Kritiker wollen Zweitvertretungen von Proficlubs verbannen – Teil 2 der Wochenanzeiger-Analyse

Woran krankt die Regionalliga?

Regionalliga Süd im Sechzger-Stadion. Foto: A. Wild

Regionalliga Süd im Sechzger-Stadion. Foto: A. Wild

München • Die sportpolitische Debatte um die Zukunft der kränkelnden Regionalligen beschäftigt zwei Jahre nach der Neustrukturierung mittlerweile auch den Deutschen Fußball Bund.

Bis zum DFB-Bundestag im Oktober will der Verband einen Vorschlag erarbeiten, der die darbenden vierten Ligen künftig attraktiver machen und die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigen soll. Dass dies einer Quadratur des Kreises gleichkommen dürfte, ahnt man sicher auch in Frankfurt.

Auf Seiten der Faninitiative „Pro-Regionalliga-Reform-2012“ hat man bereits eine klare Vorstellung davon, wie die höchste Amateurspielklasse in Deutschland zukünftig aussehen soll: Zwei Regionalligen, unterteilt in Nord und Süd – ohne die zweiten Mannschaften von Profivereinen. Letztere sollen in einer eigenen Liga spielen. Die Meister der Nord- und Südstaffel steigen direkt in die 3. Bundesliga auf; die Tabellenzweiten in Nord und Süd ermitteln in Relegationsspielen einen weiteren Aufsteiger. Der Meister aus der Runde der zweiten Mannschaften von Profivereinen soll ebenfalls in die 3. Bundesliga aufsteigen dürfen und dort das – unabhängig vom Tabellenplatz – schlechteste Reserveteam ablösen.

Aktuell spielen in den Regionalligen Nord, West und Süd 54 Mannschaften, darunter 29 Vereine mit ihren ersten Teams und 25 Zweitvertretungen von Profivereinen. Wie kommt es zu dieser hohen Anzahl an zweiten Mannschaften? Hier ist ein zeitlicher Rückblick notwendig. Noch vor 15 Jahren waren Zweitvertretungen von Profivereinen in den höchsten Amateurligen – von wenigen Ausnahmen abgesehen – unbekannt. Heute spielen die meisten Bundesligisten mit ihren Nachwuchsteams (U23-Mannschaften) zu Ausbildungszwecken in den Regionalligen oder sogar der 3. Liga. Das war vom DFB so gewollt und wurde über die für Profivereine verpflichtend gemachten Nachwuchsleistungszentren aktiv gefördert. Die Qualitätsoffensive im Juniorenbereich trägt Früchte. Erfolge der Nationalmannschaften des DFB und eine Vielzahl an, immer wieder nachwachsenden, deutschen Talenten in den Bundesligen bestätigt die Erfinder. Dass junge Spieler nach der B-Junioren- und A-Junioren-Bundesliga nicht wieder auf die gleichen Gegenspieler treffen, sondern sich in den U23-Mannschaften erstmalig im Wettkampf mit Herrenmannschaften messen sollen, ist Teil des Ausbildungskonzepts für künftige Lizenzspieler.

Verständlicherweise sind Traditionsvereine, die mit ihrer ersten Riege in der höchsten Amateurklasse spielen, nur mäßig begeistert davon, für Ausbildungszwecke der Bundesligisten herangezogen zu werden. Zumal sie finanziell daran nicht partizipieren. Hier könnte unter Umständen eine verbandsfinanzierte Ausbildungsumlage, die an die Erstvertretungen in der höchsten Amateurklasse ausgeschüttet wird, für einen fairen Ausgleich sorgen.

Die ersten Mannschaften in den viertklassigen Regionalligen und der 3. Bundesliga unterhalten mittlerweile ebenfalls Ausbildungsmannschaften in den darunterliegenden Oberligen; wie beispielsweise die U23-Teams der Traditionsvereine Kickers Offenbach, SpVgg Unterhaching, Stuttgarter Kickers, Eintracht Trier, 1. FC Saarbrücken und SV Elversberg, die alle in der fünften Liga spielen und sich dort mit 1. Herrenmannschaften kleinerer Vereine messen. Die Klagen der Oberligavereine über eine vermeintliche Wettbewerbsverzerrung durch eine wechselnde sportliche Zusammensetzung der Ausbildungsteams kennt man sicher auch dort.

Ein gravierendes Problem stellen für eine Reihe von Regionalligavereinen die stark gestiegenen Anforderungen an ihre Infrastruktur – Stadien, Personal, Sicherheit – dar. Die umfangreichen Auflagen des DFB gehen nach Meinung vieler Kritiker an der Realität in der vierten Liga weit vorbei. Zweite Mannschaften von Profivereinen tun sich da deutlich leichter, weil sie einfach die vorhandenen – überdimensionierten – Stadien nutzen können. Hier ist der Verband gefordert, seinen Anforderungskatalog zu prüfen und enger mit den Vereinsvertretern abzustimmen. Nicht alles was theoretisch aus dem einen oder anderen Grund wünschenswert sein mag, muss in der Praxis unbedingt teure Pflicht sein.

Spätestens wenn Vereine in die 3. Bundesliga aufsteigen, werden die Anforderungen ohnehin hoch genug. Doch dahin muss man erst einmal kommen. Aktuell steigen nur die Meister der Regionalligen auf. Die Zweitplatzierten schauen in die Röhre. So werden die Regionalligen zum Nadelöhr und zur Endstation für viele ambitionierte Vereine. Nur mit einem finanziellen Kraftakt und jeder Menge Glück ist ein Aufstieg aus der Regionalliga überhaupt noch möglich. Das kann nicht im Interesse des Sports sein. Dass aus der 3. Bundesliga mit 20 Teilnehmern nur drei Mannschaften absteigen, ist nicht erklärlich. Welcher Weg zur Aufwertung der Regionalligen der richtige ist, darüber wird noch lange gestritten werden. Der Initiative „Pro-Regionalliga-Reform-2012“ kommt der Verdienst zu, mit ihren Forderungen dazu beigetragen zu haben, dass das Thema in Fußballkreisen breit diskutiert wird.

Alfons Seeler

Woran krankt die Regionalliga?

Artikel vom 17.08.2010
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...