„Kennen Sie einen reichen Taxifahrer?” Frank Kuhle, Vorstand der Taxi-München e.G. genügt eine einzige rhetorische Frage, um seinen Zuhörern die Situation seiner Kollegen vor Augen zu führen. Die ist wie für viele Unternehmen derzeit nicht die rosigste. Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen schlagen sich die Taxifahrer mit Problemen wie den Baustellen in Pasing herum, streiten um den Verbleib ihrer Standplätze z.B. am Harras - und sehen sich einem neuen Gegner gegenüber, der mit ungleichen Waffen aufs Feld getreten ist. Es sind Online-Dienste wie der Firma Uber, die auch in München Fahrten vermittelt. Taxifahrer in mehreren europäischen Städten haben gegen die „Online-Bedrohung” mobil gemacht (auch die Münchner taten es am Harras), in München brachte Michael Mattar (FDP) mit seinen Fraktionskollegen das Problem vor den Stadtrat: „Untergraben die sogenannten Online-Taxidienste die strikten Regulierungen des Taxi-Gewerbes in München?” will Mattar wissen.
Das neue Uber-Modell klingt für viele verlockend und funktioniert ähnlich einer Mitfahrzentrale: Jeder kann sich dort als privater Fahrer registrieren lassen und über Apps vermittelte Fahrten übernehmen. Anders als beim Taxi fallen keine Kosten für das Bereithalten des Autos oder die Qualifikation der Fahrer an. Solche „illegalen Verkehre” beobachten die Taxler nach ähnlichem Muster schon seit Jahren etwa während des Oktoberfestes, wenn sich private Fahrer die Rosinen aus dem harten Alltagsgeschäft picken und rund um die Wiesn schnelle Kundschaft suchen.
Stadtrat Mattar ist skeptisch: Wer überwacht diese Privatfahrer? Wie wird die Sicherheit der Fahrgäste gewährleistet? Sind diese bei Online-Diensten überhaupt versichert? Und was passiert mit Kundendaten?
„Um in einem OP operieren zu können, brauchen Sie einen fachlichen Nachweis”, vergleicht Frank Kuhle die Situation, „ich kann nicht einfach eine Klinik aufmachen und losoperieren.” Er und seine Kollegen hoffen auf den Rechtsstaat: „Er muss seine Gesetze durchsetzen!” Sprich: die fachliche Qualifikation der Fahrer fordern und gewährleisten. kein Mensch würde bei einem Arzt oder Handwerksmeister darauf verzichten.
Diese Gesetze sind insbesondere etliche Auflagen, die Taxi-Unternehmen erfüllen müssen und die ihren Fahrgästen zugute kommen, erklärt Reinhard Zielinski, ebenfalls Vorstand der Taxi-München eG: „Wir haben hohe Sicherheitsanforderungen an unsere Fahrzeuge und an unsere Fahrer, die ja besonders belastbar sein müssen.” Die Taxis müssen jedes Jahr zum TÜV, die Fahrer müssen regelmäßig Reaktionstest bestehen und alle 14 Tage ihren Führerschein vorlegen. Zuverlässigkeit steht an oberster Stelle: Alle Fahrer werden z.B. alle fünf Jahre auf ihre Tauglichkeit geprüft. „Was privat seit langem gefordert wird, wird bei uns längst gemacht”, so Zielinski.
„Wir richten uns nach Recht und Gesetz”, betonen Zielinski und Kuhle. Ob das bei der privaten Konkurrenz ebenso ist, lässt sich zumindest nicht leicht kontrollieren.
Als Teil des ÖPNV erfüllen die Taxi-Unternehmen gesetzliche Pflichten, die die private Konkurrenz nicht kennt. Das kostet die Taxi-Unternehmen Geld, das die Online-Konkurrenz nicht erwirtschaften muss.
