Haidhauser Netzwerk der Gemeinde St. Johannes funktioniert seit 100 Jahren

Haidhausen · Dörflicher Sozialcharakter

Der evangelische Pfarrer Holger Forssman freut sich darüber, dass die Arbeit im Gemeindebereich von Sankt Johannes auf viele Schultern der Kirche und sozialer Einrichtungen verteilt ist. 	Foto: ko

Der evangelische Pfarrer Holger Forssman freut sich darüber, dass die Arbeit im Gemeindebereich von Sankt Johannes auf viele Schultern der Kirche und sozialer Einrichtungen verteilt ist. Foto: ko

Haidhausen · Mitten in Haidhausen funktioniert ein Netzwerk zwischen sozialen Einrichtungen und Vereinen und der evangelischen Kirchengemeinde Sankt Johannes. Ein Netzwerk, das Pfarrer Dr. Holger Forssman so nicht erwartet hat, als er vor zwei Jahren von einer Stadtrandgemeinde bei Erlangen nach Haidhausen kam. Der Pfarrer freut sich vor allem darüber, dass die Arbeit im Gemeindebereich von Sankt Johannes auf viele Schultern verteilt ist.

Das hat für ihn schon fast den »dörflichen Charakter«, den er aus Erlangen kennt. »Dort ist der Kirchturm in der Mitte und ringsum die Vereine.« Somit profitieren besonders die Verantwortlichen der Kirchengemeinde und der sozialen Einrichtungen von der guten Kooperation. Ob evangelische Haidhausener auch etwas von den gut gewachsenen Strukturen haben, lässt sich laut Forssman schwer sagen. Die Protestanten im Viertel bekämen von der Vernetzung gar nicht so viel mit.

Außerdem herrsche bei der evangelischen Bevölkerung eine starke Fluktuation, bedingt durch Beruf und Alter: Im Schnitt sind die Kirchenmitglieder zwischen 25 und 35 Jahren, viele davon sind Akademiker oder etwa Journalisten. »Deren vorrangiges Bedürfnis ist nicht unbedingt, im Stadtteil die soziale Lage zu verbessern«, sagt der Pfarrer. Die würden in Sankt Johannes eher einen Ort der Ruhe, Meditation und Entspannung für sich selbst sehen, »um wieder atmen zu können«. Trotzdem gibt es aber in Haidhausen natürlich Menschen, die Hilfe brauchen. Das Stadtviertel-Netzwerk kümmert sich darum. Ältere und Bedürftige werden gerade jetzt vor Weihnachten beschenkt und versorgt. »In München gehört es aber dazu, dass diese Unterstützung eher im Verborgenen bleibt«, meint Holger Forssman. Ganz öffentlich wird hingegen am Sonntag, 13. Dezember, nach dem Gottesdienst ab 11.15 Uhr in Sankt Johannes ein Preis für soziales Engagement verliehen: 5.000 Euro bekommt der Haidhauser Verein BISS (Bürger in sozialen Schwierigkeiten) für die Altersvorsorge, die den BISS-Zeitschriftenverkäufern zur Verfügung steht. Das Geld stammt aus der Dirmann-Stiftung der Kirchengemeinde.

Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts ist das soziale Interesse in Haidhausen stark ausgeprägt gewesen. Der Stadtteil war damals ein Arbeiterviertel, in dem viele Kinder auf der Straße aufgewachsen sind. Noch bevor zu der Zeit Geld für den Bau einer Kirche gesammelt wurde, kümmerte sich das »Protestanten-Komitee« um den Nachwuchs: Der Verein kaufte im Jahr 1897 das Haus an der Wörthstraße 20 und gründete im Rückgebäude eine »Kinderbewahranstalt«. Aus dem »Protestanten-Komitee« wurde der Gemeindeverein Sankt Johannes, der bis heute existiert. Das Gemeindehaus von Sankt Johannes ist immer noch an der Wörthstraße 20 angesiedelt. Holger Forssman ist Vorsitzender des evangelischen Diakonie- und Fördervereins, den es in Haidhausen seit 1906 gibt. Bis 1978 organisierten die Mitglieder ambulante Krankenpflege mit Diakonissen als Gemeindeschwestern. Heute fördert der Verein vor allem kirchliche und soziale Initiativen. Zum Netzwerk gehören außerdem die Diakoniestation München Mitte, das Alten- und Servicezentrum Haidhausen, der Verein der Freunde und Förderer des Kantatenchors sowie der Verein Aktiv für interkulturellen Austausch (AKA). ko

Artikel vom 24.11.2009
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