebt wird.« Glückwünsche vom Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach überbrachte dessen Vorsitzender Thomas Kauer. Die Flaggen in den Räumen des Stadtteilbüros spiegelten auch wieder, wie international die Einrichtung unterwegs sei, »in einem Viertel mit rund 150 Nationen«, sagte er. »Machen Sie weiter wie bisher, sie machen einen grandiosen Job!« wandte sich Kauer an die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden. Der Bezirksausschuss setze sich dafür ein, dass Projekte wie »Besser Leben in Neuperlach« in eine neue Runde gehen können. Auf die Vernetzung der verschiedenen Einrichtungen vor Ort ging Diakon Wolfram Schiefer von der Lätarekirche ein. »Es ist wichtig, dass man miteinander denkt«, sagte er. »Wenn man Unterstützer hat, dann geht etwas.« So seien etwa die Tafel und das Projekt zur häuslichen Versorgung in enger Zusammenarbeit entstanden. Nach dem Motto »Hilfe zur Selbsthilfe« war es von Anfang an wichtig, die Besucher mit ihren Ressourcen und Talenten in die Arbeit des Treffpunkts einzubeziehen. Und das ist gelungen: Neben den beiden hauptamtlichen Sozialpädagoginnen und einer Verwaltungskraft gibt es rund 60 Ehrenamtliche, die sich in den verschiedenen Angeboten engagieren, teilweise schon seit mehreren Jahrzehnten. Für sie gab es bei dem Empfang auch eine Urkunde und ein kleines Dankeschön.

Transparenz, Teilhabe und Empowerment seien wichtige Bestandteile der Gemeinwesenarbeit, legte Tilo Klöck, Professor der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Hochschule München, in seinem Referat zu »Entwicklungen und Perspektiven der Gemeinwesensarbeit in Zeiten einer multikulturellen Gesellschaft« dar. »Raum für Selbstengagement zu geben« sei etwas anderes als der bloße Dienstleistungsgedanke, einen Stadtteil zu versorgen. Es gelte dabei, die Potenziale vor Ort zu nutzen. So solle Multikulturalität nicht als Problem gesehen werden: »Faktische Mehrsprachigkeit ist gerade in Einwanderungsgebieten ein Potenzial, wenn man es nutzt«, betonte er. Nur wenn der Druck groß ist und soziale Bewegungen entstehen, werde Gemeinwesensarbeit stark unterstützt, legte Klöck dar. Ansonsten sei sie ständig im Abwicklungsmodus. Beim Stadtteilbüro habe in Zeiten von Kürzungen die bürgerschaftliche Organisation mit Konstanz sichergestellt, dass die Arbeit auch während einer Durstrecke weitergeht. Klöck plädierte dafür, die Arbeit der Stadtteilbüros in Zukunft zu stärken – wie gehabt, mit Konzepten, die sich an der aktuellen Situation orientieren. »Dann wird das Stadtteilbüro Neuperlach auch in zehn Jahren von sich reden machen.« Mehr unter www.stadtteilbuero.neuperlach.de

Artikel vom 06.07.2016
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