Veröffentlicht am 29.01.2015 12:40

Facebook greift noch mehr Daten ab

Foto: sko
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Der 30. Januar bringt wesentliche Veränderungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Online-Netzwerks Facebook mit sich: Es werden noch mehr Daten ausgewertet, um personalisierte Werbung platzieren zu können. Das Nutzerverhalten wird also noch detaillierter als bislang verfolgt und gespeichert, auch abseits des sozialen Netzwerks. Wer bei Facebook Mitglied ist und andere Internetseiten oder Apps nutzt, hinterlässt eine Vielzahl an Informationen, die das Unternehmen künftig nutzen kann. Vereinfacht ausgedrückt: Sucht man auf einer anderen Internetseite nach einem Produkt, muss man anschließend auf seiner Pinnwand mit Werbung rund um dieses Thema rechnen. Wer sich nach dem Stichtag in das virtuelle Netzwerk einloggt, stimmt den neuen Bedingungen automatisch zu. Ein Widerspruch ist nicht möglich.

Was wird wofür ausgewertet?

Inzwischen hat auch der Bundestag die neuen fragwürdigen Richtlinien auf seine Agenda gesetzt, nicht zuletzt, weil immer noch nicht klar sei, welche Daten zu welchem Zweck gesammelt, genutzt und ausgewertet werden. Zudem bestehe für das Unternehmen die Möglichkeit, die Tochterkonzerne WhatsApp und Instagramm zu einem großen Datenzusammenschluss zu nutzen. Auch wenn Facebook aktuell versichert, dass dies nicht geschehen werde, bleibt der Rechtsausschuss des Bundestags skeptisch. Aktiv eingreifen kann dieser jedoch nicht, es gilt: US-Konzern, US-Regeln. Dem deutschen Datenschutzgesetz misst das amerikanische Unternehmen kaum Wichtigkeit bei. Facebook möchte seinen Nutzern mit den neuen Bedingungen zwar mehr Rechte bei der Eingabenverwaltung geben und angeblich auch die manuelle Deaktivierung der Werbung ermöglichen. Dies ist jedoch keine Garantie dafür, dass die Daten nicht erhoben und ausgewertet werden.

Interessen werden ausgespäht

Was geschah bislang schon, wenn man als Facebook-Mitglied und im Internet surfte? Beim Einloggen über den Browser oder über die App speichert Facebook die Nutzer-ID in einem sogenannten „Cookie” (= eine kurze Textdatei in einer Datenbank auf dem Computer, die zum Austausch von Informationen zwischen den Computerprogrammen dient). Verlässt man nun Facebook und stöbert auf einer anderen Seite, die wie das soziale Netzwerk einen „Like-Button” besitzt, wird die Seite zusammen mit der Nutzer-ID im Cookie abgelegt. Auf diese Weise „ortet” Facebook seine Nutzer im Netz und kann deren Interessen anhand der Suchanfragen nachvollziehen - das Drücken des „Like-Buttons” auf einer anderen Internetseite ist hierfür nicht mal notwendig, der Button muss einfach nur in den Code integriert sein.

Surfverhalten wird beobachtet

Bislang basierte die Datenanalyse von Facebook vor allem auf den Netzwerk internen Angaben, doch nun wird das sonstige Surfverhalten ebenfalls beobachtet, gespeichert und für Werbezwecke ausgewertet. Auf welche Weise genau, dazu äußerte sich das Unternehmen kaum. Der für Facebook gläserne Nutzer kann nicht nachvollziehen, wer seine Daten wann in die Hände bekommt und was mit diesen Informationen angestellt wird. Er muss sich mit wagen Aus- und Zusagen des sozialen Netzwerks zufrieden geben.

Facebook weiß, wo Nutzer sind

Doch damit nicht genug: Mit den neuen AGB werden auch die Standortdaten intensiver einbezogen. Auf diese Weise weiß Facebook, wo sich seine Nutzer gerade aufhalten. Regional Werbende sollen dadurch standortnah personalisierte Werbung schalten können. Wer dies nicht möchte, sollte der Facebook-App den Zugriff auf das GPS im Smartphone generell verwehren. Geplant ist auch die Einführung eines „Kauf-Buttons”, der dem Unternehmen die Beobachtung des Konsumverhaltens seiner Nutzer ermöglichen soll.

Kann man sich wehren?

Inzwischen kursieren auf Facebook viele „Widerspruchsbilder”, diese sind aber rechtlich nicht gültig. Es bleibt dabei: Mit dem Einloggen ab dem 30. Januar erklärt man sich automatisch mit den neuen Nutzungsbedingungen einverstanden. Wem es mit der Spionage endgültig reicht, dem bleibt tatsächlich nur die Möglichkeit, Facebook zu meiden und sein Konto vollends zu löschen, was unter folgendem Link möglich ist: https://www.facebook.com/help/224562897555674 .

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Deaktivierung des Kontos nicht ausreicht: Auf diesem Weg bleiben die Daten gespeichert.

„Das Gefühl, die führen Buch über die Nutzer”

Esther Jontofsohn-Birnbaum von der Verbraucherzentrale Bayern sieht die neuen Facebook-Zugriffe skeptisch:

„Der Verbraucher wird noch gläserner durch diese Datensammelwut von Facebook. Nun wird auch auf Apps zugegegriffen, die der Verbraucher außerhalb von Facebook besucht, also Apps, die er sich zum Beispiel auf seinem Smartphone oder Computer ansieht, während er gar nicht bei Facebook angemeldet ist. Man hat fast das Gefühl, die führen Buch über die Nutzer. Ein Widerspruch ist überhaupt nicht möglich. Wer sich einloggt, stimmt den neuen Richtlinien zu. Der Verbraucher kann natürlich aussteigen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, etwas an den Werbeeinstellungen zu ändern. Damit lässt sich festlegen, inwieweit Facebook mit persönlichen Daten Werbung schalten kann. Dazu muss man technisch aber schon relativ fit sein, weil man von Facebook auf eine andere Plattform geleitet wird und dort dann wieder etwas ändern muss. Ich denke, das ist bewusst so angelegt, weil die wenigsten Nutzer das machen werden.”

Die Polizei warnt

Im Kriminalfachdezernat 12 Cybercrime des Polizeipräsidiums München heißt es zu den neuen Nutzungsrichtlinien bei Facebook:

Die Änderungen sehen eine stärkere Vernetzung vor. Es werden zum Beispiel Daten aus Plattformen wie WhatsApp oder Instergram aber auch aus anderen Kommunikationsbereichen abgegriffen, um ein noch genaueres Bild von der Person zu bekommen. Facebook begründet das offiziell damit, dass Werbung noch gezielter gesetzt werden soll. Der Hauptkritikpunkt ist, dass man nicht widersprechen kann. Wer sich einloggt, stimmt den Allgemeinen Geschäftsbedingungen automatisch zu. Man kann sich entweder bei Facebook abmelden oder mit den Konsequenzen leben.

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