Vor dem Tod bewahrt

Legehennen fanden in Waldtrudering ein neues Zuhause

Ein Hühner-Paradies mitten in Waldtrudering. Kl. Bild: Eine der ausgedienten Legehennen läuft hier glücklich und zufrieden durch den Garten von Sylvia Kegel. Foto: privat

Ein Hühner-Paradies mitten in Waldtrudering. Kl. Bild: Eine der ausgedienten Legehennen läuft hier glücklich und zufrieden durch den Garten von Sylvia Kegel. Foto: privat

Waldtrudering · Es wird gepickt, gescharrt und gegackert und das mitten in Waldtrudering. Ja, richtig gelesen. Denn Sylvia Kegel gibt seit 2020 Zwerghühnern und ausgestallten Legehennen in ihrem 500 Quadratmeter großen Garten ein neues glückliches Zuhause.

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Sowohl in Bodenhaltungs-, Freilandhaltungs- als auch in Biohaltungsbetrieben werden nämlich die Legehennen nach einer Legeperiode, sprich im Alter von rund 18 Monaten, ausgestallt und im Schlachthof zu einem Schlachtpreis von wenigen Cent pro Huhn entsorgt. Der Grund dafür ist einfach: Die sogenannte Legeleistung dieser Hühner sinkt, sie sind damit für die Viehhalter nicht mehr lukrativ. Hier sorgt der Verein "Rettet das Huhn", der 2007 gegründet wurde, dafür, dass zumindest ein Teil der aussortierten Hühner sein junges Leben nicht im Schlachthof beenden muss.

Die Hennen haben nach ihrer Rettung in der Regel noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von einem bis drei Jahren. "Dennoch ist jedes Jahr, jeder Monat und sogar jeder einzelne Tag, den so ein Huhn in Würde und Frieden verbringen durfte, an dem es Sonne, frische Luft, Erde, die Freundschaft mit anderen Hühnern und die Zuneigung eines Menschen erfahren durfte, es wert, sich dieser Tiere anzunehmen", lautet das Credo des Vereins, "Rettet das Huhn". Rund 95.000 Hennen aus Massentierhaltung konnten somit schon vermittelt werden, so auch vier solche Hühner bei Sylvia Kegel.

Bedingt durch die Coronapandemie kam Sylvia Kegel auf die Hühner-Idee: "Ich war schon immer in meinem Leben ein Vogelfreund. Und durch Corona und das viele daheim sitzen kam ich spontan auf die Idee, dass Hühner doch mal was wären und Platz und Zeit habe ich ja jetzt", erzählt die Diplomingenieurin, die in ihrem Leben immer viel unterwegs war. Sie fackelte nicht lange, baute den alten ausgedienten Hasenstall zum adäquaten Hühnerstall um und holte im August 2020 ihre ersten vier Hühner bei einem Züchter ab. Dabei blieb es allerdings nicht. Eine Henne wollte einfach nicht mehr von den Eiern herunter. Was nun?

"Wenn die Henne Eier ausbrüten möchte, dann soll es wohl so sein", erzählt Kegel weiter, die der Natur freien Lauf liess und alle Vorkehrungen traf, bis vier Küken schlüpften, wovon drei überlebten. Aus anfänglich vier waren es nun sieben Hühner geworden, wobei aber jetzt nun nicht mehr Hennen sondern auch zwei Junghähne durch Ihren Garten stolzierten.

Es ließ nicht lange auf sich warten und das Reviergehabe und Gerangel fing unter den beiden Streithähnen an, sodass die Hähne sich übergangsweise in die Bäume im Garten verzogen. Das morgendliche Krähen fand nicht überall Anklang, was normalerweise kein Problem darstellt, da die Hühner sonst über Nacht in einem marder- und lärmgeschützten Stall untergebracht sind. Aber auch für diese Situation ergab sich eine Lösung.

Da Sylvia Kegel eh noch mehr Hühner haben wollte, baute Sie einen zweiten Stall und holte im Juli 2021 bei einer Ausstallung über "Rettet das Huhn" drei weitere Hühner. Was auch kein Problem war, da Sie die Voraussetzung für den Erhalt von ausgestallten Hühnern, die der Verein vorgibt bestens erfüllte. Sie hatte einen raubtiersicheren, geschützten Stall (Schutz gegen Füchse, Marder und Katzen) und eine ausreichend große Freilauffläche von mindestens 10 Quadratmetern pro Huhn. Auch die Bereitschaft mit dem Huhn zum Tierarzt zu gehen, wenn es krank wird, war für Sie selbstredend sowie die Verpflichtung, die Hennen nicht zu schlachten.

