Kinder und Jugendliche verbringen mehr Zeit mit Bildschirmmedien als in der Schule. Übermäßiger Fernseh- und Computerkonsum macht dumm, dick und gewalttätig. Wenn wir die Hirnarbeit an Computer, Navis und Organizer auslagern, lässt das Gedächtnis nach: Schon seit Jahren warnt der Hirnforscher Prof. Manfred Spitzer mit solch drastischen Worten vor den Auswirkungen des Medienkonsums. Sein neuestes Buch trägt den Titel „Digitale Demenz - Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen”. Die Grundaussage: Bei Kindern und Jugendlichen wird durch Bildschirmmedien die Lernfähigkeit drastisch vermindert.
Der Werbe-Spiegel hat Menschen aus seinem Verbreitungsgebiet, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, nach ihrer Meinung zu Spitzers Thesen gefragt: eine Schulpsychologin, einen Gymnasiallehrer, eine Ergotherapeutin und den Münchner Stadtschulrat. Dabei fällt auf: Einmütig fordern die Fachleute, dass die Eltern den Medienkonsum ihrer Kinder beaufsichtigen und begleiten. Darin steckt das nächste große Thema, das gesellschaftlich diskutiert werden müsste: Wie viel Zeit haben wir für unsere Kinder?
Demenz ist mehr als Vergesslichkeit. Spitzer geht es um geistige Leistungsfähigkeit, Denken, Kritikfähigkeit und die Übersicht im Dickicht der Informationsflut. Seine Stärke ist es, anschauliche Beispiele zu bringen: Wenn die Kassiererin 2 plus 2 mit der Maschine berechnet und nicht merkt, dass das Ergebnis 400 falsch sein muss, wenn die NASA einen Satelliten in den Sand setzt (bzw. ins endlose All), weil niemandem aufgefallen ist, dass Inches und Meilen nicht dasselbe sind wie Zentimeter und Kilometer, oder wenn Banker sich mal eben um 55 Milliarden Euro verrechnen, dann heißt dies letztlich nur, dass keiner mehr mitdenkt.
Er sei keineswegs „Medienhasser”, schreibt Spitzer, und benutze täglich einen Computer. Nur wehre er sich gegen die Forderung, Kinder schon früh an die neuen Medien zu gewöhnen. Genauso könne man argumentieren, auch Bier und Wein gehörten zu unserer Gesellschaft und Kultur, deshalb sollten Kinder schon im Kindergarten den kritischen Umgang damit lernen.