Der Chefarzt der Radiologie berichtet

Medizinisches Interview mit Dr. Marco Heinz: Die Radiologie an der Kreisklinik Ebersberg rüstet auf

Dr. Marco Heinz, Chefarzt der Radiologie der Kreisklinik Ebersberg, vor einem mobilen und einem fest installierten Röntgengerät. Foto: Kreisklinik

Dr. Marco Heinz, Chefarzt der Radiologie der Kreisklinik Ebersberg, vor einem mobilen und einem fest installierten Röntgengerät. Foto: Kreisklinik

Ebersberg · Vor fünf Jahren übernahm Dr. Marco Heinz den Chefarztposten in der Radiologie an der Kreisklinik Ebersberg. Seitdem konnte die Fachabteilung ihre technischen Standards und Kompetenzen immer weiter ausbauen. Ein Meilenstein war die Inbetriebnahme des neuen MRT-Gerätes „Ambition X“ Ende November. Wir sprachen mit Dr. Heinz über mögliche radiologische Diagnose- und Therapiemethoden.

Dr. Heinz, was hat sich in den letzten fünf Jahren in der Radiologie verändert?

Dr. Heinz: Nun, wir können sagen, dass wir jetzt über eine sehr gute Ausstattung auf dem aktuellsten Stand der Technik verfügen. Vor drei Jahren bekam die Klinik bereits ein neues, moderneres Gerät für die Mammografie, ein wichtiges Instrument in der Brustkrebsvorsorge, und mit dem „Ambition X“ können wir nun auf ein MRT zurückgreifen, das uns Radiologen Bilder mit einer hohen Auflösung liefert und dem Patienten mehr Komfort und Sicherheit, denn die Röhre hat einen Durchmesser von rund 70 Zentimetern, zehn Zentimeter mehr als die alte, bei einer Länge von rund einem Meter.

Bitte erklären Sie, was ein MRT ist.

Dr. Heinz: MRT ist die Abkürzung für „Magnetresonanztomographie“. Häufig wird sie auch als Kernspintomographie bezeichnet. Es ist ein diagnostisches Verfahren, das im Gegensatz zur Computertomographie (CT) nicht mit Röntgenstrahlen arbeitet, sondern den Patienten in einem homogenen Magnetfeld untersucht. Was dort passiert ist Folgendes: Knochen, weiches Körpergewebe, Organe und alle anderen Bestandteile unseres Körpers besitzen jeweils eine unterschiedlich hohe Anzahl an Wasserstoffatomen und dadurch unterschiedliche elektromagnetische Eigenschaften. In dem homogenen Magnetfeld der MRT-Röhre sind alle Atome im Körper wie Kompassnadeln in einer Richtung angeordnet. Das MRT sendet zusätzliche magnetische Impulse aus, hörbar als lautes Hämmern, die diese Anordnung stören. Werden die Impulse ausgesetzt, ordnen sich die Atome wieder an und senden bei diesem Vorgang Signale aus, die das MRT in Bilder übersetzt. Da jede Art von Gewebe unterschiedlich reagiert, können wir es gut voneinander unterscheiden.

Die CT ist ein ebenso bildgebendes Untersuchungsverfahren. Wann wird eine CT und wann eine MRT durchgeführt?

Dr. Heinz: Eine MRT wird klassischerweise bei einer Untersuchung von Gelenken und Wirbelsäule vorgenommen, weil der Zustand der beteiligten Bänder und Sehnen dabei besser als in einer CT beurteilt werden kann. Aber auch zur Untersuchung von Weichteil-, Leber-, Nieren- und Nebennierentumoren wird das MRT eingesetzt, ebenso für Untersuchungen des Kopfes, etwa bei Schlaganfallpatienten, um die Ausmaße der Gehirnschäden beurteilen zu können. Das geschieht jedoch in der Regel erst nach einer CT, die im akuten Fall durchgeführt wird, um Blutungen im Gehirn ausschließen zu können. Generell ist eine CT ideal für die Diagnostik bei Notfällen, zum Beispiel einem Sturz auf den Kopf, bei sehr starken Bauchschmerzen, hinter denen eine lebensbedrohliche Erkrankung stehen könnte, oder bei Patienten, die einen schweren Verkehrsunfall erlitten haben. In nur wenigen Minuten kann der ganze Körper durchleuchtet werden und die Bildergebnisse sind ebenfalls in nur ein bis zwei Minuten da. Eine CT geht also insgesamt viel schneller als eine MRT.