Die ersten Tage, wenn die Hühner in ihrem neuen Zuhause sind, sind für alle Beteiligten sehr aufregend. "Man darf nicht vergessen, dass das schwer traumatisierte Tiere sind, die ohne Glucke und ohne feste Gruppengemeinschaft aufgewachsen sind", erklärt Kegel. Da wird auch schon mal im Stall randaliert, böse gepickt oder keine Eier mehr gelegt.

Der neue Stall wurde anfänglich gemieden. "Da zeigt sich, dass man sehr viel Geduld braucht und jedes Huhn seinen eigenen Charakter hat, aber man bekommt auch viel zurück", erzählt Sie. "Hühner sind hervorragende Haustiere. Sie sind sehr anhängliche und aufrichtige Tiere, die sich mit Menschen wohl fühlen. Es macht sehr viel Freude, die Hühner beim Scharren, Picken und Inspizieren ihrer Umgebung zu beobachten. Hühner sind nämlich sehr interessiert und neugierig", so die Hühner-Liebhaberin. Neugierig war auch die Nachbarschaft über die neue Mitbewohnerschaft in Waldtrudering. "Viele kommen vorbei zum Schauen, freuen sich über die Hühnerschar und fühlen sich auch an ihre Kindheit oder an ihre alte Heimat erinnert", erzählt Kegel.

Mit etwas Hin und Her wurde der neue Stall nun doch akzeptiert und die Hennen teilten sich schlussendlich zwischen den beiden Hähnen auf. Jetzt hat jeder Gockel sein eigenes Hennengefolge und Stall, sodass die Hühner-Harmonie im Garten von Sylvia Kegel wieder hergestellt ist.

Einfach machen!

Wer mit dem Gedanken spielt sich Hühner zuzulegen und/oder ausgediente Legehennen zu retten, "sollte es einfach machen", lautet der Tipp von Sylvia Kegel, "denn Hühner machen glücklich!" Da es gerade in der Anfangszeit sehr wertvoll ist, jemanden zu haben der einen neben dem Verein "Rettet das Huhn" Unterstützung und Tipps geben kann, wie beispielsweise: wo finde ich den richtigen Tierarzt oder was mache ich mit einem rebellischen Huhn, würde sich die Waldtruderingerin über den Austausch mit anderen Hühnerhaltern oder solchen, die es werden wollen, in ihrer Nähe freuen. "Gerade in der Anfangszeit ist es sehr wertvoll, jemanden zu haben, der einen unterstützt", so Kegel. Aber auch erfahrene Hühnerbesitzer in der Nachbarschaft sucht sie für einen gegenseitigen Austausch, Hilfe und Unterstützung, wie beispielsweise einer Urlaubsvertretung. Wer Interesse hat, kann sich gerne bei Sylvia Kegel unter der E-Mail sylvia.kegel@googlemail.com melden.

Nächste Ausstallungen am 16. April

Michaela Reithmair vom Verein "Rettet das Huhn", sorgt im Großraum München/Oberbayern dafür, dass die Hennen ein gutes Zuhause finden. Wer Hennen oder Hähne aufnehmen möchte, kann sich bei ihr bewerben. Vermittelt werden die Hühner gegen eine freiwillige Spende mit Schutzvertrag nur in kleinen Gruppen (mind. drei, max. 15 Tiere) an tierliebe Privatpersonen. "Hühner sind keine Einzelgänger, sie brauchen die Gruppe, um sich wohlzufühlen. Eine kleine Gruppe Hennen braucht nicht zwingend einen Hahn", so die Tierschützerin Michaela Reithmair.

Menschen, die zwar gerne Hühner hätten oder retten wollen, aber nicht über den nötigen Platz verfügen, haben die Möglichkeit bei der Ausstallung ganz praktisch zu helfen, oder zu spenden. Manche der Hühner brauchen leider teure tierärztliche Betreuung, hier sind Spenden immer willkommen, so Michaela Reithmair. Die nächste Ausstallung findet nun am 16. April (Biohaltung), statt.

Wer sich um Hühner bewerben möchte, muss Fotos des Stalls und der Freifläche, die den Hühnern zur Verfügung steht an den Verein mailen. Mehr Informationen und weitere Kontaktdaten findet man unter www.rettet-das-huhn.de ar

Artikel vom 10.04.2022
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