Die Inflation trifft die breite Masse der Bevölkerung

München Landkreis · Überschuldungrisiko

Die Mitarbeiter der Schuldnerberatung der Caritas, Johann Rettermayer und Carola Schanzer haben immer ein offenes Ohr für die Sorgen ihrer Klienten. Foto: hw

Die Mitarbeiter der Schuldnerberatung der Caritas, Johann Rettermayer und Carola Schanzer haben immer ein offenes Ohr für die Sorgen ihrer Klienten. Foto: hw

München Landkreis · Die Schuldnerberatung der Caritas für den Landkreis München schlägt Alarm. Das dritte Jahr in Folge sind die Menschen im Landkreis erhöhten Kosten und erschwerten Bedingungen ausgesetzt.

Schlug zunächst die Pandemie zu, so sorgt der Krieg in der Ukraine seit einem Jahr dafür, dass die Kosten für Energie, aber auch für Lebensmittel und Dienstleistungen in die Höhe schnellen. Den Menschen mit kleinem und mittleren Einkommen geht mittlerweile die Luft aus, so das Fazit der Schuldnerberatung, die seit drei Jahren nicht mehr dezentral, sondern in der Kreillerstraße 24 in München anzutreffen ist. Dort stehen neun Berater für die Sorgen und Nöte von Menschen in finanziellen Schwierigkeiten bereit, die helfen, Unterlagen zu sortieren, Finanzen zu ordnen und im Schuldenfall diese so zu regulieren, dass es ein Auskommen mit dem Einkommen geben kann.

Die Schuldnerberatung zahlt dabei nicht die Schulden ihrer Klienten, sondern hilft Licht ins Dunkle zu bringen, sorgt für den Schutz vor nicht berechtigter Pfändung und hilft im Fall des Falles dabei, soziale Leistungen anzufordern, wo sie berechtigt sind. "Wir beraten nicht nur die Menschen, die vollkommen überschuldet sind, sondern alle, die sich fragen, wie sie mehr aus ihrem Budget machen, beziehungsweise, wo es sinnvolle Einsparpotenziale gibt", erklärt Caritas-Mitarbeiterin Carola Schanzer. "Das wichtigste dabei ist die Führung eines Haushaltsbuches, egal ob analog oder digital. Nur wer weiß, welche Einnahmen und welche Ausgaben er hat, kann sein Budget sinnvoll planen", betont ihre Kollegin Silvie Morelle. "Viele von denen, die zu uns in die Beratung kommen, sind bereits überschuldet, manche wollen aber beispielsweise zukünftig eine Immobilie kaufen und brauchen neutrale Hilfestellung dabei, einen soliden Plan aufzustellen, was sie sich eigentlich leisten können", informiert Johann Rettermayer vom Caritas-Team.

So gibt es auch nicht wenige Klienten, die sich zu hohe Raten bei der Tilgung ihrer Schulden aufbürden und so auf anderer Seite Schulden auftürmen, weil sie am Ende des Monats nicht mehr genug Geld übrig haben, um beispielsweise ihre Handyrechnung oder ihre Stromrechnung zu bezahlen. "Wenn wir gemeinsam mit unseren Klienten einen Haushaltsplan aufstellen, achten wir darauf, dass die Summe, die zum Leben bleibt, realistisch ist. Allen ist am Ende mehr geholfen, wenn die Raten zwar kleiner ausfallen, dafür aber auch regelmäßig gezahlt werden können", so Carola Schanzer.

Die enormen Teuerungen seit vergangenem Jahr haben dabei vielen ihrer Klienten, aber auch Haushalten, bei denen es sonst, wenn auch knapp, über die Runden ging, an die Wand gedrängt. "Bei manchen bleibt nun nach der Deckung aller Bedarfe kein Geld mehr übrig zur Schuldenregulierung. Bei manchen ist es sogar so, dass es zu wenig Geld für die notwendigen Dinge wie gesunde Lebensmittel gibt, ganz zu schweigen von sozialer Teilhabe. Wichtig ist es dabei, schnell zur Beratung zu kommen und das Gespräch mit den Gläubigern zu suchen", betont Silvie Morelle. Auch wüssten viele nicht, dass sie Anspruch auf staatliche Unterstützung haben und bekommen bei der Beratung Hilfsangebote aufgezeigt. Im Krisenfall, beispielsweise wenn die Wohnungskündidung droht oder die Kontosperrung, sind Termine innerhalb weniger Tage zu bekommen, ansonsten beträgt die Wartezeit normalerweise nicht länger als 14 Tage.

Inflation und hohe Mieten sind eine explosive Mischung

Auf Platz 1 der Klienten der Schuldnerberatung stehen Berufstätige, erst auf Platz 2 sind Leistungsbezieher zu finden. Nicht wenige der Überschuldeten kommen dabei aus dem Niedriglohnsektor. "Ein Viertel der Arbeitnehmer in Deutschland arbeitet im Niedriglohnsektor, für diese Menschen sind die aktuellen Preisentwicklungen nicht zu kompensieren, weil sie in der Regel kein oder nur wenig Erspartes haben", so Johann Rettermayer.

Ebenfalls beunruhigend ist die Zahl derer, die im Alter ihre Rente mit Grundsicherung aufstocken müssen. So hat es seit 2007 eine Steigerung bei der Zahl der Bezieher von Grundsicherung im Alter von 90 Prozent gegeben. 15,5 Prozent der über 65-Jährigen in Deutschland sind aktuell von Altersarmut betroffen. Für alle Personengruppen will die Schuldnerberatung der Caritas da sein, die versuchen, mit ihrem Budget besser auszukommen oder aber Hilfen zu bekommen, um überhaupt über die Runden zu kommen.

Zu erreichen ist die Schuldnerberatung unter Tel. 089/43 66 96 40 oder per E-Mail schuldnerberatung-LKM@caritasmuenchen.org
Die Beratung ist kostenfrei und unterliegt der Schweigepflicht.

Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man die Beratungsstelle mit der U2 (Haltestelle Josephsburg), der S2/S4 und S6 (Haltestelle Berg am Laim) und dann mit dem Bus 187 zur Haltestelle Josephsburg. Ab dem Ostbahnhof ist die Beratungsstelle durch die Tram 21 (Haltestelle Baumkirchner Straße) zu erreichen.

Themenabend
Die Caritas Schuldnerberatung und die Hans-Seidel-Stiftung laden zu einem Online-Themenabend: Was können wir uns noch leisten? Inflation und Einkommen – unverschuldet in der Schuldenfalle am Montag, 12. Juni, von 18.00 bis 19.30 Uhr ein. Anmeldung unter der E-Mail info@hss.de oder unter www.hss.de
Die Teilnahme ist kostenlos.

Heike Woschée

Artikel vom 10.06.2023
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