Gedanken zu Weihnachten von Björn Wagner aus Trudering

Trudering · „Gaudete!“ – „Freut Euch!“

"Freut Euch wie jedes Jahr und seid dankbar für das, was heuer möglich ist", rät Björn Wagner zum Weihnachtsfest. Foto: Privat

"Freut Euch wie jedes Jahr und seid dankbar für das, was heuer möglich ist", rät Björn Wagner zum Weihnachtsfest. Foto: Privat

Trudering · Liebe Leserinnen und Leser, frohe, friedliche, gesunde und gesegnete Weihnachten! Ich hoffe, Sie können sich das Fest so einrichten, dass es für Sie schön ist. Weihnachten ist mit Erwartungen verknüpft, die groß sind: Die Deko zu Hause, das Festessen, die Geschenke, der Heilig-Abend-Verlauf.

Ein vertrautes Element soll still ins andere übergehen, es sei wie gewünscht, wie geplant – nur ohne Krach. Bloß nichts Innovatives an diesem Abend! Der Silvester-Kult-Spruch trifft's: The same procedure as every year. As every year? Das hatten wir schon vergangenes Weihnachten nicht. In den zwei Jahren lernten wir, flexibel zu werden. Es galt, Rücksicht zu nehmen auf die Entwicklungen der Pandemie: Freiheiten einschränken, dann wieder gewähren. Hygiene- und Schutzkonzepte an jeder Ecke. Das hat dazu geführt, dass man mehr als vor der Pandemie miteinander kommunizierte. Vieles musste besprochen, durchdacht, an die jeweilige Situation angepasst werden. Die Erwartung: Alle mit ins Boot nehmen. Verständlich, aber auch schwierig zu realisieren.

Ich habe meine Teammitglieder in St. Augustinus, Christi Himmelfahrt und St. Franz Xaver gefragt, was ihnen spontan einfällt, wenn sie an das zweite Corona-Jahr denken. Unterschiedliches kam heraus. Anders wäre es komisch gewesen; es sind verschiedene Personen mit unterschiedlichen Einstellungen und Empfindungen. Die gefallenen Begriffe motivieren mich, über sie nachzudenken – vielleicht Sie ja auch.

„Gelassen“ sagte eine Mitarbeiterin im Online-Meeting. Die anderen zuckten leicht zusammen. Gelassenheit meint, die Dinge nehmen zu können, wie sie kommen. Sich nicht einschüchtern zu lassen von mittleren oder schweren Enttäuschungen und zertretenen Plänen. Es mag sein, dass es wirklich lässige Typen gibt; was sich aber drinnen abspielt, das kann anders sein als das, was nach Außen tritt. Selbst Menschen, die Gelassenheit lediglich vorspielen, tragen dazu bei, Ruhe zu bewahren.

„Ermüdend“ und „müde“ sagten andere. Auch diese Empfindung, dieses Gefühl mag bekannt sein. Es stimmt, das ständige Nachdenken darüber, was erlaubt ist und was nicht, was locker von der Hand geht oder wo Vorsicht geboten ist, laugt aus und macht mürbe. Die Gestaltungslust, die innere Motivation für Aktivität leidet. Es ist gut, dieses Gefühl der Ermüdung beim Namen zu nennen, weil damit eine Sehnsucht angedeutet wird: Die Sehnsucht nach einem unbeschwerten Leben, nach einer Freiheit, die das Zusammensein mit anderen ermöglicht, nicht zum Problem macht.

„Langeweile“: Vielen geht das Reisen ab, sie haben das Gefühl zu stagnieren, Fernweh macht sich breit. Der Durst nach uneingeschränkter Kommunikation kann aktuell nicht gestillt werden. Langweilig ist es, wenn nichts weitergeht, wenn keine Entwicklung stattfindet, wenn man um sich selbst kreist.

Ungemütlich wird es, wenn Themen an die Oberfläche kommen, die verdrängt wurden: Unausgesprochenes, Ungeklärtes und Verletzungen, die man erfahren oder anderen zugefügt hat. Hier kann die lange Weile allerdings eine ausgebremste Heilung in die Wege leiten. Gut Ding will eben Weile haben.

„Unbefriedigend“ nennen wir Dinge, die wir uns anders vorstellen, als wir sie hinzunehmen haben. „Gewöhnungsbedürftig“ – sagte ein Mitarbeiter, kein euphorisches Wort. Manchmal ist es gut, die Wirklichkeit langsam an sich heranzulassen.

Wir merken, wie schwer es nach wie vor ist, einen gesellschaftlichen Verhaltenskodex hinsichtlich der Pandemie zu finden. Viele sind einfach genervt. Versuchen wir, großzügig zu sein, manches zu überhören an Provokation und mieser Laune. Und schwören wir der Verschwörung ab!

„Gaudete!“ – sagte unser Senior strahlend. „Freut Euch!“ Eigentlich hat er damit den Blick auf Weihnachten gelenkt: Freut euch über Jesus Christus, freut euch über die stille Zeit, die kommt. Freut euch, aber überzieht die Erwartungen nicht. Freut Euch wie jedes Jahr und seid dankbar für das, was heuer möglich ist.

Gesegnete Weihnachten Ihnen allen!

Björn Wagner
Leiter der Pfarrei Christi Himmelfahrt München
und des Pfarrverbands Trudering (St. Augustinus und St. Franz Xaver)

Weihnachtsbotschaften
Die Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Micha Boerschmann aus Giesing
Artikel vom 23.12.2021: Von Handys und Hirten

Gedanken zu Weihnachten von Pfarrer Johannes Oberbauer
Artikel vom 24.12.2021: Der Turnaround der Welt

Weihnachten ist mehr als Hüttenzauber und Plätzchenduft
Artikel vom 24.12.2021: Einlassen auf Weihnachten

Gedanken zur Weihnacht von Pfarrer Wolfram Nugel (Emmauskirche)
Artikel vom 24.12.2021: Weihnachten findet statt

Die Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Carsten Klingenberg
Artikel vom 24.12.2021: Das Fest kann nicht ausfallen

Weihnachten ist mehr als Hüttenzauber und Plätzchenduft
Artikel vom 24.12.2021: Einlassen auf Weihnachten

Waldperlach · Weihnachten ist überall
Artikel vom 25.12.2021: Gedanken zur Weihnacht von Pfarrer Sebastian Degkwitz

Vom Engel, der Fragen stellt
Artikel vom 26.12.2021: Weihnachtsgedanken von Pastoralreferentin Christina Brandl-Bommer

Artikel vom 24.12.2021
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...