Wie barrierefrei ist Englschalking? Kinder im Selbstversuch

Englschalking · Auf Herz und Rampen geprüft

Dieser Junge stellt fest: Der Zeitungskasten ist nur von der Straßenseite aus zu erreichen und zu hoch für Rollstuhlfahrer.	 Fotos: VA

Dieser Junge stellt fest: Der Zeitungskasten ist nur von der Straßenseite aus zu erreichen und zu hoch für Rollstuhlfahrer. Fotos: VA

Englschalking · Pünktlich zum Start des Stadtteilchecks mit dem Projekt »Auf Herz und Rampen prüfen« am 17. Juni hörte es auf zu regnen und die Kinder konnten sich auf den Weg machen, ihr Stadtviertel mal genau unter die Lupe zu nehmen. Allerdings nicht aus gewohnter Perspektive als sehender Fußgänger, sondern als Blinde, Sehbeeinträchtigte und Rollstuhlfahrer.

Auf diese Erfahrung lassen sich seit eineinhalb Jahren Münchner Kinder und Jugendliche ein und testen ihre Stadtviertel auf Barrierefreiheit. Durch den selbst erlebten Perspektivenwechsel erfahren die Kinder und Jugendlichen Barrieren, die sonst oftmals unbeachtet bleiben. Gleichzeitig kommen sie mit Menschen mit Behinderung in Kontakt, die zusammen mit Pädagoginnen die Stadtteilchecks betreuen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ein weiteres Ziel des Projekts »Auf Herz und Rampen prüfen« des Kreisjugendring München-Stadt ist es, die erlebten baulichen Missstände an den jeweiligen Bezirksausschuss weiterzugeben, um die eine oder andere Barriere zu beheben.

Beim Stadtteilcheck in Englschalking konnten die 17 Kinder der dritten Klasse der Grundschule an der Knappertsbuschstraße ihre Erlebnisse gleich direkt an Martin Tscheu vom Bezirksausschuss 13 weitergeben, der den Stadtteilcheck äußerst interessiert begleitete und auch selbst mit einer Augenbinde die Erfahrung machte, dass viel Übung nötig ist, um sich als Blinder im Straßenverkehr zu orientieren. Denn das mit der Orientierung ist so eine Sache, wenn man plötzlich nichts mehr sieht. Weitere Informationen über »Auf Herz und Rampen prüfen« sowie Dokumentationen der bisherigen Stadtteilchecks auf www.herzundrampen.de.

Ein Mädchen beschrieb es so: »Ich bin immer gegen das Gebüsch gelaufen. Gar nicht geradeaus, sondern immer weiter rechts und dann plötzlich immer weiter links, irgendwie im Zick-Zack.« Da können dann kleine Bordsteinkanten, die man sonst nicht beachtet, schon mal eine gute Orientierung bieten.

An einigen Stellen jedoch gibt es Hindernisse, die selbst-ständig nicht überwindbar sind, zum Beispiel bei der Wertstoffsammelstelle in der Knappertsbuschstraße, deren Container zu hoch sind, um mit dem Rollstuhl ranzukommen, und die für Blinde nicht zu unterscheiden sind. Während der Umbau der Container (z.B. mit Beschriftung durch Brailleschrift) einen langen Weg durch die zuständigen Stellen bedeutet, sind andere Barrieren eigentlich einfach zu beheben. So z.B. die Zeitungskästen an der Ecke Knappertsbuschstraße/Robert-Heger-Straße, die man nur umdrehen müsste, damit man sie gefahrlos benutzen kann. Denn bisher ist die Öffnung zur Straße hin und man muss den Gehweg verlassen, um ein Exemplar zu kaufen.

Neben den festgestellten baulichen Barrieren gibt es jedoch auch viel Positives zu verzeichnen, so die Geschäfte mit Rampen, wie die Postfiliale in der Knappertsbuschstraße oder die breiten Gänge im Rewe-Supermarkt in derselben Straße. Und auch, wenn der Eingang auf Grund einer Stufe mal nicht so leicht passierbar war, dann haben Passanten und Geschäftsinhaber freundlich und tatkräftig unterstützt. Nach zwei Stunden Stadtteilcheck zogen die Kinder also insgesamt eine positive Bilanz und hatten sogar noch Energie für das eine oder andere Rollstuhlrennen und Tandemfahren im elektrischen Rollstuhl.

Wer wissen will, wie das alles geht, der sollte mal an einem Stadtteilcheck mit »Auf Herz und Rampen prüfen« mitmachen und sich unter der E-Mail herzundrampen@kjr-m.de melden.

Artikel vom 29.06.2010
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