Von den Zuhörern nahezu unbemerkt, mussten die über die Nachbarschaftshilfe organisierten Sauerlacher Tagesmütter bei der Gemeinderatssitzung vom 22. Juli eine Kürzung ihres Stundenlohns um über 50 Prozent hinnehmen. Ganze 3,13 Euro pro Stunde und Kind werden die Tagesmütter ab dem neuen Schuljahr verdienen. Zusätzlich erhalten sie über die Nachbarschaftshilfe einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung.
Erst letztes Jahr wurde das Tagesmütter-Projekt in Sauerlach ins Leben gerufen. Die Nachbarschaftshilfe sorgt dabei für die Ausbildung und Fortbildung der Tagesmütter und vermittelt den Kontakt zwischen den Eltern und Tagesmüttern. Der Grund für die empfindliche Kürzung des Stundenlohnes sind die hohen Defizite des Projektes.
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Laut Nachbarschaftshilfe sind den meisten Eltern 6 Euro pro Stunde für die Betreuung ihrer Sprösslinge zuviel, es wurden weniger Kinder als erwartet für das Projekt angemeldet.
Trotzdem bleiben die Fixkosten für die Nachbarschaftshilfe natürlich unverändert hoch: allein 14.650 Euro werden nächstes Jahr die Personalkosten der Teilzeitkraft verschlingen, die das Tagesmütter-Projekt für die Nachbarschaftshilfe verwaltet und organisiert.
Weitere 9.500 Euro fallen für Werbung Büroausstattung, Betriebskosten und Professionalisierung an.
Von den geplanten Einnahmen in Höhe von 67.500 Euro bleibt da für die Tagesmütter nicht mehr allzu viel übrig. Die Einnahmen setzen sich aus den Elternbeiträgen in Höhe von 45.000 Euro und den Förderungen durch die Gemeinde und das Land von je 11.200 Euro zusammen. Schon im Schuljahr 2007/ 2008 musste die Gemeinde zusätzlich ein Defizit von 12.000 Euro übernehmen.
Auch das im kommenden Jahr zu erwartende Defizit von über 14.000 Euro wird die Gemeinde tragen, beschloss der Gemeinderat bei seiner Sitzung.
So unangenehm Defizite für die Gemeinde sind, für die Tagesmütter ist die Halbierung ihres Stundenlohnes unter Umständen fatal. Schließlich zahlen sie von ihrem Einkommen neben Steuern und Versicherung auch noch die kindgerechte Ausstattung der Wohnung, Spielzeuge und Essen für die betreuten Kinder, erklärt eine Tagesmutter.
Denn anders als bei der privaten Kinderkrippe, die von der Gemeinde eine Erstausstattung in Höhe von bis zu 25.000 Euro zur Verfügung gestellt bekommt, erhalten die Tagesmütter keine Zuschüsse zur Ausstattung. Da bleibt dann am Monatsende vom Einkommen nicht viel übrig. Als Trostpflaster für die Tagesmütter will die Nachbarschaftshilfe ab kommenden Schuljahr das Vergütungssystem ändern: Statt pro tatsächlich betreuter Stunde zu zahlen, buchen die Eltern, ähnlich wie im Kindergarten, einen festen Stundensatz, der das ganze Jahr über bezahlt werden muss. Ausfallzeiten wie Urlaube und Krankheitstage müssen dann trotzdem bezahlt werden.
Der Vorteil für die Eltern liegt im erheblich verbilligten Stundensatz, der Vorteil für die Tagesmütter ist die bessere Planbarkeit ihres Einkommens und der Schutz vor Verdienstausfällen.
Trotzdem werden nur wenige der aktuellen Tagesmütter unter den neuen Bedingungen weitermachen.
Manche sind allerdings vertraglich noch für ein Jahr an die Nachbarschaftshilfe gebunden.
Ob es sich lohnt, das Projekt mit so wenigen Tagesmüttern weiterzuführen ist fraglich, denn mit sinkender Teilnehmerzahl steigt natürlich das Defizit.
Andrea Pietsch