Heimatverlust – Heimatgewinn

Heimat- und Geschichtsverein würdigte Hedwig Lang zum 100. Geburtstag

Hedwig Lang aus Neufahrn konnte am 19. November ihren 100. Geburtstag feiern. Foto: Privat

Hedwig Lang aus Neufahrn konnte am 19. November ihren 100. Geburtstag feiern. Foto: Privat

Neufahrn · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gratulierte per Brief und Ministerpräsident Markus Söder schickte eine Medaille „Patrona Bavariae“.

Von Landrat Helmut Petz und Bürgermeister Franz Heilmeier kamen Geschenkkörbe mit Obst und Wein, die Pfarrei gratulierte, die Nachbarn brachten Kuchen vorbei, auch der Heimat- und Geschichtsverein würdigte sein Gründungsmitglied: Hedwig Lang aus Neufahrn konnte am 19. November ihren 100. Geburtstag feiern.

Als Zeitzeugin des vergangenen Jahrhunderts hat Hedwig Lang nicht nur Geschichte erfahren, sondern auch miterlitten und mitgestaltet. Geboren wurde sie in dem kleinen deutschstämmigen Dorf Nyomja in der Baranya / Süd-Ungarn. Die Eltern hatten eine kleine Landwirtschaft. Sie war acht Jahre alt, als sie selbst, ihre kleine Schwester Maria und ihre Mutter Adelheid an Typhus erkrankten. Die Mutter starb an der Seuche, der Vater stand mit drei kleinen Mädchen zunächst allein da.

Hedwig war in der Schule blitzgescheit, sie durfte deswegen nach Mohacs auf die höhere Schule und arbeitete dann – für ein Bauernmädchen ungewöhnlich - in einem Büro in Kaposvar. Im November 1944 näherte sich die russische Front den Dörfern in Südungarn.

Zusammen mit ihren Schwestern Flora und Maria sowie der Stiefmutter Klara und dem Halbbruder Franz hieß es zu flüchten: Zunächst mit Pferd und Wagen, dann mit dem Zug in die Steiermark. Der Vater war als Soldat an der Front. Als die russischen Truppen im Frühjahr 1945 auch die Steiermark erreichten, organsierte Hedwig Lang auch für andere Bewohner des Heimatdorfes, die ebenfalls in der Steiermark gestrandet waren, Plätze in einem Flüchtlingszug, der sie über Landshut in die Hallertau brachte.

Nach ein paar Jahren Arbeit bei Bauern zog es sie zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Flora nach München. Dort bauten sich die beiden taffen Schwestern ein Fachgeschäft für elegante Damenunterwäsche auf. „Ich habe mich um die Logistik gekümmert, Flora war eine geschickte Näherin mit viel Geschmack!“, erinnert sich die Jubilarin. Der Laden lief gut, die Kundinnen goutierten die Qualität der Wäsche. „Sogar eine Hohenzollern-Prinzessin hat bei uns eingekauft,“ erzählt Hedwig Lang mit Stolz. Bis 1982 führten die Schwestern das Geschäft.

Parallel zur Geschäftsgründung baute Hedwig Lang zusammen mit ihrer Familie Anfang der 1950er Jahre ein Haus im Rosenweg in Neufahrn. Ende der 1950er Jahre holte sie ihre Großmutter aus Ungarn nach Neufahrn. „Wir wollten ihr das Leben allein in einem ungarischen Altersheim ersparen,“ erzählt sie. Um den beengten Verhältnissen im Rosenweg zu entkommen, baute sie sich zusammen mit ihren Schwestern Flora und Maria und dem Schwager Alois Milicka ein Heim im Ringweg, in dem sie heute noch lebt. An den Zeitläuften nimmt sie regen Anteil, auch wenn das Augenlicht und das Hörvermögen nachgelassen haben.

Artikel vom 24.11.2021
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