Gaserer ausgebremst

Kommunen im Kreis Erding suchen Alternativen zum Gas

Noch steht das von der Gemeinde Ottenhofen erworbene ehemalige Autohaus Bauer. Ein Mehrfamilienhaus, das hier errichtet werden soll, bekommt jetzt eben doch keinen Gasanschluss. Foto: kw

Noch steht das von der Gemeinde Ottenhofen erworbene ehemalige Autohaus Bauer. Ein Mehrfamilienhaus, das hier errichtet werden soll, bekommt jetzt eben doch keinen Gasanschluss. Foto: kw

Erding-Landkreis-Wartenberg · Der Krieg um die Ukraine holt etliche Gemeinden im Kreis Erding auf noch ganz andere Weise als durch die vielen Kriegsflüchtlinge ein: Ein Unternehmer, der sich mit Nahwärme befasst, brachte es gegenüber der Redaktion einmal so auf den Punkt: „Die Gaserer san sauber ausbremst.“

Tatsächlich galt Erdgas bis zu dieser Krise als eine einigermaßen verlässliche Energiequelle auch für kommunale Objekte wie etwa Schulen. So ist in Wartenberg nach einer umfassenden und äußerst kontrovers geführten Diskussion die alte Ölheizung durch eine Gasheizung ersetzt worden. Die Verfechter von Hackschnitzel oder anderen regional zu erzeugenden Brennstoffen konnten sich nicht durchsetzen, nicht zuletzt, weil alle Alternativen in der Beschaffung deutlich teurer gewesen wären. Jetzt hängt die Wartenberger Schule eben an genau dem Gas, von dem so viele jetzt weg möchten.

Bei diesem Thema sind die Messen gelesen, aber natürlich reiben sich einige, die einen anderen Brennstoff bevorzugt hätten, jetzt im Hintergrund die Hände, wobei gegenüber der Redaktion die Marktgemeinderätin Tina Scheyhing deutlich machte, dass das Nahwärmenetz doch kommen könnte und der Gaskessel dann für Spitzenlasten bleibe. Sie schränkte aber ein, dass hier noch nichts Offizielles bekannt sei.

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Auf der anderen Seite des Landkreises, in Ottenhofen, ist tatsächlich in letzter Minute noch umgesteuert worden. Ursprünglich war auch hier für ein größeres Mehrfamilienhaus im geförderten Wohnungsbau eine Gasheizung vorgesehen gewesen.

Zunächst waren es die explodierenden Gaspreise, die dazu geführt haben, dass der Gemeinderat sich das noch einmal näher angeschaut hat, und genau in dieser Phase hat Vladimir Putin den Krieg gegen die Ukrainer angezettelt. Damit war das Thema „Gas“ für den Gemeinderat sehr schnell erledigt. In diesem Komplex entsteht noch ein Mehrfamilienhaus in unmittelbarer Nachbarschaft, dass mit einer Pellets-Heizung versehen werden soll. Der Gemeinderat beschloss, sich an diese Heizungsanlage anzuschließen. Bürgermeisterin Nicole Schley (SPD) machte deutlich: „Gas ist für uns vom Tisch.“

In Langenpreising, wo ein Neubaugebiet gerade erschlossen worden ist, gelang die umsteuerung noch früher. Hier ist der Anschluss an einen bestehenden Betrieb, der Nahwärme anbietet, in vollem Gange. Anders als in Wartenberg werden auch öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten und Turnhallen an das Nahwärmenetz angeschlossen. Erdgas als fossiler Brennstoff ist hier keine Alternative.

Dennoch bekommen die Macher in Ottenhofen jetzt tatsächlich auch ein echtes Problem: Das Wasserhaus, das neu errichtet werden muss, soll dort entstehen, wo derzeit noch ein Flüssiggastank installiert ist. Zunächst war gedacht worden, das daranhängende Wohngebiet kurzerhand an eine bestehende Gasleitung anzuschließen.

Der Anbieter hier hat aber nach dem Bericht der Verwaltung in einer der jüngsten Sitzungen des Gemeinderates einen Rückzieher gemacht, sodass für diesen Flüssiggastank jetzt eine andere Lösung gefunden werden muss. Das bedeutet zwingend, dass selbst attraktive Nachfrager von Gas derzeit nicht bedient werden können, weil niemand mehr auf Gaslieferungen aus Russland vertrauen mag.

Die Tendenz ist klar: Wo immer das noch geht laufen die Versuche, den Russen möglichst nichts mehr abzukaufen. Teilweise setzt das aber vorhandene Infrastrukturen voraus. Der Blick über die Kreisgrenze zeigt, dass manche da richtig Glück haben: So wurde im Nachbarkreis schon ein ganzes großes Schulzentrum von Gas auf Nahwärme umgestellt, gerade rechtzeitig vor Putins Krieg gegen die Ukraine. Das konnten die auch nur deswegen tun, weil die Fernwärmeleitung schon lag. kw

Artikel vom 22.04.2022
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