Reinhard Zielinski verweist auf die Beförderungspflicht: „Unsere Aufgabe ist es, den ÖPNV zu verdichten. Wir übernehmen, was Linienbusse, Tram, U- und S-Bahn nicht können: den Tür-zu-Tür-Beförderungsdienst.” Dazu braucht der Fahrer einen eigenen Führerschein; der Unternehmer muss Kontrollen nachweisen. Alles dreht sich um die Sicherheit des Fahrgastes: Bei Unfällen springt die Haftpflichtversicherung des Unternehmers ein. „Ob der Taxifahrer an einem Unfall schuld ist oder nicht, ist egal”, erklärt Zielinski, „der Insasse ist durch die Versicherung des Taxis immer geschützt.” Frank Kuhle ergänzt: „Bei uns genießt der Fahrgast vollumfänglichen Schutz - die neuen Dienste sehen eienen Fahrgast dagegen gar nicht als schutzbedürftig an.”
„Wir zahlen Steuern, Löhne, Beiträge zur Berufsgenossenschaft”, zählt Zielinski weitere Unterschiede zu den „Online-Fahrern” auf, „bei uns sind Menschen beschäftigt, die greifbar sind!”
Und die erhoffen sich nach dem Wechsel an der Münchner Stadtspitze mehr Rückhalt: „Bisher stand der motorisierte Straßenverkehr hinten an”, so Kuhle, „nachdem der Oberbürgermeister unser oberster Dienstherr ist, erhoffen wir uns seitens der Stadt mehr Unterstützung.” Das Kreisverwaltungsreferat kontrolliert ständig, ob die Taxi-Unternehmen Vorgaben und Auflagen einhalten. „Gesetze sind da, um eingehalten zu werden”, sagt Kuhle. Das gilt auch für die „neuen Dienste”. Hier sieht die Taxi-München eG die politische Ebene in der Pflicht.
Für den Fahrgast eine der wichtigsten Vorgaben ist der Fahrtpreis. Bei online vermittelten Fahrten setzt der Anbieter die Preise nach seinem Gusto fest; der App-Anbieter im Hintergrund kassiert 20 Prozent als Provision. „Da wird mit wenig Leistung viel Geld verdient, das im Gewerbe ja gar nicht vorhanden ist”, kritisiert Zielinski dieses Geschäftsmodell, „das kann man nur leisten, wenn man auf Leistung verzichtet”. Die Münchner Taxifahrer sind dagegen an die vom Stadtrat festgesetzten Tarife gebunden. „Wir können nicht einfach verlangen, was wir wollen”, erklärt Zielinski. Auch für seine Kollegen spitzt sich die Kostensituation zu. „Wir können aber nicht einfach 50 Prozent mehr vom Fahrgast verlangen.” Uber & Co. können das indes tun.
Jeder, der in ein Taxi steigt, kann sich sicher sein, dass der Fahrer den kürzesten Weg wählt. Auch das gehört zu den Pflichten der regulären Unternehmer. „Wir fahren verlässlich den kürzesten Weg”, unterstreicht Zielinski. Zusammen mit der Tarifpflicht ist diese Verlässlichkeit der für den Fahrgast gravierndste Unterschied. Und wenn es doch einmal Probleme gibt? „Dann gehen wir allem nach”, verspricht Zielinski. Das zählt für den Fahrgast womöglich am meisten: Bei Online-Fahrvermittlungen hat ein Fahrgast niemanden, an den er sich mit seinem Problem wenden kann.
„Unsere Schwierigkeiten werden mit den illegalen Anbietern sicher nicht kleiner”, meinen Zielinski und Kuhle. „Aber letztlich entscheidet der Fahrgast: Wir bieten Preissicherheit und persönliche Sicherheit - dass sollte sich jeder Fahrgast bewusst machen.”
Am 7. November 1917 wurde die Genossenschaft der Pferde- und Kraftdroschkenbesitzer gegründet. Nach über 90 Jahren heißt der Verbund Taxi-München eG und ist Heimat der Münchner Taxifahrer.
Der Genossenschaft sind etwa 7.000 Fahrer mit 3.020 Taxis angeschlossen. Sie unterhält ein Netz von 170 Rufsäulen an den Taxistandplätzen.
Die durchschnittliche Taxi-Strecke in der Stadt liegt bei zwei bis fünf Kilometer (80 Prozent aller Fahrten).