Wie lange dauert eine MRT?

Dr. Heinz: Das hängt von dem zu untersuchenden Organ ab. Um zum Beispiel die räumliche Anordnung eines Tumors zu sehen und um beurteilen zu können, ob er bösartig ist oder nicht, brauchen wir zweidimensionale Schichtaufnahmen, das heißt, die Impulse werden in mehreren Sequenzen à zwei bis fünf Minuten gesetzt. Daher dauert die gesamte Untersuchung mindestens 15 Minuten, bei einer Untersuchung des Herzens sogar bis zu einer Stunde. Der Vorteil ist, dass die Bilder eine sehr hohe Qualität haben. Wir können so zum Beispiel auch den exakten Verlauf von Sehnen oder Blutbahnen darstellen. Ein weiterer Vorteil der MRT ist, dass der Patient keiner Röntgenstrahlung ausgesetzt ist. Eine Einschränkung besteht jedoch für Patienten mit Herzschrittmachern oder Metall-Implantaten. Sie müssen immer einen Ausweis mit sich tragen, der entscheidet, ob beziehungsweise wie lange eine MRT bei ihnen durchgeführt werden kann.

Die Aufgaben der Radiologie gehen aber auch über die Diagnostik hinaus, richtig?

Dr. Heinz: Richtig. Wir arbeiten in verschiedenen Bereichen auch therapeutisch. In einem speziellen Röntgenraum, der sogenannten Angiografie, können wir mit Hilfe eines Katheters Engstellen in Blutgefäßen feststellen und sie gleich behandeln. Dort finden zum Beispiel auch Implantationen von dauerhaften Infusionskathetern statt. Zusammen mit Prof. Dr. Thomas Bernatik, Chefarzt der Inneren Medizin I, behandeln wir auch Verstopfungen der Gallengänge in der Leber und dem umliegenden Gewebe. Das geschieht in der Regel endoskopisch über den Zwölffingerdarm, doch wenn das aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, können wir in der Radiologie mit Hilfe eines Röntgengerätes die Engstelle von außen direkt über die kleinen Gallenwege der Leber öffnen. Desweiteren haben wir in den letzten fünf Jahren schon oft und erfolgreich bestimmte Krebstherapien durchgeführt. Tumore bis zu etwa drei Zentimeter Größe in Leber und Niere können in der Radiologie durch Thermoablation behandelt werden. Mit Hilfe der Mikrowellentechnik werden sie quasi „verbrannt“.

Können alle radiologischen Untersuchungen und Therapien auch während der Corona-Pandemie stattfinden?

Dr. Heinz: Ja, wir konnten und können glücklicherweise alle Leistungen durchgehend anbieten. Auch Corona-Patienten untersuchen wir. In den ersten beiden Wellen, als schnelle PCR-Tests noch nicht möglich waren, haben wir Verdachtsfälle per CT diagnostiziert. Mediziner hatten herausgefunden, dass die Lunge bei einer Corona-Infektion ein ganz bestimmtes Bild im CT zeigt. Natürlich werden wir auch herangezogen, um zum Beispiel den Verlauf einer Lungenembolie, Durchblutungsstörungen oder andere Begleiterkrankungen der Virusinfektion zu beurteilen. Unser Befund hilft den Intensivmedizinern, die Medikation anzupassen. Damit wir diese Verläufe durch eine Röntgenaufnahme auch schnell auf den Covid-Stationen verfolgen können, hat uns die Bayerische Staatsregierung ein weiteres mobiles Röntgengerät zur Verfügung gestellt.

Gibt es Zukunftspläne in der Radiologie?

Dr. Heinz: Unser nächstes Ziel ist ein zweites CT-Gerät in der geplanten neuen Zentralen Notaufnahme. Das ist nötig, weil die Patientenzahlen weiter ansteigen und eine schnelle Diagnostik direkt in der Nähe des Schockraums sehr wichtig ist.

Artikel vom 05.01.2022
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